Nirgendwo in Afrika
der Bahnstation in Thompson's Falls abgeschickt wurde, der bei ihm die Post ablieferte. Wer Patels Mißfallen erregte, was schon geschah, wenn man sich beim Kaufen zuviel Bedenkzeit gönnte, wurde durch Postentzug bestraft und war von der Welt abgeschnitten. Der Inder hatte schnell heraus, daß Menschen aus Europa so begierig auf ihre Briefe und Zeitungen waren wie seine Landsleute auf Reis, von dem er ohnehin nie genug hatte.
In seiner verdrossenen Art empfand Patel sogar ein wenig Sympathie für die Refugees. Sie gingen zwar für seinen Geschmack übertrieben sorgsam mit ihrem Geld um, aber sie waren zu Enemy Aliens erklärt worden, und das war immerhin ein deutliches Zeichen, daß die Engländer sie nicht mochten. Seinerseits verabscheute Patel die Engländer, die ihn fühlen ließen, daß er für sie auf der gleich niedrigen Stufe stand wie die Schwarzen.
Gibsons Farm war sechs Meilen von Pateis Duka entfernt, lag dreitausend Meter hoch am Äquator und war größer als jede andere Farm in der Umgebung. Selbst Kimani, der schon dort gelebt hatte, ehe das erste Flachsfeld angelegt worden war, mußte lange überlegen, welchen Weg er zu gehen hatte, wollte er ein bestimmtes Ziel erreichen. Kimani, ein Kikuyu von ungefähr fünfundvierzig Jahren, war klein, klug und dafür bekannt, daß er mit der Zunge schneller war als eine flüchtende Gazelle mit ihren Beinen. Er befahl den Schambaboys, was sie auf den Feldern zu tun hatten, und hatte, so lange die Farm ohne einen Bwana war, auch ihren Lohn festgesetzt.
Sobald am späten Nachmittag der Schatten die vierte Rille des Wassertanks erreichte, schlug Kimani mit einem langen Stock gegen das dünne Blech und gab so das Zeichen für das Ende der Tagesarbeit. Als Herr der Zeit und auch, weil er die tägliche Ration Mais für den abendlichen Poschobrei verteilte, wurde Kimani von allen auf der Farm respektiert - selbst von den Nandis, die weder auf den Feldern arbeiteten noch Mais erhielten, sondern jenseits des Flusses lebten und eigene Herden hatten.
Kimani hatte sich schon lange einen Bwana auf der Farm gewünscht, wie es in Gilgil, Thompson's Fall und selbst in Ol' Kalao üblich war. Was nutzten ihm Ansehen und Anerkennung, wenn das Land, für das er sorgte, nicht gut genug für einen weißen Mann war? Das neue Haus nährte seinen Stolz. War abends die Arbeit beendet und legte sich Kälte auf die Haut, blieben die Steine noch warm genug, um den Rücken an ihnen zu reiben. Mit Daji Jiwan, der die Pracht vollbracht hatte, sprach er voller Achtung, obwohl er sonst die Inder noch weniger schätzte als die Menschen aus dem Stamm der Lumbwa.
Kimani gefielen der neue Bwana mit den toten Augen und die Memsahib mit dem zu flachen Bauch, der aussah, als würde aus ihm kein Kind mehr geholt werden. Sehr viel rascher als sonst tötete er seinen Argwohn gegen Fremde und verjagte seine Schweigsamkeit. Er führte Walter zu den Feldern am Rande des Waldes und bis zu dem Fluß, der nur in der Regenzeit Wasser hatte. Er nahm die kräftigen Blüten vom Pyrethrum und die leuchtend blauen vom Flachs in die Hand, machte auf die Farbe der Erde aufmerksam und immer wieder auf den Abstand, den die Pflanzen voneinander brauchten, um zu gedeihen. Kimani war schnell aufgegangen, daß der neue Bwana eine lange Safari hinter sich hatte und nichts von den Dingen wußte, die ein Mann zu wissen hatte.
Nach dem Haus baute Daji Jiwan ein Küchengebäude in der runden Form der Eingeborenenhütten und danach, sehr widerwillig, über eine tiefe Grube einen Bretterverschlag mit einer Bank, in die er drei Löcher von verschiedener Größe hineinschneiden ließ. Die Toilette war Walters Entwurf, und er war so stolz auf sie wie Kimani auf seine Felder. In die Holztür ließ er ein Herz schnitzen, das bald auf der Farm eine solche Attraktion wurde, daß sich Daji Jiwan doch noch mit dem Bau versöhnte, für den er selbst keine Verwendung hatte. Seine Religion verbot es ihm, den Körper zweimal an derselben Stelle zu entleeren.
Als die Küche fertig war, brachte Kimani einen Mann an, den er als seinen Bruder vorstellte, der Kania hieß und die Zimmer fegen sollte. Um die Betten zu machen, holte er Ki-nanjui von den Feldern. Kamau kam, um das Geschirr zu spülen. Er saß viele Stunden vor dem Haus und polierte Gläser, die er in der Sonne zum Leuchten brachte. Schließlich stand noch Jogona vor der Tür. Er war fast noch ein Kind und hatte Beine, die so dünn waren wie die Äste eines jungen Baums.
»Besser
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