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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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einrückten.
    Mit einem Mal wünschte Auric ihr Marsch möge noch recht lange weitergehen. Ihm graute vor dem Abend.

    Virri war der Jüngste unter ihnen. Einige der Größeren waren ziemlich mies zu ihm.  
    Solche, so dachte Auric, die jemanden wie ihn brauchten, um sich selbst zu zeigen, was für taffe, abgefackte, hundsgemeine fünfzehnjährige Veteranen sie schon waren; die genau das brauchten, um den Hornpanzer über ihren Narben noch ein bisschen dicker werden zu lassen. Oder die einfach als miese Bastarde geboren worden waren und nichts dazugelernt hatten.  
    Aber die anderen sahen in Virri einen Schatten ihrer selbst, als sie noch ganz grün und mit unsauber gereimten aber emotionsgeladenen Sagas im Ohr in die Trupps gekommen waren. Auric sah das deutlich in ihrem Verhalten Virri gegenüber widergespiegelt, und es schwang unausgesprochen in der Art mit, wie sie mit ihm sprachen.  
    Virri war gerade mal so alt, wie er selber es gewesen war, als man ihm ein scharfes Schwert in die Hand gesteckt und unter Kaustagg zum ersten Mal zum Feindeabschlachten geschickt hatte. Für diese Jungs, bei denen es noch irgendwo tief im Dunkeln und wohlverborgen einen Teil gab, der sich noch an ihren ersten Tag im Trupp erinnerte, und daran, dass es vor diesem Leben noch ein anderes gegeben hatte, für sie war Virri so etwas wie ein Maskottchen, das sie instinktiv abschirmten und schützten wie einen Stoffbären, wie ein Symbol der Kindheit, die sie an dem Tag hinter sich gelassen hatten, als man sie in diesen Zug steckte.
    Das Problem war: Virri hatte es wieder mal nicht geschafft.
    Er war einfach nicht mit dem richtigen Killerinstinkt auf die Bewohner losgegangen, als sie die Siedlung gestürmt hatten; das hatte man gemerkt. Und wenn man gesehen hatte, dass es für ihn brenzlig wurde, dann hatte es irgendjemand für ihn ausgeputzt.  
    So konnte das nichts werden.
    Jedenfalls hatte er bei dem ganzen Tumult im Weiler keinen Feind getötet, nicht einmal eine Frau oder ein Kind. Nicht mal beim abschließenden Kontrollgang einen Gnadenstoß gegeben. Kaustagg hatte das zwar auch nicht – Vergewaltigen zählte nicht wirklich – aber dafür war er auch ihr Anführer und der Hüter des Drachenbluts. Und dafür hielt er jetzt auch im flackernden Schein des Feuers die Litanei vergangener Heldentaten feil, aus der längst vergangenen Zeit seiner Jugend, als er noch bei der Haupttruppe gewesen war und man ihn noch nicht herausgezogen hatte, damit er einen Trupp von Jungen beaufsichtigte, die die eigentliche Arbeit für ihn erledigten.
    „Wir haben unsere Feinde zu Bergen aufgetürmt und Schluchten mit ihnen gefüllt. Wir sind über ihre Leichen gestiegen und durch ihr Blut gewatet.“ Er hielt bedeutungsschwer inne, ließ seinen Blick umhergehen, musterte jeden Einzelnen von ihnen.
    Die Jungen des Trupps saßen im Kreis hingehockt um das Feuer herum. Der gemeinsame Trinkhorn war herumgegangen, nachdem Kaustagg aus seinem verzierten Schlauch die traditionelle kleine Menge des dickflüssig eingekochten Drachenbluts hinzugegeben und alles dann vermischt hatte. Auric hatte wie immer so getan, als nähme er genau wie die anderen einen großen Schluck, und der typische bittere Geruch des Drachenbluts, diese eigentümliche Mischung von Galle, Wacholderbeeren und einer metallischen Note hing ihm noch immer schwer in der Nase. Dann hatten sie einen der kanonartigen, traditionellen Kriegsgesänge geheult und dabei mit ihren Messer rhythmisch auf die Erde vor ihnen eingestochen und sie wild zerwühlt. Selbstverständlich hatten sie mit dem uralten valgarischen Schlachtgesang abgeschlossen.  
    „Vrassja geh, shundra teh –
    Vassnack, vassnack, haijgach!“
    Jetzt waren alle in der Stimmung, die Kaustagg brauchte. Sie rollten mit den Augen und keuchten schwer. Auric ließ den Rest Drachenblut, der ihm trotz allem in dem Mund gelaufen war, jetzt einfach am Mundwinkel herausrinnen. Das fiel unter all den anderen verzerrten, Fratzen ziehenden Gesichtern nicht weiter auf. Die paar Male wo er das Drachenblut tatsächlich heruntergeschluckt hatte, hatten ihm vollkommen gereicht.  
    Virri saß etwas aus der Reihe ihrer Gemeinschaft herausgestellt, direkt vor Kaustagg. Auric sah lediglich seinen in der Hocke gebeugten, nackten Kinderrücken, fast nur eine Silhouette gegen das Feuer, sein Gesicht sah er nicht. Sein Blick, nach der Haltung seines Kopfes zu schließen, mochte auf Kaustagg gerichtet sein, genau so gut aber auch zu Boden. Oder an

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