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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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den Hebel durch, die Spannarme schossen heraus. Ein doppeltes hartes Klacken.
    Sie standen sich gegenüber. Beinahe gleichzeitig hatten sie den Spannhebel der Armbrust durchgezogen. Jetzt lag ein Bolzen im Abschussschaft von Histans Waffe und auch einer bei ihr.
    Über den Lauf der geladenen Waffe hinweg blickten sie sich beide an.
    Ein hartes, grimmiges Grinsen zuckte in Histans dunklem Bart hoch. »Oder was? Willst du mich umbringen?« Er senkte seine Armbrust eine winzige Spur. Der Bolzen war immer noch auf ihren Kopf gerichtet, nicht mehr direkt auf ihre Stirnmitte aber immer noch auf ihren Kopf.
    »Einen Kadergefährten«, sprach Histan weiter. Seine Stimme war hart. Keine Spur der alten Wärme mehr darin. »Ich stehe auf deiner Seite, Danak. Und niemand wird dir das mit der Kutte glauben. Wenn du mich umbringst, hast du keine Beweise dafür. Einen Kadergefährten töten? Was glaubst du, was du dann noch in der Miliz ausrichten kannst? Wer dir dann noch traut?«
    Hinter Histans Schulter sah sie, wie die Bande den Lastkahn mit dem Moloch-2 langsam durch das Regengeprassel immer weiter von ihr weg stakten, immer weiter, auf den Pegachtkanal zu. Durch das Sturztor.
    Die Sehne der Armbrust, die auf sie angelegt war, war straff, die Bügel zum Anschlag gespannte Stahlschwingen, nur durch einen winzigen Hebel im Zaum gehalten. Histans Finger saß am Abzug, der diesen Hebel aufschnappen lassen konnte. Die Spitze des Bolzens deutete auf sie.
    »Überleg dir, auf welcher Seite du stehst«, sagte Histan.
    »Geh mir aus dem Weg!«, herrschte Danak ihn an. Ihr Blick halb an seinem Gesicht, halb über seine Schulter hinweg darauf gerichtet, wie sich ihre Möglichkeit zu handeln immer mehr verengte. »Jetzt. Sofort!«
    Etwas zuckte an Histans Gestalt – sie nahm blitzschnell den Sekundenbruchteil wahr, in dem sich etwas an dem Bild verschob – Histan mit der auf sie gerichteten Armbrust, der Lastkahn der Bande, der dabei war sich ihnen durch das Sturztor hindurch zu entziehen. Die Armbrust, die Hand an ihr bewegte sich.
    Es machte Twang!, der Bolzen verschwand in Histans Kopf und ließ ein einfaches hässlich rotes Loch zurück.
    Ihr Blick zuckte zum Kanal hin.
    Ihr wurde kalt. Sie hatte das Gefühl, ihr Geist sacke ihr aus dem Körper und sank zusammen mit dem eisigen Regen in den Boden ein.
    Der Lastkahn war verloren. Er war beim Sturztor. War fast schon hindurch. Nie und nimmer konnte sie das noch rechtzeitig erreichen. Es war zu spät. Sie hatte versagt.
    Danak starrte auf die Armbrust in ihrer Hand, blickte herab auf den Körper der dort im kalten Schlamm lag, sah wie der Regenguss das Blut schnell wegspülte, in Rinnsalen zuerst, dann vom Wasser verdünnt und nicht mehr sichtbar.
    Was hatte sie getan?
    Niemand wird dir das mit der Kutte glauben. Was glaubst du, was du dann noch in der Miliz ausrichten kannst?
    Sie hatte einen Kadergefährten getötet. Sie war draußen. Histan hatte Recht. Keiner würde ihr jetzt mehr trauen. Nicht ihr eigener Kader. Sie hatte einen Kadergefährten getötet. Was gab es da zu erklären? Selbst, wenn ihre Leute es ihr glauben würden, es würde immer an ihr kleben. Glauben vielleicht. Aber trauen?
    Der Schwur, den sie sich damals mit Khrival gegeben hatte. Die Unschuldigen zu schützen. Khrival war jetzt tot. Und sie …?
    Danak ließ die Spannhebel des kalten, toten Geräts in ihrer Hand einschnappen, zog sie sich mit dem Gurt an den Körper.
    Sie senkte ihren Stiefel in den Fußabdruck im Schlamm, dort, wo Histan zuletzt gestanden hatte, als er noch am Leben war. Sie fuhr mit ihrem Stiefel in einem kleinen Halbmond um seinen Körper herum, wühlte den Schlamm zu einer Spur auf. Dann wiederholte sie den Vorgang mit dem zweiten Stiefelabdruck. Wer den Toten fand, musste die richtigen Spuren antreffen.
    Sie blickte wieder über den Kanal. Nur noch grau und kalt herabströmender Regen.
    Der Lastkahn mit der Schar aus dem Rebellenlager, mit ihm der Homunkulus, der Moloch-2, war verschwunden.
    Dann erst kniete sie nieder, legte die Hand auf Histans kaltes, regennasses Gesicht, und schloss ihm die Augen.
    So fand sie auch Sandros.
    Er besah sich das Ganze. Brauchte einige Zeit, es zu verdauen.
    Dann trat er zu ihr, legte ihr die Hand auf die Schulter, wie sie da über der Leiche im Schlamm hockte.
    »Oh Mann«, sagte er. Mehr wusste er nicht zu sagen. Als sie sich zu ihm hindrehte, sah er, dass ihr taffes Gesicht hart und bleich war. »Oh Mann. Histan.«
    Danak stand langsam und schwerfällig

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