Nippon-Connection
mir nicht erklären, warum.
Theresa wandte sich hastig ab. »So etwas hat mich nie interessiert.«
Sanders versuchte eilfertig, die Situation zu entschärfen: »Theresa, Lieutenant Smith möchte einige Bänder kopieren lassen. Diese hier.«
Er hielt Theresa eines der Bänder hin. Sie nahm es in die linke Hand und hielt es ins Licht. Ihr rechter Arm blieb abgewinkelt gegen die Taille gestützt. Da sah ich, daß dieser Arm verkrüppelt war: Er endete in einem fleischigen Stumpf, der aus dem Ärmel ihrer Jeansjacke ragte. Es sah aus wie der Arm eines Contergan-Kindes.
»Interessant«, sagte sie, während sie sich mit zusammengekniffenen Augen das Band ansah. »Acht-Millimeter, High Density. Vielleicht ist es das patentierte Digital-Format, über das wir schon einiges gehört haben, das mit der Echtzeit-Bildverbesserung.«
»Tut mir leid, das weiß ich nicht«, sagte ich. Es war mir peinlich, daß ich das Thema Fotomodell angesprochen hatte. Ich griff in den Karton und holte das Abspielgerät heraus.
Theresa nahm sofort einen Schraubenzieher in die linke Hand, entfernte den Deckel und beugte sich über das Innere des Videorecorders. Ich sah eine grüne Platine, einen schwarzen Motor und drei kleine Kristallzylinder. »Ja, das ist die neue Kombination. Ziemlich raffiniert. Sehen Sie mal, Dr. Sanders! Sie machen es mit nur drei Köpfen. Die Platine erzeugt wohl die RGB-Farbkomponenten, denn da hinten - glauben Sie, daß das der Baustein für die Datenkomprimierung ist?«
»Offenbar ein Digital-Analog-Wandler«, sagte Sanders. »Gut gemacht. Und so klein.« Er wandte sich mit dem Gerät in der Hand zu mir. »Wissen Sie, warum die Japaner solche Geräte herstellen können und wir nicht? Weil sie sie kaizen. Das ist ein Prozeß durchdachter, geduldiger, kontinuierlicher Verbesserung. Von Jahr zu Jahr wird das Produkt ein bißchen besser, ein bißchen kleiner, ein bißchen billiger. Wir Amerikaner denken da ganz anders. Wir bemühen uns immer um den großen Sprung nach vorn, um den einen riesigen Entwicklungsschritt. Wir versuchen, das ganz große Ding zu landen, und dann lehnen wir uns zufrieden zurück. Die Japaner erzielen Tag für Tag einen winzigen Erfolg, und sie ruhen sich nie auf ihren Lorbeeren aus. So ein Gerät ist also auch Ausdruck einer bestimmten Philosophie.«
So dozierte Sanders noch eine Weile, während er bewundernd an den Kristallzylindern drehte. Schließlich fragte er Theresa: »Können Sie die Bänder kopieren?«
»Klar«, sagte Theresa. »Vom Wandler aus können wir ein Signal aus dieser Maschine auf jedes beliebige andere Medium aufzeichnen. Wollen Sie es auf Dreiviertel-Zoll, auf optisches Master-Band oder auf einem VHS-Band haben?«
»Auf einem VHS«, sagte ich.
»Kein Problem.«
»Aber ist es dann wirklich eine exakte Kopie? Die Leute im JPL sagten mir, sie könnten nicht dafür garantieren.«
»Ach, du meine Güte, das JPL!« sagte Sanders. »Die sagen so etwas doch nur, weil sie Regierungsangestellte sind. Hier aber wird gearbeitet, stimmt’s, Theresa?«
Aber Theresa hatte gar nicht zugehört. Sie war schon dabei, mit ihrer gesunden Hand Kabel und irgendwelche Drähte einzustecken, während sie mit dem Armstumpf das Abspielgerät hielt. Wie bei vielen behinderten Menschen waren ihre Bewegungen so selbstverständlich, daß der Ausfall der rechten Hand kaum auffiel. Nach kurzer Zeit hatte sie den kleinen Recorder an einen zweiten und an mehrere Monitoren angeschlossen.
»Wozu brauchen Sie die?«
»Um das Signal zu überprüfen.«
»Sie meinen, um beim Überspielen das Bild zu kontrollieren?«
»Nein. Das Bild zeigt der große Monitor hier. Die anderen ermöglichen es mir, die Signalcharakteristika und die Dateninformation zu sehen: Wie das Bild auf dem Band aufgezeichnet ist.«
»Ist das notwendig?« fragte ich.
»Nein, ich will nur ein bißchen schnüffeln. Ich bin gespannt, wie sie dieses High-Density-Format entwickelt haben.«
»Woher stammt das Band eigentlich?« fragte mich Sanders.
»Von einer Überwachungskamera in einem Büro.«
»Und es ist ein Original?«
»Ich glaube schon. Warum?«
»Also, wenn es sich um Originalmaterial handelt, müssen wir besonders vorsichtig damit umgehen«, erklärte er Theresa. »Es dürfen keine Rückkopplungsschleifen entstehen, die die Band-beschichtung beschädigen, oder von den Köpfen ausgehende Signalausfälle, die die Kontinuität des Datenflusses gefährden könnten.«
»Keine Angst«, sagte Theresa, »das habe ich schon im
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