Nippon-Connection
sagte ich. »Die Fernsehaufnahmen müssen noch in die Dreiundzwanzig-Uhr-Nachrichten. Wahrscheinlich sind sie einfach gegangen, um ihre Stories fertigzumachen.«
»Da bin ich anderer Ansicht. Ich glaube, die Japaner haben Besorgnis über ihr shafü, das Image ihres Unternehmens, geäußert, und die Presse ließ sich darauf ein und brachte keine Berichterstattung. Glauben Sie mir, kōhai: Die Presse wird in diesem Fall unter Druck gesetzt.«
»Das kann ich nicht glauben«, erwiderte ich.
»Ich gehe jede Wette ein«, sagte Connor. »Die stehen alle unter Druck.«
In diesem Moment schnarrte das Funktelefon.
»Verdammte Scheiße, Peter«, sagte eine vertraute heisere Stimme. »Was ist mit euren Ermittlungen los?« Es war unser Chef. Es klang, als hätte er schon ziemlich tief ins Glas geschaut.
»Was meinen Sie damit, Chief?«
Connor sah mich an und drückte den Lautsprecherknopf, um mithören zu können.
»Macht ihr den Japanern Schwierigkeiten? Wollt ihr, daß unserem Dezernat wieder angehängt wird, wir seien rassistisch?«
»Nein, Sir«, sagte ich. »Auf keinen Fall. Ich weiß nicht, was Sie gehört haben …«
»Ich habe gehört, daß dieser Idiot Graham wie üblich mit Beleidigungen um sich geschmissen hat.«
»Na ja, Beleidigungen waren es eigentlich nicht, Sir …«
»Hören Sie, Peter, machen Sie mir nichts vor, ja? Ich habe Fred Hoffmann schon die Hölle heiß gemacht, daß er Graham überhaupt dort hingeschickt hat. Ich will, daß dieses rassistische Arschloch die Finger von dem Fall läßt! Wir müssen von jetzt ab alle mit den Japanern gut auskommen. So ist das nun mal. Haben Sie mich verstanden, Peter?«
»Ja, Sir.«
»Und jetzt zu John Connor. Er ist bei Ihnen, stimmt’s?«
»Ja, Sir.«
»Warum haben Sie ihn da mit reingezogen?«
Warum ich ihn da mit reingezogen hatte? Fred Hoffmann war es offenbar geraten erschienen, das mit Connor für meine Idee auszugeben.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Aber ich …«
»Verstehe«, sagte der Chef. »Sie haben wahrscheinlich geglaubt, Sie würden mit dem Fall nicht allein fertig werden, und haben sich Hilfe geholt. Aber ich fürchte, damit haben Sie sich eher Schwierigkeiten als Hilfe eingehandelt. Die Japaner können Connor nämlich nicht ausstehen. Und ich muß Ihnen sagen, ich kenne John schon seit einer Ewigkeit. Wir sind neunundfünfzig zusammen auf die Polizeischule gekommen.
Er ist immer schon ein Einzelgänger und ein Störenfried gewesen. Wissen Sie, wenn einer freiwillig in einem anderen Land lebt, dann tut er das, weil er sich daheim nicht anpassen kann. Ich will nicht, daß er uns jetzt diese Ermittlungen vermasselt.«
»Chief …«
»So sehe ich die Sache, Peter. Sie haben es mit einem Mordfall zu tun - lösen Sie ihn, und haken Sie die Sache ab! Erledigen Sie die Sache schnell und erledigen Sie sie ordentlich! Ich verlasse mich da ganz auf Sie, und zwar nur auf Sie. Haben Sie gehört?«
»Ja, Sir.«
»Haben Sie mich gut verstanden?«
»Ja, Sir.«
»Klären Sie die Sache, Pete. Ich will nicht, daß mich irgend jemand sonst mit dem Fall belästigt.«
»Jawohl, Sir.«
»Spätestens morgen haben Sie alles abgeschlossen. Das wär’s.«
Er hängte ein.
Ich legte den Hörer auf die Gabel.
»Ja«, sagte Connor langsam. »Ich würde sagen, da wird Druck ausgeübt.«
W ir fuhren auf dem Freeway 405 nach Süden, Richtung Flughafen. Hier draußen war es nebliger als in der Innenstadt. Connor schaute aus dem Fenster.
»In Japan würde man niemals einen solchen Anruf bekommen. Der Chief hat Sie gerade eben im Regen stehen lassen. Er übernimmt keine Verantwortung - das Ganze ist jetzt Ihr Problem. Und er gibt Ihnen die Schuld an Dingen, für die Sie überhaupt nichts können, an Graham und mir zum Beispiel.«
Connor schüttelte den Kopf. »Japaner würden so etwas nie tun. Bei ihnen heißt es: Sieh zu, daß du mit dem Problem fertig wirst, um die Verantwortung brauchst du dich nicht zu kümmern. Bei amerikanischen Organisationen geht es immer darum, wer etwas vermasselt hat, wessen Kopf rollen wird. Den Japanern geht es darum, was vermasselt worden ist und wie man die Scharte wieder auswetzt. Niemandem wird ein Vorwurf gemacht. Das ist die bessere Methode.«
Connor sah schweigend aus dem Fenster. Wir fuhren die Slauson Avenue entlang; über uns im Nebel kreuzte in kühnem Schwung der Marina Freeway.
»Der Chief war einfach sauer, das ist alles«, sagte ich.
»Ja - und wie üblich schlecht informiert. Aber egal, es empfiehlt sich,
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