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Nirgendwo in Afrika

Titel: Nirgendwo in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Zweig
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als eine Aja«, sagte Kimani zu Regina.
    »War der mal ein Reh?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Aber er redet nicht.«
    »Er wird reden. Kessu.«
    »Was soll er machen?«
    »Für den Hund kochen.«
    »Aber wir haben doch keinen Hund.«
    »Heute haben wir keinen Hund«, sagte Kimani, »aber Kes-su.«
    Kessu war ein gutes Wort. Es hieß morgen, bald, irgendwann, vielleicht. Kessu sagten die Menschen, wenn sie Ruhe für Kopf, Ohr und Mund brauchten. Nur der Bwana wußte nicht, wie Ungeduld zu heilen war. Jeden Tag fragte er Kimani nach einem Boy, der der Memsahib in der Küche helfen sollte, aber da kaute Kimani Luft mit geschlossenen Zähnen, ehe er antwortete.
    »Du hast doch einen Boy für die Küche, Bwana.«
    »Wo, Kimani, wo?«
    Kimani liebte dieses tägliche Gespräch. Oft ließ er, wenn es soweit war, kleine, bellende Geräusche aus seinem Mund. Er wußte, daß sie den Bwana ärgerten, doch er durfte nicht auf sie verzichten. Es war nicht leicht, den Bwana mit Ruhe zu zähmen. Seine Safari war zu weit gewesen. Kimanis hartnäckige Weigerung, die Lage zu klären, machte Walter unsicher. Jettel brauchte eine Hilfe in der Küche. Sie konnte den Brotteig nicht allein kneten, die schweren Behälter mit Trinkwasser nur mühsam heben und schon gar nicht, Kamau, den Geschirrspüler, bewegen, den rauchigen Ofen in der Küche zu versorgen oder das Essen von dort ins Haus zu tragen.
    »Das ist nicht meine Arbeit«, sagte Kamau, sobald er um Hilfe gebeten wurde, und rieb weiter die Gläser blank.
    Der tägliche Streit machte Jettel mißmutig und Walter nervös. Er wußte, daß er sich ohne ausreichendes Hauspersonal bei den Leuten auf der Farm lächerlich machte. Noch mehr ängstigte ihn der Gedanke, Mr. Gibson könne plötzlich auftauchen und dann sofort sehen, daß sein neuer Manager noch nicht einmal fähig war, für einen Boy in der Küche zu sorgen. Er spürte, daß ihm nicht viel Zeit blieb, um seinen Willen durchzusetzen.
    Auf seinen Rundgängen mit Kimani fragte er Männer, die ihm besonders freundlich »Jambo« zuriefen oder die auch nur so aussahen, als hätten sie nichts dagegen, statt auf den Schambas im Hause zu arbeiten, ob sie nicht der Memsahib beim Kochen helfen wollten. Tag für Tag geschah das gleiche. Die angesprochenen Arbeiter drehten verlegen den Kopf zur Seite und stießen die gleichen bellenden Laute aus wie Kimani, schauten in die Ferne und liefen eilig davon.
    »Es ist wie ein Fluch«, sagte Walter an dem Abend, als zum erstenmal Feuer im Haus gemacht wurde. Kania hatte sich den ganzen Tag mit dem neuen Kamin beschäftigt, ihn gekehrt, ausgewischt und das Holz davor zu einer Pyramide gestapelt.
    Nun saß er zufrieden auf seinen Beinen, zündete ein Stück Papier an, blies die Flamme zärtlich zur Glut und lockte Wärme in den Raum.
    »Was kann denn um Himmels willen so schwer daran sein, einen Boy für die Küche zu finden?«
    »Jettel, wenn ich das wüßte, hätten wir einen.«
    »Warum kommandierst du nicht einfach einen ab?«
    »Als Kommandant habe ich zu wenig Erfahrung.«
    »Ach, du mit deiner Vornehmheit. Im Norfolk haben alle Frauen erzählt, wie gut ihre Männer mit den Boys fertig werden.«
    »Warum haben wir keinen Hund?« fragte Regina.
    »Weil dein Vater zu blöd ist, auch nur einen Küchenboy zu finden. Hast du nicht eben gehört, was deine Mutter gesagt hat?«
    »Ein Hund ist doch kein Küchenboy.«
    »Herrgott, Regina, kannst du nicht einmal in deinem Leben den Mund halten?«
    »Das Kind kann doch nichts dafür.«
    »Mir reicht es schon, wenn du nach den Fleischtöpfen von Rongai jammerst.«
    »Ich«, bohrte Regina, »hab' nichts von Rongai gesagt.«
    »Man kann auch sagen, ohne zu sagen.«
    »Und du«, fiel es Jettel ein, »hast immer gesagt, eine Farm ist wie die andere.«
    »Diese verfluchte hier nicht. Die hat einen Kamin, aber keinen Küchenboy.«
    »Gefällt dir der Kamin nicht, Papa?«
    Es war das Lauern in Reginas Stimme, das Walters Zorn entzündete. Er spürte nur noch den Drang, der ihm so kindisch wie grotesk erschien, nichts mehr zu hören und nichts mehr zu sagen. Auf dem Fensterbrett standen die drei Lampen für die Nacht.
    Walter nahm sich seine, füllte Paraffin nach, zündete sie an und drehte den Docht so weit herunter, daß die Lampe nur einen schwachen Schimmer von Licht gab.
    »Wohin gehst du?« schrie Jettel angstvoll.
    »In die Kneipe«, brüllte Walter zurück, doch er merkte sofort, daß Reue ihm die Kehle aufrieb. »Ein Mann wird doch noch mal allein pinkeln

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