Nippon-Connection
herunter, wobei er in ein Blumenbeet geriet.
»Und jetzt auch noch die Iris!« rief der Mann im Bademantel, während der Wagen auf die Straße fuhr, und sah mich an. »Ich sage Ihnen, der andere ist gefahren, und er war sturzbetrunken.«
»Hier ist meine Karte. Wenn es Probleme gibt, melden Sie sich bei mir.«
Er betrachtete kopfschüttelnd die Karte und ging in sein Haus zurück. Connor und ich stiegen in unseren Wagen und fuhren den Hügel hinab.
»Haben Sie etwas über den Assistenten erfahren?« fragte Connor.
»Ja.«
»Was war das in seiner Tasche?«
»Ich würde sagen, das war ein Damenschlüpfer.«
»Ich auch.«
Wir hatten natürlich nichts unternehmen können. Ich persönlich hätte diesen Kerl liebend gern mit dem Gesicht zum Wagen gedreht und ihn an Ort und Stelle durchsucht. Aber wir wußten beide, daß uns die Hände gebunden waren - es gab keinen hinreichenden Verdachtsgrund, um Hardin zu durchsuchen oder festzunehmen. Er war ein junger Mann, der mit zwei jungen Frauen im Fond durch die Gegend fuhr, von denen eine vielleicht gerade keine Unterhose trug, neben sich auf dem Beifahrersitz einen betrunkenen Senator der Vereinigten Staaten. Es war das einzig Vernünftige gewesen, sie alle laufenzulassen.
Dabei kam es mir vor, als hätten wir die ganze Nacht nichts anderes getan, als Leute laufengelassen.
Das Telefon schnarrte. Ich drückte den Lautsprecherknopf.
»Lieutenant Smith.«
»Hey, Kumpel!« Es war Graham. »Ich bin gerade in der Pathologie, und weißt du was? Da ist irgend so ein Japaner, der mir was vorquengelt, weil er bei der Autopsie dabei sein will. Der will dabeisitzen und zuschauen. Ist das zu fassen? Ist ganz außer sich, weil wir ohne ihn angefangen haben. Die Laborergebnisse trudeln inzwischen allmählich ein. Steht nicht gut für Nippon - sieht ganz nach einem japanischen Täter aus, würde ich sagen. Also: Kommst du oder kommst du nicht?«
Ich sah zu Connor hinüber. Er nickte.
»Wir sind schon unterwegs«, sagte ich.
Am schnellsten gelangt man in die Pathologie, wenn man durch die Notaufnahme des County General Hospital geht. Als wir dort durchliefen, sahen wir einen blutüberströmten Schwarzen aufrecht auf einer Krankenliege sitzen. Er war im Drogenrausch und schrie ständig: »Tötet den Papst! Tötet den Scheißpapst!« Fünf, sechs Leute vom Krankenhauspersonal versuchten, ihn auf die Liege niederzudrücken. Er hatte Schußwunden in der Schulter und in einer Hand. Der Boden und die Wände der Notaufnahme waren mit Blut bespritzt. Eine Putzfrau ging herum und machte mit einem Mop sauber. Zu beiden Seiten des Korridors saßen Leute, vor allem Schwarze und Hispanics. Einige hielten Kinder auf dem Schoß. Sie bemühten sich, dem Anblick des blutroten Mops auszuweichen. Vom anderen Ende des Korridors drangen Schreie herüber.
Wir stiegen in den Aufzug. Es wurde ruhig.
»Alle zwanzig Minuten ein Mord«, sagte Connor. »Alle sieben Minuten eine Vergewaltigung. Alle vier Stunden wird ein Kind umgebracht. Kein anderes Land der Welt toleriert ein solches Ausmaß an Gewalttätigkeit.«
Die Lifttüren öffneten sich. Verglichen mit der Notaufnahme, waren die Kellerkorridore des Bezirksleichenschauhauses geradezu beschaulich zu nennen. Es roch stark nach Formaldehyd.
Am Schreibtisch saß der dünne, grobknochige Angestellte Harry Landon über irgendwelche Papiere gebeugt und verspeiste ein Schinkensandwich. Ohne den Blick zu heben, sagte er: »Hallo, Jungs.«
»Hallo, Harry.«
»Wo wollt ihr denn hin? Zur Leiche der Austin?«
»Ja.«
»Sie haben vor ungefähr einer halben Stunde angefangen. Auf die sind alle ganz scharf, was?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Na, soweit ich weiß, hat der Chef Dr. Tim aus dem Bett geklingelt und ihm gesagt, daß er das ruck-zuck erledigen soll. Dr. Tim war ganz schön angesäuert deswegen.« Er grinste. »Ihr wißt ja, was für ein Kauz er ist. Und ‘ne Menge Laborleute haben sie auch herbestellt. Wann hat es das schon mal gegeben, daß mitten in der Nacht so ein Aufwand getrieben wird? Wißt ihr, was da an Überstunden fällig wird?«
»Und was ist mit Graham?« fragte ich.
»Der flattert auch hier irgendwo mm. So ein Japaner war hinter ihm her. Ist ihm nachgelaufen wie sein eigener Schatten und hat mich alle halbe Stunde gefragt, ob er mal telefonieren darf, und mit irgend jemandem ziemlich lange auf japanisch gesprochen. Dann hat er wieder Graham genervt und gesagt, er will bei der Autopsie zusehen. Das muß man sich mal
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