Nippon-Connection
existiert - aber sie ist da. Die einzige Möglichkeit, clean zu sein, besteht darin, clean zu sein, Mann! Nur wenn du kein Geld kriegst, nur wenn dein Einkommen unabhängig von ihnen ist, kannst du sagen, was du willst. Andernfalls bezahlen sie dich, und ich sage dir, dann gehörst du ihnen, Mann!«
»Augenblick, verdammt noch mal …«
»Also komm mir bitte nicht mit ›Haß‹, Mann! Dieses Land befindet sich in einem Krieg. Die einen kapieren das, und die anderen halten es mit dem Gegner. Genau wie im Zweiten Weltkrieg, da sind auch einige Leute von den Deutschen bezahlt worden, damit sie Propaganda für die Nazis machen. New Yorker Zeitungen haben damals in ihren Leitartikeln Adolf Hitler nach dem Mund geredet. Manchmal merkten die das selber nicht. Aber getan haben sie es doch. So ist das im Krieg, Mann. Und du bist ein beschissener Kollaborateur!«
Ich war unglaublich dankbar, als in diesem Moment Connor wieder zu uns trat. Graham und ich waren kurz davor, uns zu prügeln, aber Connor sagte seelenruhig: »Ach, Tom, nur damit ich das auch verstehe: Was passierte denn in Ihrem Szenario nach dem Mord mit den Videobändern?«
»Diese Bänder sind ganz einfach verschwunden«, antwortete Graham. »Die sehen Sie nie wieder.«
»Nun, das ist interessant. Der Anruf eben kam nämlich von unserer Zentrale. Mr. Ishigura ist gerade dort. Und er brachte einen Karton mit Videobändern mit, die ich mir ansehen soll.«
Connor und ich fuhren zusammen hin. Graham hatte seinen eigenen Wagen genommen. Ich fragte Connor: »Warum haben Sie gesagt, Graham sei ein zu großes Risiko für die Japaner?«
»Sein Onkel«, erklärte Connor, »war Kriegsgefangener im Zweiten Weltkrieg. Sie brachten ihn nach Tokio, dort verschwand er. Nach dem Krieg fuhr Grahams Vater hinüber, um herauszufinden, was mit seinem Bruder geschehen war. Es wurden unangenehme Fragen gestellt. Sie wissen wahrscheinlich, daß einige amerikanische Soldaten kurz vor Kriegsende bei medizinischen Experimenten in Japan ums Leben kamen.
Es gab Gerüchte, die Japaner hätten die Lebern dieser Amerikaner als Witz ihren Untergebenen zu essen gegeben und so weiter.«
»Nein, das wußte ich nicht.«
»Ich glaube, diese Zeit würde jeder am liebsten vergessen, um einfach weiterzuleben. Und wahrscheinlich ist das auch richtig. Es ist heute nicht mehr dasselbe Land. Was wollte denn Graham von Ihnen?«
»Er hat mich wegen meines Gehalts als Kontakt-Officer beschimpft.«
»Sie haben mir gesagt, daß es nur zweihundert Dollar pro Monat mehr sind.«
»Ein bißchen mehr ist es schon.«
»Um wieviel mehr?«
»Ungefähr hundert Dollar pro Woche. Fünftausendfünfhundert pro Jahr. Aber davon muß ich den Unterricht und die Bücher und die Fahrtkosten zahlen, außerdem die Babysitter, alles.«
»Sie bekommen also fünf Riesen mehr«, sagte Connor. »Na und?«
»Graham meint, das würde mich beeinflussen. Die Japaner hätten mich gekauft.«
»Na, versuchen werden sie das bestimmt. Und sie gehen dabei außerordentlich subtil vor.«
»Haben sie es bei Ihnen auch probiert?«
»Na klar.« Er machte eine Pause. »Und ich habe es oft akzeptiert. Jemandem Geschenke zukommen zu lassen, um dafür zu sorgen, daß der andere einem wohl will, ist etwas, das die Japaner geradezu instinktiv machen. Und es unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem, was wir tun, wenn wir den Chef zu uns zum Abendessen einladen. Gefälligkeit ist Gefälligkeit. Nur laden wir den Chef nicht dann ein, wenn wir wieder mal mit einer Gehaltserhöhung an der Reihe sind, sondern es empfiehlt sich, den Chef schon bald, nachdem man ihn kennengelernt hat, einzuladen, zu einem Zeitpunkt also, wenn es noch nicht um irgend etwas geht. Dann ist es einfach eine freundliche Geste. Die Japaner machen es genauso. Sie glauben, daß man ein Geschenk frühzeitig geben solle, denn dann ist es keine Bestechung. Es ist einfach ein Geschenk - eine Möglichkeit, eine Beziehung zu Ihnen herzustellen, bevor diese Beziehung irgendeinem Druck ausgesetzt werden kann.«
»Und Sie finden das in Ordnung?«
»Ich glaube einfach, daß es nun mal so zugeht auf der Welt.«
»Glauben Sie, daß man durch so was korrumpiert wird?«
Connor sah mich an und fragte: »Glauben Sie es?«
Ich nahm mir viel Zeit für die Antwort. »Ja. Ich glaube, daß das möglich ist.«
Er lachte schallend. »Na, da bin ich aber erleichtert. Sonst hätten nämlich die Japaner das ganze Geld für Sie umsonst ausgegeben.«
»Was ist denn daran so
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