Nippon-Connection
gefällt’s dort nicht, ist zu laut. Aber Eddie läuft da immer rum und ist hinter den großen Blondinen her. Er mag es, wenn er zu einem Mädchen aufschauen kann.«
Sie lehnte sich an den Tisch und strich sich verführerisch das volle braune Haar aus dem Gesicht. Dabei sah sie mich an und zog einen Schmollmund. »Seid ihr Kollegen, ihr beide?«
»Ja«, antwortete ich.
»Er hat mir seine Marke gezeigt, aber Sie nicht.«
Ich nahm meine Brieftasche heraus. Sie sah sich meinen Ausweis an. »Peter«, las sie laut vor. »Mein erster Freund hieß Peter. Aber so hübsch wie Sie war er nicht.« Sie lächelte mich an.
Connor räusperte sich und sagte: »Sind Sie schon mal in Cheryls Wohnung gewesen?«
»Na klar, schließlich wohne ich gegenüber. Aber in letzter Zeit ist sie selten in Los Angeles. Meistens auf Reisen.«
»Wohin denn?«
»Ganz verschieden. Nach New York, Washington, Seattle, Chicago … überallhin. Ihr Freund reist viel. Sie trifft ihn dann immer. Um ehrlich zu sein, ich glaube, sie trifft ihn nur, wenn seine Frau nicht dabei ist.«
»Dieser Freund ist verheiratet?«
»Na ja, irgendwas ist den beiden jedenfalls im Weg.«
»Wissen Sie, wer dieser Freund ist?«
»Nein. Sie hat einmal gesagt, daß er nie hierher in ihre Wohnung kommt. Er ist irgendein hohes Tier, total reich. Die schicken ihr einfach einen Privatjet, und schon ist sie weg. Das macht Eddie ganz verrückt. Eddie ist ein eifersüchtiger Typ, wissen Sie. Muß bei den Mädchen immer iro otoko sein, der sexy Lover.«
»Ist Cheryls Verhältnis mit diesem Freund ein Geheimnis?« fragte Connor.
»Weiß ich nicht. Glaube nicht. Es ist einfach eine ganz ernste Sache. Sie ist total verknallt in den Typen.«
»Sie ist total verknallt?«
»Das können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich habe selbst gesehen, wie sie alles stehen und liegen ließ und auf und davon ging, um sich mit ihm zu treffen. Einmal ist sie abends zu mir rübergekommen und hat mir zwei Karten für das Springsteen-Konzert geschenkt, weil sie gleich nach Detroit fliegen wollte, ihren kleinen Koffer in der Hand und im Sonntagskleid. Und das nur, weil er vor zehn Minuten angerufen und gesagt hatte: ›Triff dich mit mir!‹ Strahlte übers ganze Gesicht, sah aus wie eine Fünfjährige. Ich weiß auch nicht, warum sie das nicht auf die Reihe kriegt.«
»Was soll sie auf die Reihe kriegen?«
»Der Typ nützt sie doch nur aus.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Cherylynn ist sehr schön und sieht wirklich umwerfend aus. Sie hat auf der ganzen Welt als Model gearbeitet, vor allem in Asien. Aber ganz tief drinnen ist sie immer noch das Mädchen aus der Kleinstadt. Midland ist eine Erdölstadt, verstehen Sie, da gibt es viel Geld, aber es ist und bleibt eine Kleinstadt. Und im Grunde will Cherylynn nur den Ehering am Finger und Kinder und einen Hund im Garten. Aber von dem Typ bekommt sie das nie. Das checkt sie einfach nicht.«
»Und Sie wissen nicht, wer er ist?« fragte ich.
»Nein.« Plötzlich machte sie ein verschmitztes Gesicht und ließ einen Träger über die Schulter fallen, so daß der Brustansatz aus dem Oberteil hervorsah. »Aber Sie sind doch nicht hier, weil Sie sich für irgendeinen Freund von ihr interessieren, oder?«
»Eigentlich nicht, nein«, sagte Connor.
Julia nickte mit wissendem Gesichtsausdruck. »Es geht um Eddie, stimmt’s?«
»Hm«, grummelte Connor.
»Hab’ ich’s doch gewußt«, sagte sie. »Mir war klar, daß er früher oder später Schwierigkeiten kriegen würde. Das haben wir alle hier gesagt. Wir haben alle gewußt, daß es so kommen würde, alle Mädchen hier im ›Arms‹.« Sie machte eine vage Handbewegung. »Weil er einfach zu schnell ist, der schnelle Eddie. Man würde gar nicht glauben, daß er Japaner ist. Er ist so ein greller Typ.«
»Stammt er aus Osaka?« fragte Connor.
»Ja, sein Vater ist ein wichtiger Manager dort, arbeitet bei Daimashi. Netter alter Knabe. Wenn der hierher auf Besuch kommt, trifft er sich manchmal mit einem der Mädchen im zweiten Stock. Eddie sollte eigentlich hier studieren und dann wieder heimfahren und für die kaisha, die Firma, arbeiten, aber er hat keine Lust. Ihm gefällt’s hier. Na ja, warum auch nicht? Hat ja alles hier. Jedesmal wenn er seinen alten Ferrari zu Schrott gefahren hat, kauft er sich einen neuen. Der hat mehr Geld als der liebe Gott. Er lebt lange genug hier, er ist wie ein Amerikaner. Sieht gut aus, sexy. Und mit Drogen hat er natürlich auch zu tun. Ist ein richtiger Partylöwe.
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