Nirgendwo in Afrika
Hündin, nur eine Frau.
»Der Stoff ist für Jettel und die Gürtel alle für dich. Ich bekomme meine von King George.«
»Aber was soll ich mit vier Gürteln? Ich habe nur drei Hosen, und davon ist eine schon hin.«
»Dann bekommt Owuor einen, damit er immer an mich denkt.«
Owuor lächelte, als er seinen Namen hörte, und wurde stumm von der Macht des Zaubers, als der Bwana Askari ihm den Gürtel überreichte. Er salutierte mit zwei Fingern am Kopf, wie es jene jungen Männer taten, die in Nakuru selbst Askaris sein durften, wenn sie mal für einige Tage zurück zu ihren Brüdern nach Ol' Joro Orok kamen.
So endete der erste Tag der insgesamt siebzehn mal vierundzwanzig Stunden von Glück und Fülle. Am nächsten Morgen ging es nach Naivasha.
»Naivasha«, hatte Walter gezweifelt, als Martin ihm die Karte zeigte, »ist nur für feine Leute. Sie haben zwar keine Schilder Juden verboten< aufgestellt, würden es aber gerne tun. Süßkind hat's mir erzählt. Er mußte mal seinen Chef begleiten und im Wagen sitzen bleiben, als der ins Hotel zum Mittagbrot ging.«
»Das wollen wir mal sehen«, erwiderte Martin.
Naivasha war nur eine Ansammlung kleiner, aber gut gebauter Häuser. Der See mit seinen Pflanzen und Vögeln war die Sehenswürdigkeit der Kolonie und umsäumt von einigen Hotels, die alle wie englische Privatklubs aussahen. Das Lake Naivasha Hotel war das älteste und vornehmste. Dort saßen sie zum Mittagessen auf einer mit Bougainvilleen bewachsenen Terrasse, aßen Roastbeef und tranken das erste Bier seit Breslau. Jettel und Walter wagten nur zu flüstern. Sie genierten sich, daß sie es in Deutsch taten, und empfanden Martins Uniform wie die Schürze einer Mutter, hinter der sich Kinder vor jeder Gefahr sicher fühlen.
Später fuhren sie im Boot zwischen Wasserlilien und mit blauleuchtenden Glanzstaren als Begleitung über den See. Obwohl die Hotelleitung erst zögerte, ließ sie sich von Martins drohendem Ton beeindrucken und stellte ein Extraboot für Owuor und Rummler zur Verfügung. Der indische Portier betonte vorher und nachher, daß er offizielle Anweisung habe, die Wünsche von Militärpersonen besonders zu berücksichtigen.
Bei der Fahrt nach Naro Moru eine Woche später, von wo aus es den schönsten Blick auf den Mount Kenya gab, bestand Walter darauf, nicht nur Owuor, sondern auch Kimani mitzunehmen.
»Weißt du, wir starren den Berg jeden Tag an, wir beide. Kimani ist mein bester Freund. Owuor gehört ja zur Familie. Frag mal Kimani nach El Alamein.«
»Du bist schon einer«, lachte Martin und schob Kimani zwischen Rummler und Owuor, »dein Vater hat sich immer bei mir beklagt, daß du ihm das Personal verdorben hast.«
»Kimani kann man nicht verderben. Er bewahrt mich davor, verrückt zu werden, wenn die Angst meine Seele auffrißt.«
»Wovor hast du denn Angst?«
»Daß ich erst meine Stelle und dann meinen Verstand verliere.«
»Ein Kämpfer warst du nie. Mich wundert es, daß du Jettel bekommen hast.«
»Ich war die dritte Wahl. Als sie Silbermann nicht bekommen hat, wollte sie dich.«
»Quatsch.«
»Du konntest nie gut lügen.«
Das Hotel in Naro Moru hatte bessere Tage gesehen. Vor dem Krieg waren die Bergsteiger dort zu ihren Touren aufgebrochen. Es war seit der Mobilmachung nicht mehr auf Gäste eingerichtet. Martin konnte aber immer noch so charmant wie querköpfig sein. Er sorgte dafür, daß der Koch geholt und Mittagessen im Garten serviert wurde. Owuor und Kimani wurden in den Quartieren vom Hotelpersonal versorgt, kamen jedoch nach der Mahlzeit sofort zurück, um den Berg zu sehen. Jettel schlief im Liegestuhl, und Rummler schnarchte zu ihren Füßen.
»Jettel sieht aus wie früher«, sagte Martin. »Du auch«, fügte er hastig hinzu.
»So ein Nebbich bin ich nicht, daß ich keinen Spiegel mehr habe. Weißt du, ich habe Jettel nicht sehr glücklich gemacht.«
»Jettel kann man gar nicht glücklich machen. Wußtest du das nicht?«
»Doch. Vielleicht nur nicht rechtzeitig genug. Aber ich mache ihr keine Vorwürfe. Sie war nicht vorsichtig genug in der Auswahl ihres Ehemanns. Wir haben schwere Zeiten gehabt. Wir haben ein Kind verloren.«
»Ihr habt euch verloren«, sagte Martin.
Owuor machte seine Ohren weit genug für den Wind auf, der vom Berg losgeschickt wurde. Noch nie hatte er den Bwana Askari mit einer Stimme sprechen hören, die wie Wasser war, das über kleine Steine sprang. Kimani sah nur die Augen seines Bwanas und hustete Salz.
»Jetzt fehlt mir
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