Nix als Ärger mit dem Kerl!
öffnen.
Erstaunt sah sie Simon Hartmann an, der groß und breitbeinig vor der Tür stand.
"Habe ich Sie geweckt? Das täte mir leid." Das spöttische Lächeln strafte seine Worte Lügen.
"Nein, nein, ich wollte nur gerade duschen." Wilma überlegte, ob sie ihren Nachbarn hereinbitten sollte oder nicht. "Was kann ich für Sie tun?"
Simon hob die Schultern. "Könnten wir das vielleicht im Haus besprechen?"
Wilma Biss sich auf die Lippen. Wieso musste ihr dieser Mann eigentlich immer die Entscheidungen vorwegnehmen?
"Kommen Sie herein." Obwohl sie sich schon wieder ärgerte, klang ihre Stimme freundlich. "Sie erlauben, dass ich mir rasch etwas anziehe?"
Wieder dieses spöttische Lächeln. "Aber natürlich."
Droste betrachtete den Besucher neugierig. Als Wilma sah, dass sich die Hündin von Simon streicheln ließ, keimte leichte Eifersucht in ihr auf. Normalerweise war Droste zwar ein sehr freundliches, aber kein zutrauliches Tier, das sich sofort von jedem Fremden anfassen ließ.
Dass sie bei Simon Hartmann eine Ausnahme machte, konnte nur bedeuten, dass sein Charakter besser war als vermutet.
Aber es kam noch schlimmer, denn als Simon im Wohnzimmer Platz nahm, legte sich Droste tatsächlich zu seinen Füßen nieder und sah ihn hingebungsvoll an, anstatt wie sonst üblich ihrem Frauchen zu folgen, die ins Bad eilte.
Bei Wilmas Rückkehr saßen beide auf dem Teppich, offensichtlich in bestem Einvernehmen.
"Ein netter Hund", stellte Simon fest, ohne aufzublicken. Er kraulte Drostes Bauch, was die Hündin am meisten liebte. "Wie heißt er?"
"Er ist eine SIE und heißt Droste-Hülshoff", erwiderte Wilma seufzend. "Gute Freunde dürfen sie aber Droste nennen."
Endlich blickte Simon auf. Spott funkelte in seinen dunklen Augen. "Darf ich wenigstens "Du" sagen?"
Wilma öffnete den Mund zu einer patzigen Antwort, schluckte die Worte jedoch hastig hinunter. Sie wollte den Ärger zwischen ihnen nicht noch durch freche Bemerkungen verschlimmern.
"Darf ich Ihnen etwas anbieten?" erinnerte sie sich schnell an ihre Gastgeberpflichten. "Vielleicht einen Kaffee oder lieber etwas Kühles, einen Eistee vielleicht oder einen Gin-Fizz?"
Simon warf einen raschen Blick auf seine Armbanduhr.
"Ein Gin-Fizz wäre nicht schlecht", stimmte er zu. "Ich habe heute so viel Kaffee getrunken, dass ich mir wie eine Coffeintablette vorkomme. Der Besuch war ziemlich anstrengend."
Wilma warf ihm einen verwunderten Blick zu.
"Ich hoffe, die Dame hat inzwischen eingesehen, dass sie im Unrecht war?"
Simon erhob sich.
"Nun ja, Frau von Beuerbach hat so ihre eigenen Ansichten über Recht und Unrecht." Er folgte Wilma an den Barschrank und sah interessiert zu, wie sie die Drinks mixte. "Aber Sie hätten wirklich erst einmal bei mir klingeln sollen, anstatt gleich die Polizei zu holen."
Wilma packte die Zitrone, die sie gerade in die Presse stecken wollte, so fest, dass der Saft herausspritzte.
"Herr Hartmann!" begann sie, aber da legten sich Simons Finger über ihre Hand. Sanft nahm er ihr die Zitrone aus der Hand und steckte sie in den Entsafter.
"Okay, Sie haben geklingelt." Das klang, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen, das auf seinem Irrtum beharrte und sich partout nicht belehren lassen wollte. "Wir saßen auf der Terrasse. Normalerweise höre ich die Hausglocke dort. Und Roger hat ebenfalls nichts bemerkt."
"Das tut mir leid, aber es ist nicht mein Problem." Wilma packte die nächste Zitrone und quetschte sie aus. "Ich bin durch die halbe Nachbarschaft gereist, um den Halter des Wagens zu finden. Und nachdem mir die Zeit davonlief, habe ich schließlich die Polizei verständigt. Was blieb mir übrig? Ich musste zu einer immens wichtigen Geschäftsbesprechung."
Simon musterte sie nachdenklich, was sie sehr nervös machte. Aber sie ließ sich ihre Unruhe nicht anmerken, sondern hantierte weiter mit Früchten, Flaschen und Sodawasser herum. Erst, als Wilma die Drinks fertig gemixt hatte, ergriff Simon wieder das Wort.
"Jetzt verstehe ich, wieso mein Sohn Sie so sehr mag."
Es dauerte einen Moment, ehe Wilma den Sinn der Worte begriff. Erstaunt sah sie Simon an, aber seine Miene ließ keine Rückschlüsse auf seine Gedanken zu. Die Frage, ob er diese Bemerkung ernst gemeint hatte oder sich wieder einmal über sie lustig machte, blieb unbeantwortet.
"Ich mag Ihren Sohn auch", erwiderte Wilma nach einer kurzen Pause. "Wollen wir uns auf die Terrasse setzen?"
Sie warf einen kurzen Blick durch die geöffnete Balkontür.
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