Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
Vom Netzwerk:
Kudai zurück.
    So wurde er Teil ihrer Gemeinschaft, die in dieser ilvenischen Hafenstadt ihre Wunden leckte und darauf wartete, dass sie zum nächsten Einsatz einberufen wurde. Und die Stimmung ihrer Runde, so fand Auric, war durch das Auftauchen des kleinen Mistkerls ein wenig heller geworden. Zwar bildeten die Narben auf seinen Armen unter den Bandagen ein ausgeprägtes, wüst aussehendes Muster sich überkreuzender langer Schnitte, durchschossen von den kurzen Sprenkeln und Keilzeichen vieler kleinerer Wunden, und diese Narben mussten erst einmal heilen, aber es machte nicht den Anschein, als hätte Kudai irgendein Trauma erlitten. Jedenfalls war das alte Grinsen auf seinem Gesicht nicht erloschen. Natürlich wusste niemand, so dachte Auric, was hinter seiner Stirn vorging.
    Außerdem hielt Kudai für Auric eine Überraschung bereit. Er überreichte ihm ein in Tuch eingepacktes Paket und als Auric es auswickelte, fand er zu seinem Erstaunen darin wohlbehalten seinen alten Haubert, den er auf Jhipan-Naraúk hatte zurücklassen müssen.  
    „Du hast wohl im Delirium von diesem alten Haufen Altmetall und irgendeiner Schwarte geredet. Also hat es sich die Sechzehnte zur Aufgabe gemacht, dieses Ding ausfindig zu machen. Das war es, was sie für denjenigen tun konnten, der ihnen eine Bresche durch die Bastionen von Jhipan-Naraúk freigemacht hat. Ich glaube, sie hätten denjenigen gekreuzigt, der sich deinen Haubert hinterrücks als Plündergut angeeignet hätte.“
    Die Schwarte, seine abgewetzte Ausgabe von Torareas Aufgang und Untergang blieb verloren. Was bedeutete in ihrem Handwerk schon ein Buch. Danach zu suchen, konnte den meisten Angehörigen seiner Zunft kaum nahegebracht werden. Ein Haubert, das war etwas anderes. Er hatte sich zwar ohnehin schon eine neue preisgünstige Ausgabe besorgt, doch trotzdem vermisste er das alte zerlesene, abgegriffene Stück mit den Eselsohren und den halb herausgebrochenen Seiten, das ihm auf dem ganzen Weg durch die Hölle Kvay-Nans ein treuer Begleiter gewesen war.
    Als sie eines Nachmittags im Schatten eines Olivenhains saßen, schaute Kudai mit einem Mal gedankenverloren den Hund an, den Auric gerade gerufen hatte und der nun, nachdem er seine Leckerei erhalten hatte, hechelnd an Aurics Seite saß.
    „Was heißt eigentlich Kutzwei?“, fragte er.

    Manchmal, wenn er seine Erlebnisse im Rückblick noch einmal in einen Zusammenhang setzte, fragte sich Auric, ob die überdurchschnittlich große Anzahl von Traumata unter den Soldaten, die in Kvay-Nan im Einsatz gewesen waren, vielleicht etwas mit der Nähe zu den kinphaurischen Wach- und Sicherungssystemen, den damit verbundenen Wächtergeistern, Schreckensmiasmen und Mahrgeistern zu tun hatte. Er war im Tunnel unter der Festung einem dieser Mahrgeister gefährlich nahe gekommen. Er hatte den schrecklichen Druck gespürt, der gedroht hatte seinen Geist zu zerquetschen wie der Fuß eines Riesen eine Ameise, er hatte einen nahenden Hauch der Schreckensvisionen gespürt, die sich wie eine rotierende Walze von Klingen in seine Verstand hineinfressen wollten. Und jetzt litt er unter etwas, das auf seinem Geist hing wie ein Zentnergewicht und ihn zerfraß. Vielleicht bestanden da Zusammenhänge. Vielleicht waren die Geister von Menschen und anderen Dingen, die jenseits ihrer Wahrnehmung existieren mochten, nicht so abgetrennt voneinander wie einzelne Gläser, die mit Wasser gefüllt waren, und irgendwo – hinreichend weit von den Wassergläsern der Menschengeister entfernt – existierten Kübel und Bottiche von fremderem und unheimlicherem Geist, Fässer und Kavernen, deren Natur unbekannt war. Ikun hatte von einem Ozean gesprochen, in dem die Mahrgeister schwammen. Vielleicht war das Bild eines Meeres passender als das von getrennten Gefäßen.
    Und wenn dem so war, wie wirkte sich die Verbundenheit mit einer Kunst, mit Techniken, die auf dem Einsatz solcher Geistwesen und Wesenheiten beruhte, auf die Psyche eines ganzen Volkes, einer ganzen Rasse wie der Kinphauren aus, für die das alles wahrscheinlich seit Jahrhunderten ein Bestandteil des Lebens war.
    Erklärte das etwas über das Wesen der Kinphauren? War das etwas – wenn das Bild des Ozeans stimmte – das sich auch jenseits kinphaurischer Bereiche ausbreiten, etwas das auf andere Völker oder Gruppierungen überspringen konnte? Unter geeigneten Bedingungen? Wenn es einen Wirtskörper oder ein Medium für diesen Virus gab? Wenn man Artefakte benutzte, die auf dieser

Weitere Kostenlose Bücher