Nippon-Connection
Hämoglobinanalyse der Blutergüsse, aber ich würde sagen, diese Druckstellen sind teilweise bis zu zwei Wochen alt, vielleicht sogar noch älter. Sie lassen auf wiederholte, druckbedingte Halsverletzungen schließen. Für mich gibt es da keinen Zweifel: Wir haben es hier mit einem Fall von sexuell bedingtem Erstickungstod zu tun.«
»Sie hat sich würgen lassen?«
»Ja, so ist es.«
Das hatte bereits Kelly vermutet und war damit ausnahmsweise einmal richtig gelegen.
»So etwas kommt häufiger bei Männern vor, aber natürlich ist es auch bei Frauen belegt. Das Syndrom äußert sich darin, daß die betreffende Person nur dann sexuell erregt werden kann, wenn sie durch Beinahe-Strangulierung einen Sauerstoffmangel erleidet. Diese Menschen bitten ihre Sexualpartner, sie zu würgen oder ihnen eine Plastiktüte über den Kopf zu stülpen. Wenn sie allein sind, legen sie sich manchmal einen Strick um den Hals, hängen sich irgendwo auf und masturbieren. Da es für sie unerläßlich ist, die Sauerstoffzufuhr bis kurz vor dem Eintreten einer Ohnmacht zu drosseln, machen sie dabei leicht einen Fehler und gehen zu weit. Es passiert immer wieder.«
»Und in diesem Fall hier?«
Tim zuckte mit den Achseln. »Der körperliche Befund läßt auf ein schon länger bestehendes Syndrom sexuell bedingter Asphyxie schließen. Außerdem haben wir in ihrer Vagina Ejakulat gefunden sowie Abschürfungen an den äußeren Schamlippen; sie hatte also kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr.«
»Bist du sicher, daß die Abschürfungen an der Vagina aus der Zeit vor ihrem Tod stammen?«
»Ja. Das sind eindeutig Antemortem-Verletzungen. Es besteht nicht der geringste Zweifel, daß sie vor ihrem Tod heftigen Geschlechtsverkehr hatte.«
»Willst du damit sagen, daß man sie vergewaltigt hat?«
»Nein, so weit würde ich nicht gehen. Ihr seht ja, die Abschürfungen sind nicht sehr dramatisch, und es fehlen entsprechende Verletzungen an anderen Körperteilen. Überhaupt gibt es keinerlei Anzeichen dafür, daß ein Kampf stattgefunden hat. Die Befunde sind meiner Meinung nach mit einem vorzeitigen Eindringen in die Vagina zu erklären, zu einem Zeitpunkt, als noch keine ausreichende Lubrikation der äußeren Labia eingetreten war.«
»Sie war also noch nicht feucht«, sagte Connor.
Tim blickte leicht gequält drein. »Na ja, in der kruden Sprache der Laien drückt man es wohl so aus.«
»Wie lange vor ihrem Tod sind ihr diese Abschürfungen beigebracht worden?«
»Könnte bis zu ein, zwei Stunden davor gewesen sein, auf keinen Fall unmittelbar vor Eintritt des Todes. Das sieht man am ausgetretenen Blut und an den Schwellungen im Bereich der betroffenen Partien. Wenn der Tod gleich nach der Verletzung eintritt, hört der Blutfluß auf, und dann gibt es auch keine Schwellungen oder doch nur in sehr geringem Maße. In diesem Fall ist die Schwellung aber, wie ihr seht, ziemlich ausgeprägt.«
»Und das Sperma?«
»Wir haben Proben davon ins Labor geschickt. Zusammen mit allen anderen Körperflüssigkeiten der Frau.« Er hob die Schultern. »Man muß abwarten. So - klärt ihr jetzt bitte mal mich auf? Sieht mir nämlich ganz so aus, als wäre dieses Mädchen hier früher oder später ohnedies in Schwierigkeiten gekommen. Ich meine, sie ist süß, aber ziemlich daneben. Also - um was geht es hier eigentlich? Warum bin ich mitten in der Nacht hier statt in meinem Bett und führe eine gründliche, gut dokumentierte Autopsie an einem Mädchen mit leicht schrägen Neigungen durch?«
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Also, kommt! Seid fair! Ich hab’ euch meine Geheimnisse erzählt, jetzt erzählt ihr mir eure!«
»Soll das ein Witz sein, Tim?« fragte Connor.
»Hey, ihr Idioten - das seid ihr mir schuldig!«
»Ich fürchte, Peter hat dir die Wahrheit gesagt«, erklärte Connor. »Wir wissen nur, daß dieser Mord geschah, während eine große japanische Eröffnungsveranstaltung stattfand, und daß unsere Leute scharf darauf sind, die Sache sofort aufzuklären.«
»Das erscheint mir plausibel«, sagte Tim. »Das letzte Mal, als hier die Kacke am Dampfen war, ging es um diese Sache, in die das japanische Konsulat verwickelt war, erinnert ihr euch? Der Entführungsfall Takashima. Na, vielleicht wißt ihr das nicht mehr - die Zeitungen brachten nie etwas darüber. Die Japaner schafften es, daß die Angelegenheit sehr diskret behandelt wurde. Ein Bodyguard war unter seltsamen Umständen getötet worden, und zwei Tage lang übten sie massiven Druck
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