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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Luftwesen habt für alles ein Wort, stimmt’s? Vor allem für Dinge, von denen ihr nichts versteht. Es dauert sehr lange, bis man einen Hai richtig kennen lernt. Sei ganz still, Sapphire! Haie haben es gar nicht gern, wenn sie gestört werden. Und starr ihn nicht so an. Er spürt es, wenn du ihn beobachtest. Glück für dich, dass er keine Robben frisst.«
    »Aber, Faro, hier in Cornwall gibt es doch keine Haie, die Robben fressen.«
    Doch während ich das sage, läuft mir ein Schauer über den Rücken. Vor einer Weile habe ich etwas über Haie im Fernsehen gesehen. Ein Fischer meinte, zwei Meilen vor Newquay einen Weißen Hai gesichtet zu haben. Außerdem hatte sich in seinem Netz eine halb aufgefressene Robbe verfangen. Nur ein Hai, meinte er, sei in der Lage, eine Robbe so zuzurichten. Dann hatte die Kamera den aufgerissenen Bauch der Robbe gezeigt. Ich habe mir gewünscht, Dad wäre da gewesen, dann hätte ich ihn fragen können, ob es wirklich ein Weißer Hai gewesen sein kann. Er hätte es gewusst.
    Die Geschichte von dem Weißen Hai vor Newquay hatte ich völlig vergessen.
    Bis jetzt.
    »Wenn du von einem Hai sprichst, der Robben frisst«, frage ich Faro, »meinst du dann etwa einen Weißen Hai?«
    »Woher soll ich all die Namen kennen, die ihr Luftwesen benutzt. Es gibt eben Haie, die Robben fressen, das ist alles. Manchmal hören sie dich und manchmal nicht, also hält man sich besser von ihnen fern.«
    »Würden sie einen von euch verletzen?«
    »Ich hab doch gesagt, dass ich nicht vorhersehen kann,
wie sie sich verhalten. Sie tun, was sie wollen, also bleib ihnen vom Leib. Manchmal können sie nicht hören, dass wir Mer sind. Sie hätten natürlich gern, dass wir Robben wären, weil sie meistens hungrig sind. Außerdem sind sie sehr schnell, nicht so wie der da oben.«
    Der Hai dreht erneut seinen Kopf. Ich blicke in sein weit geöffnetes Maul. Auch wenn Faro sagt, dass er nur kleine Lebewesen frisst, so ist er doch immer noch ein Hai …
    »Er hat uns gehört«, raunt mir Faro zu. »Er mag es nicht, wenn wir über ihn reden. Komm, lass uns abhauen.«
    Mit einer einzigen Bewegung schießt Faro davon. Als wir uns ein ganzes Stück vom Hai entfernt haben, frage ich ihn: »Warum müssen wir so vorsichtig sein? Du hast doch gesagt, dass er uns nicht gefährlich werden kann und nur kleine Lebewesen wie Plankton frisst.«
    »Ich weiß nicht, wie ihr Menschen je etwas zustande kriegt, wenn ihr ständig Fragen stellt.« Faro macht zwei perfekte Purzelbäume. »Der hat hier überall Verwandte«, sagt er beiläufig und wirft seine Haare zurück. »Einen Hai sollte man niemals beleidigen, Sapphire. Haie sind zwar nicht besonders klug, aber sie haben ein sehr gutes Gedächtnis und sie halten zusammen. Und wehe dem, der sich ihren Zorn zuzieht. Vergiss nicht, dass Haie Fische sind. Ich habe dir ja erzählt, wie Fische ihre Erinnerung teilen. Sie vergessen nie einen Futterplatz und eine Kränkung vergessen sie genauso wenig.«
    »Ich fand, dass er ziemlich intelligent aussah«, sage ich laut.
    Faro lacht. »Beim nächsten Hai überlasse ich dir die Konversation«, sagt er amüsiert.
    »Jedenfalls war ich es, die den Hai zuerst gesehen hat«,
stelle ich selbstgefällig fest, während ich daran denke, was Faro über langsame menschliche Reaktionen gesagt hat. »Du hast ihn doch nicht bemerkt, ehe ich ihn dir gezeigt habe, obwohl er direkt über unseren Köpfen schwamm«, füge ich hinzu.
    »Meinst du das im Ernst?«, fragt Faro, der sich gemächlich treiben lässt. »Verglichen mit euch Luftwesen, sind wir Mer natürlich ziemlich unaufmerksam. Ihr transportiert eure Luft ja sogar auf dem Rücken und kommt hierher, um alles auszuforschen.«
    »Sprichst du von Tauchern?«
    Faro zuckt die Schultern. »Leute mit schwarzen Anzügen, die Luft auf ihrem Rücken transportieren. Sie bringen Luft nach Indigo. Das sollten sie nicht tun.«
    »Indigo?« Mein Herz pocht. Dieses Wort löst bei mir die seltsamsten Gefühle aus, als würde ich es besser kennen als alles andere auf der Welt. Dennoch ist die Erinnerung so fern. Es gibt einen Teil meines Bewusstseins, an den ich unter Wasser nicht herankomme. »Was ist Indigo?«, frage ich Faro.
    »Weißt du das nicht? Ich dachte, du wüsstest so viel. Indigo ist da, wo wir sind. Indigo ist alles, was nicht zur Luft gehört.«
    »Also bin ich jetzt in Indigo, in den tiefsten Fluten …«
    »Na, so tief nun auch wieder nicht«, antwortet Faro in einem Ton, als würde er sich über mich

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