Nix als Ärger mit dem Kerl!
"Ich habe –dir gleich gesagt, dass du den Wagen dort nicht stehen lassen kannst. Aber du musstest ja mal wieder deinen Kopf durchsetzen."
"Meine Güte, die Straße war zugeparkt", fauchte Clarissa. "Ja, ich hätte woanders parken können. Aber wärst du lieber eine halbe Stunde gelaufen?" Sie setzte eine hochmütige Miene auf. "Wenn dir mein Fahrstil nicht passt, kannst du dich ja das nächste Mal ans Steuer setzen."
Hugo zuckte wie getroffen zusammen. Er hatte in seinem Leben wirklich Großes auf die Beine gestellt. Aber bei der Führerscheinprüfung war er viermal durchgerasselt. Er schaffte es einfach nicht, einen Wagen gefahrlos durch den Verkehr zu lenken. Entweder übersah er rote Ampeln, dann hatte er einmal beinahe einen Radfahrer überrollt und bei der letzten Prüfung war er beinahe in einen Bus gerast.
Danach hatte ihm der Prüfer nahegelegt, es mit dem Fahren aufzugeben und lieber zu Fuß zu gehen. Hugo hatte auf den Rat gehört und einen Chauffeur eingestellt, der ihn herumkutschierte. Und seit Clarissa einen Führerschein besaß, übernahm sie ab und zu den Fahrdienst.
"Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um deinen schlechten Eindruck bei Hartmann auszuwetzen", wechselte Hugo schnell das Thema. "Du musst dich bei unserem nächsten Besuch etwas mehr um den Jungen kümmern. Ich glaube, wenn Hartmann überhaupt noch einmal heiratet, dann nur eine Frau, die seinem Sohn eine gute Mutter ist. Also spiel die liebe Tante."
"Ja, Papa." Clarissa verzog angewidert das Gesicht. Sie konnte mit Kindern nicht viel anfangen. Und dieser Roger Hartmann war ihr regelrecht unheimlich.
Er hatte keinen Ton gesagt, als sie alle zusammen auf der Terrasse beim Kaffeetrinken saßen. Nur angeschaut hatte er sie, mit seinen großen, irgendwie merkwürdigen Augen. Clarissa hatte sich unter diesen Blicken immer unbehaglicher gefühlt.
Wenn ich diesen Hartmann an den Haken bekomme, ist sein Sohn das erste, das aus dem Haus verschwindet, dachte sie böse, während sie ihrem Vater hinterhersah, der gerade ihr Zimmer verließ. Der Gedanke, ein Kind wie Roger tagtäglich um sich haben zu müssen, war ihr unerträglich. Nein, der Junge musste schnellstens ins Internat.
Es würde sicherlich nicht schwer sein, Simon Hartmann von dieser Idee zu überzeugen. Er war so auf Leistung und gute Erziehung fixiert, dass Clarissa ihm bloß die Vorzüge einer Internatsbildung schildern musste, um ihn für diesen Einfall zu gewinnen.
Aber will ich diesen Mann überhaupt? fragte sich Clarissa, während sie sich langsam entkleidete. Nackt spazierte sie in ihr Badezimmer und stellte sich vor die Spiegelwand. War dieser wunderbare Körper, dieser herrliche Busen, diese zarte Haut nicht viel zu schade für einen Macho wie Hartmann?
Andererseits gingen diese Vorzüge mit riesen Schritten auf Mitte Dreißig zu. Und ein wirklich ernsthafter Bewerber war weit und breit nicht in Sicht.
Alle ihre Freundinnen waren schon verheiratet. Sogar Raphaela Mertens, die spuckhässlich war und krumme Beine hatte. Selbst dieser Irrtum der Natur konnte einen Ehemann vorweisen, während sie, Clarissa von Beuerbach immer noch als Single herumlief.
Die spitze Bemerkung ihrer Freundin Eurydice piekste immer noch in Clarissas Seele herum. Sie hatten sich im "La Dolce Vita" getroffen, einem Nobel Restaurant in Wiesbaden, wo ausschließlich Yuppies und Stars aus Funk und Fernsehen verkehrten.
Eurydice hatte Clarissa eingehend gemustert und dann mit genüsslicher Gemeinheit festgestellt, dass sich Clarissa langsam entscheiden musste, ob sie sich liften lassen oder lieber heiraten wollte.
"Aber ich denke, du solltest es mit dem Liften versuchen", hatte Eurydice boshaft hinzugesetzt. "Das ist leichter für dich, als einen Mann zu finden, der deine Launen erträgt."
Selbst jetzt, während Clarissa an diese Begebenheit zurückdachte, wallte noch Wut in ihr auf.
"Ha!" schrie sie ihr eigenes Spiegelbild an. "Dir werd' ich's zeigen, Eurydice! Spätestens Weihnachten bin ich verlobt."
Allerdings war Simon Hartmann ein harter Brocken. Ihn zu verführen und zu einem Heiratsantrag zu bewegen, würde ein schweres Stück Arbeit werden. Andererseits konnte es aber auch ganz amüsant werden. Clarissa interessierte sich sowieso nicht für Männer, die ihr widerstandslos zu Füßen sanken.
Sie brauchte die Herausforderung. Simons abweisende Haltung reizte sie, stachelte ihren Ehrgeiz an. Jetzt musste sie gleich zwei Aufgaben erfüllen: Erstens dieser schnippischen Eurydice
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