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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Hoffentlich höre ich gleich, wie sich seine nackten Füße wieder in Bewegung setzen. Er soll zurück ins Bett gehen. Doch er bleibt am Fenster stehen. Ich ziehe meinen Vorhang zur Seite und sehe, wie der aufgehende Mond selbst den alltäglichsten Dingen ein unheimliches Aussehen verleiht. Die Dornbüsche ähneln gekrümmten Gestalten. Die weißen Handtücher an der Wäscheleine, die ich vergessen habe abzuhängen, gleichen Gespenstern. Der Mond scheint so hell, dass man ohne weiteres den Pfad finden könnte, der zur Bucht hinunterführt. Manchmal bildet der Mond selbst einen Pfad auf dem Meer, der so echt aussieht, als könne man auf ihm bis zum Horizont laufen.

    Ich höre ein Knarren. Das ist Conor, der das Fenster weit aufstößt. Vielleicht sollte ich zu ihm nach oben gehen, aber vermutlich wäre er nur sauer auf mich und würde mich für eine Klette halten. Dabei will ich bloß wissen, wo er ist, und mich um ihn kümmern, so wie Dad gesagt hat, dass wir uns umeinander kümmern sollen.
    »Solange ihr beieinander bleibt, kann euch nichts passieren. «
    Ich höre ganz deutlich Dads Stimme, als wäre er hier im Zimmer. Wenn ich meine Augen schließe, habe ich fast das Gefühl, er wäre bei mir …
    Nein. Wenn ich nicht aufpasse, schlafe ich ein, und dann kann Conor die Leiter hinunterklettern, an mir vorbeischleichen und ohne mein Wissen das Haus verlassen. Ich setze mich auf und knipse meine kleine Nachttischlampe an. Sobald ich Mums Auto unten am Tor höre, schalte ich sie wieder aus. Sie kann das nicht sehen, ehe sie das Tor geöffnet hat und ganz bis zum Haus gefahren ist.
    Auf meinem Nachttisch liegt ein silbergrünes Notizbuch, das ich auch als Tagebuch benutzt habe. Ich habe die Tagebuchseiten herausgerissen, weil sie von Dingen handelten, die vor langer Zeit geschehen sind, als unser Leben noch anders war. Jetzt fertige ich Listen an.
    Ich nehme meinen schwarz-silbernen Lieblingsstift zur Hand.

    Liste der Dinge, die mit Dad passiert sein könnten:
    1. Ein großes Fangschiff könnte der Küste zu nahe gekommen sein. Dads Boot hat sich in seinem Netz verfangen und ist in die Tiefe gezogen worden. Sie haben das
Boot schließlich aus dem Netz befreit und es über Bord geworfen, damit es keine Beweise gibt. Denn es ist gesetzlich verboten, hier zu fischen.
    Das vermutet der Dad von Josh Tregony, wie Josh mir erzählt hat.
    2. Es hat ein außergewöhnlich starkes Gewitter gegeben. Dadurch ist das Boot untergegangen.
    Das was eine der Erklärungen, die in der Zeitung The Cornishman gestanden haben, aber jeder erinnert sich ganz genau daran, dass es eine ruhige Nacht war.
    3. Dad ist überhaupt nicht mit seinem Boot rausgefahren. Er ist nur bis zur Mündung der Bucht gerudert, dann hat er das Boot den Gezeiten überlassen, ist an Land geschwommen und verschwunden. Er hat seine Gründe, warum die Leute denken sollen, er sei ertrunken.
    Diese Theorie hat jemand in einem Pub aufgestellt. Jessie Nanjivey aus meiner Klasse hat es mir erzählt. Sie sagte auch, dass Badge Thomas dem Typ, der das gesagt hat, die Fresse polieren will, wenn er noch einmal seinen Mund aufmacht. Jessie sagte, der Mann sei aus Towednack gewesen. Niemand, der Dad kannte, glaubt diesen Quatsch. Er würde die Peggy Gordon nie den Gezeiten überlassen. Er liebt sie zu sehr.
    4. War Ihr Mann in Schwierigkeiten? Hatte er Schulden? Probleme bei der Arbeit? Schien er in letzter Zeit deprimiert oder anders als sonst zu sein? Hatte er getrunken?
    Das sind einige der Fragen, die Mum von der Polizei gestellt wurden. Conor und ich wissen schon, worauf sie hinauswollten, aber das ist alles völliger Blödsinn. Dad war glücklich. Wir alle waren glücklich.
    5. »Du erinnerst dich doch, was mit diesem anderen Mathew passiert ist? Vielleicht hat sich die Geschichte einfach wiederholt.« »Das glaubst du doch nicht im Ernst?« »Aber die Leute sagen nun mal …«
    Das waren die Worte, die Mrs Pascoe und ihre Kusine Bertha auf der Post gewechselt haben. Als sie mich sahen, hörten sie sofort auf zu reden und schluckten runter, was sie noch hätten sagen wollen. Ich blieb bei dem Ständer mit den Geburtstagskarten stehen und tat so, als wollte ich mir eine aussuchen, aber die Frau bezahlte nur ihre Sachen und ging hinaus. Natürlich wäre es auch denkbar, dass sie über etwas anderes geredet haben, aber das glaube ich nicht. Ich konnte ihren Gesichtern ansehen, dass sie über uns sprachen. Außerdem gibt es keinen anderen Mathew in dieser Gegend als Dad. Was

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