Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
Schlamm der Gasse fuhr. Der Kopf des Steinmetzen rollte zur Seite weg, bis er in einer Blutpfütze, die von seinem Kumpan stammte, zum Halten kam. Dort trudelte er noch ein wenig um seine Achse, schwankte hin und her und blieb dann im Bett seines langen, krausen Haares liegen wie ein makabrer Elsternraub in einem Vogelnest. Vom Schlamm der Gasse und vom Blut sah der Kopf aus, als hätte der Steinmetz sich eben noch erbrochen. Eine erste Fliege summte herbei, landete im Mundwinkel und krabbelte zwischen Zähnen und Zunge herum. Eine weitere ließ sich auf dem Halsstumpf nieder, kroch durch das klebrige Blut.
Jetzt bin ich endlich der Sohn den du verdienst.
Auric setzte es auf den Hosenboden.
Er fand sich im Dreck der Gasse sitzend wieder, die Beine von sich gestreckt, während sich sein Kopf sonderbar leicht und leer anfühlte, wie ein toter, kalter Bienenstock. Er schaute ringsum und sah die Leichen seiner fünf Angreifer verstreut in der Gasse liegen, reglos und leblos, blutig, verstümmelt. Er fühlte etwas in seiner Hand, schaute hin und sah, dass er den Axtschaft noch immer umklammert hielt. Was machte dieses verdammte Holzhackerwerkzeug in seiner Hand? Er stieß es von sich, stemmte sich auf die Hände und rappelte sich hoch.
Von oben sah es nicht besser aus.
So ein Holzhackerwerkzeug richtete eine üble, dreckige Schweinerei an. Viele von den Kerlen zu Hause zogen eine Axt vor und hatten sie entsprechend auch ihren Kindern in die Hand gedrückt. Er hatte die Ergebnisse solcher Schlächtereien auf den Raubzügen mit seinem Trupp gesehen. Der Anblick hier war nicht neu für ihn. Skrimaren machten so etwas. Er blickte auf in den Dreck verrinnende Blutpfützen, halb abgehackte Gliedmaßen und klaffende Fleischteile. Er spürte ein Pochen in seiner Seite. Die Wunde war wieder aufgebrochen, verdammt.
Etwas Bleiches, Totgeborenes zuckte wild in seinen Eingeweiden um sich und wollte hinaus. Er konnte sich gerade noch mit einem Arm gegen die Mauer stützen, bevor sich das bleiche, blinde Vieh in seinem Innern in Krämpfen nach oben drängte, seine Schultern wild und ruckhaft schüttelte, seinen Kopf, den er auf die Brust hatte sinken lassen, wieder nach hinten warf. Er würgte trocken und verzweifelt und fruchtlos, für eine Zeit, die ihm wie eine kleine Ewigkeit vorkam. Dann schließlich kroch es in einem kalten Schwall seine Kehle hoch, glitt wie in einer glatten Blase über Zunge und Lippen und sein Kinn herab. Platschte in einem milchigen Klumpen vor seine Füße, feist wie eine zerplatzte, weiße Qualle. Er hustete und röchelte, wischte sich den Schleim vom Kinn.
Zweimal musste er danach noch kotzen: Bier und Undefinierbares und den Eintopf, den er vorher an einer Straßenecke gegessen hatte. Schließlich hustete er die letzten Reste hoch und stand dann noch eine Weile am ganzen Leib zitternd, mit dem Arm abgestützt, an der Wand.
Er wischte sich noch einmal den kalten Rotz von Bart und Kinn, straffte sich und ging dann, ohne sich noch einmal umzusehen, auf den Ausgang der Gasse zu.
Er wünschte sich, der verdammte Sack an seiner Hüfte wäre tatsächlich prall mit idirischen Goldmünzen gefüllt und nicht nur mit Resten von altem Brot und Nüssen. Nicht zuletzt, damit es bei diesem Kampf um irgendetwas gegangen wäre.
Um etwas anderes, als ihr Rollenbild vom brutalen, stumpfen, mittellosen Barbaren nachhaltig gerade zu rücken.
Darachels Blicke glitten immer wieder von seiner Arbeit zu dem Menschenmann hinüber.
Ja, es sah wahrhaftig aus, als würde er träumen. Vielleicht waren es nur wirre Phantasmen, Wahngestalten, die sein Fieber in ihm aufblitzen ließ. Vielleicht waren es aber auch tatsächlich Bilder aus seiner Vergangenheit, die aufflammten und an ihm vorüberzogen.
Was es auch sein mochte, es war ein gutes Zeichen.
An diesem Tag fand erneut eine Zusammenkunft des Koryphäums von Himmelsriff mit den Abgesandten der Silaé statt, die ihre Mentoren bei der bevorstehenden Aszension geworden waren, und das zog zahlreiche weitere Aktivitäten der verschiedenen Webschaften im Umfeld mit sich. Die Vorwürfe des Enthravanen Cenn-Vekanen und seine Mahnungen, was Darachels mangelndes Engagement an diesen gemeinschaftlichen Unternehmungen betraf, standen ihm noch klar im Gedächtnis. Genauso wie die tieferen damit verbundenen Vorwürfe und Verdächte. Er hatte jedoch nicht vor, darauf zu reagieren. Cenn-Vekanen hatte nicht das geringste Recht gehabt, solche Anschuldigungen vorzubringen. Er
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