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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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erlebt, deren Grenzen und Beschränkungen auf der Hand liegen, wenn man erst einmal Murinjas Annalen oder ähnliche Schriften gelesen hat. Wenn man mit den militärischen Beschreibungen und Erläuterungen bei Murinja vertraut ist, oder auch den Analyse-Kapiteln in Torareas Aufgang und Untergang , dann leuchtet ein, dass es wesentlich fortschrittlichere Strategien und Kampfmethoden gibt, als konventionelle Schlachtreihen aufeinander prallen zu lassen, und es dann durch das Messen ihrer Kampfstärke austragen zu lassen. Dass man mehr Handhabe über den Verlauf der Schlacht hat, als vor ihrem Beginn die eigenen Kräfte entsprechend den Gegebenheiten des Terrains und der feindlichen Positionen aufzustellen und es danach auch mehr Möglichkeiten gibt als Flankenkampf und Durchbrüche. Ich kam nach Idirium in der Erwartung, die stark eingeschränkte taktische Sichtweise, die ich in Valgarien habe erleben müssen, längst überwunden zu finden, und musste zu meiner Enttäuschung erleben, dass auch hier immer noch der gleiche alte Käse durchexerziert wird.“
    Auric sah, wie Vikar-Oberst Silgenja hinter seinem Schreibtisch erbleichte, wie sein Gesicht starr wurde wie eine Maske. Na komm, tu es! , dachte er. Silgenja zog seine Unterarme von der Tischplatte zurück, bis das Gewicht nur noch auf seinen Fäusten ruhte, stemmte dann seine Gestalt aus dem Sessel allmählich auf ihnen hoch. Er sog spürbar die Luft ein.
    „Welche der beschriebenen Methoden haben Sie denn da genau vor Augen? Welche taktischen Vorgehensweisen sind es, die Sie sich vorgestellt haben?“ Es war nicht Silgenjas Stimme. Der dunkelhäutige, gedrungene Mann hatte gesprochen. Er hatte gerade den Raum verlassen wollen, hatte die Hand schon auf dem Türgriff und die Pforte einen Spalt weit geöffnet. Keine Spur einer Neugier war auf seinem Gesicht abzulesen, eher der beiläufige, abgeklärte Blick professioneller Routine, doch immerhin hatte er sich umgewandt und blickte jetzt Auric an.
    „Ich denke da zum Beispiel an die Zähne des Saganchus , wie sie vor Moratraneum zum ersten Mal angewendet wurden. Hier geht es um flexible Einheiten, die sich rasch auf veränderliche Kampfsituationen einstellen können, welche die eine Taktik andeuten, um den Gegner zu Zügen zu verleiten, ihm aber dann mit der anderen Taktik, zu deren Aufstellung man schnell wechseln kann, das Genick zu brechen. Ich denke an das Aufbrechen einer festen Schlachtreihe durch das Bilden von Keilen zu den Flanken hin. Murinja weist immer wieder auf solche Taktiken in seinen Berichten über die Kriege gegen die Eiserne Krone hin.“
    Der unbekannte gedrungene Mann war jetzt wieder in den Raum getreten, stand neben Silgenja und hatte diesem erneut die Hand leicht auf die Schulter gelegt. Auric blickte in ein undeutbares Veteranengesicht, aus dem eine Unzahl von Feldzügen jede Regung herausgebrannt hatte. Es schaute ihm flach und braun wie eine getrocknete Dattel entgegen. Mit der gleichen Miene hätte er den blutigen Tumult eines Schlachtfelds oder auch die Auslage eines Marktstandes mustern können. Der nichts preisgebende Blick eines Profis; mehr Ermunterung brauchte Auric nicht. Er begann seine taktischen Überlegungen vor den beiden Männern auszubreiten.
    Er hatte immer wieder, über so lange Zeit hinweg über diese Problematik nachgedacht, dass er sofort in das Thema einsteigen konnte, und er fühlte sich überrascht von der Selbstverständlichkeit, mit der er seine Gedanken dazu entfaltete, nun da er zum ersten Mal in größerem Umfang laut mit jemandem darüber sprechen konnte. Es war für ihn, als hätte ein langgestauter Bach sich endlich Bahn gebrochen. Er hatte zuerst die treffenden Beispiele für die Kategorien von Vorgehensweisen aufzuzeigen, um daran die grundsätzlichen Züge zu erläutern. Darauf aufbauend konnte er dann Querverweise zu Varianten dieser Taktiken ausführen, ihre Stärken und Schwächen aufzeigen und die Bandbreite der Methoden, mit der diese Schwächen je nach Gefechtssituation abgefangen und gewendet werden konnten.
    „General Perakant bricht in unebenem und unregelmäßigem Gelände die Formation erst relativ spät auf, damit die Beschaffenheit der Landschaft das ihre tut, um Unregelmäßigkeiten in den anrückenden gegnerischen Schlachtreihen herauszuarbeiten, und so Schwächen und Ansatzpunkte zu schaffen, in die dann die von Cerikmanos geführten Einheiten …“
    Silgenja unterbrach ihn. „Aber das sind doch alles Romane. Das ist doch Fiktion, keine

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