Ninragon - Homunkulus
hierher? Gut, so war sie nicht mehr allein.
»Histan, hilf mir«, stürzte es atemlos aus ihr hervor. »Bevor sie mit dem Homunkulus entkommen.«
Histan stand nur starr vor ihr und rührte sich nicht.
»Ich weiß, was du vorhast«, sagte er.
Gute Auffassung. Natürlich, Histan blickte es sofort. Also los!
Er wich nicht aus ihrem Weg. Was sollte das?
Er sah sie mit einem seltsamen Blick an.
»Bevor du das tust, überleg dir gut, was du wirklich willst«, sagte Histan.
»Histan, was soll das?«
»Willst du im Auftrag der Kinphauren Rebellen jagen? Willst du dich zu ihrem Instrument machen lassen, um gegen die Leute deines eigenen Volkes zu kämpfen?«
Histan sah sie mit eindringlichem Blick an, das ernste, reife Gesicht mit dem dunklen Kinnbart.
»Danak«, sprach er weiter, streckte die Hand nach ihr aus, in der anderen hielt er seine Sturmarmbrust, »du wirst missbraucht. Man nutzt deine guten Absichten aus, um dich für ihre Ziele einzuspannen.«
Histan? Ihr fehlten die Worte. Ihr fiel nichts ein, was sie in diesem Moment sagen konnte.
»Du willst die Menschen beschützen, Danak, aber du willst nicht Stellung beziehen. Nicht für die Kinphauren, nicht für dein eigenes Volk. Das geht nicht. Wir sind im Krieg.«
»Wer bist du, Histan? Was willst du?«
»Wir wissen viele Dinge. Wir sind an vielen Orten.«
Die Kutte. Histan war ein Agent der Kutte, des idirischen Geheimdienstes, der innerhalb des umkämpften Niemandslands in den Untergrund gegangen war. Sie hatte mit Sandros darüber gesprochen, neulich noch. Und die ganze Zeit hatten sie einen verdeckten Agenten der Kutte in den eigenen Reihen gehabt.
»Du warst gar nicht in der Provinzgarde. Das war eine Lüge.«
»Doch, war ich«, sagte Histan und sah sie gerade an. »Aber ich war auch dort schon ein Agent der Kutte. Als die Kinphauren das Land besetzten, bin ich einfach in meiner alten Identität geblieben. Ich habe mich nur zur Stadtmiliz Rhun versetzen lassen. Hier bin ich näher am Zentrum der Entscheidungen.«
»Du hast uns alle belogen.«
»Nein, habe ich nicht. Ich habe immer mit euch für die gleiche Sache gekämpft. Ich kämpfe auch jetzt mit dir für die gleiche Sache. Du weißt es nur noch nicht.«
Dieses Gespräch beim Bilganen, nach Khrivals Bestattung, jetzt fiel es ihr wieder ein. Die merkwürdige Stimmung die Histan erfasst hatte. Wie seltsam er um den heißen Brei herumgeredet hatte. Histan hatte damals versucht, ihre Haltung auszutesten, um zu sehen, ob er sie auf seine Seite ziehen konnte.
»Du musst Stellung beziehen, Danak.« Er sprach langsam und eindringlich, jedes Wort betonend. »Du kannst dich nicht aus allem heraushalten. Sonst wirst du gegen deinen Willen gegen deine eigenen Leute eingesetzt.«
Sie sah ihn nur an, deutete durch den strömenden Regen hinüber zu dem Kahn, auf dem sich der Körper des Homunkulus befand, der gerade ihrem Zugriff entzogen werden sollte. Histan hielt in der Rechten die Armbrust. Die Spannarme waren ausgeklappt. Aber es lag kein Bolzen im Abschussschaft.
»Das ist ein Moloch-2«, sagte sie, den Blick hart in dem Histans. »Weißt du, was der für einen Schaden anrichten kann? Wie viele Opfer der fordern wird.«
»Auf der anderen Seite, Danak. Unter unseren Feinden.«
»Was ist die andere Seite?« Sie spürte ihren schweren Atem, stoßweise schnaubte sie die Luft zwischen den Zähnen hindurch. »Ich sehe nur die Menschen, die wir beschützen müssen. Vor so etwas.« Ihre Hand zuckte wieder in Richtung des Lastkahns. Sie waren bereit abzulegen. Sie legten gerade ab. Mit einem irre gefährlichen Homunkulus an Bord, einmal ins Leben gerufen eine mörderische Waffe. Sie sah die Toten vor sich, beim Angriff des Homunkulus auf den Heereskommandanten Vaukhan, das Gemetzel in der Vorhalle, all die zivilen Opfer, das Blut, das Massaker, das der Homunkulus unter den zufällig Anwesenden angerichtet hatte.
»Der Anschlag auf Vaukhan«, sagte sie. »Die Opfer waren Zivilisten. Wenn sie dieses Vieh für einen anderen Anschlag einsetzen, in einer anderen Stadt da draußen, müssen wieder Unschuldige dran glauben.
Ihre Hand glitt zur Seite. Ihre Armbrust war da, am Riemen festgezurrt. Sie spürte ihre harte Kühle.
Histan wollte etwas sagen, sein Blick verschränkte sich mit ihrem. Sie kam ihm zuvor.
»Geh mir aus dem Weg, Histan.«
»Danak.« Er machte Anstalten die Arme zu heben. Beide Arme.
»Geh mir aus dem Weg, Histan Vohlt.«
Die Arme kamen hoch. Ihrer beider Arme kamen hoch. Sie zog
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