Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
Vom Netzwerk:
was ich meine. Ich hab genau gehört, was du gesagt hast. Du hast versprochen, den Leuten aus der Schule und den Nachbarn nichts zu erzählen.«
    »Roger hat mich auch nur darum gebeten.«
    »Nur weil er nicht weiß, wem du es sonst erzählen könntest. «

    »Nein, weil er überhaupt nichts weiß! Er kennt sie nicht, und sie sind ihm auch völlig egal. Was passiert denn mit Faro, wenn Roger findet, wonach er sucht? Vielleicht geht es wirklich um einen Goldschatz. Andere Taucher werden ebenfalls davon hören und jede Menge Touristen anlocken. Dann wird es im Meer bald so voll sein wie an Land und die Mer werden vertrieben.«
    Conor trocknet sehr langsam einen Teller ab. »Ich weiß, daran habe ich auch schon gedacht.«
    »Warum hast du ihn dann angestachelt? Warum hast du ihm dann erzählt, dass du auch tauchen lernen willst?«
    »Weil ich es will.«
    »Aber du kannst doch schon tauchen, auch ohne Roger. Du brauchst weder Luft auf dem Rücken noch einen Taucheranzug, um Indigo zu erreichen.«
    »Gib Roger eine Chance, Saph. Er ist in Ordnung. Er würde auch nicht wollen, dass Horden von Menschen nach irgendwelchen Schätzen tauchen.«
    Ich habe das Gefühl, als hätte ich einen Schlag bekommen. Ich hole tief Luft und schlage zurück. »Das ging aber verdammt schnell!«
    »Was ging verdammt schnell?«
    »Du bist schon auf seiner Seite, stimmt’s?«
    »Gib das Glas her, du machst es nur kaputt. Hör zu, Saph. Es geht nicht darum, auf irgendeiner Seite zu stehen. Sieh dir Mum an. Sieht sie nicht viel besser aus als noch vor kurzem ? Oder willst du etwa, dass es ihr wieder so geht wie damals, als Dad verschwunden ist?«
    Mum und Roger sitzen im Wohnzimmer und spielen Karten. Es hört sich so an, als würde Mum gewinnen. Als Conor und ich an der Tür lauschen, hören wir sie lachen. Ein sanftes,
warmes, glucksendes Lachen. Sie klingt glücklich und entspannt.
    »Es geht ihr viel besser«, sagt Conor. »Viel, viel besser. Und du willst doch, dass es ihr besser geht, oder?«
    »Dad ist dir egal geworden.«
    Conors Gesicht errötet langsam unter der braunen Haut, während er jedes einzelne Wort betont: »Sag das nie wieder zu mir!«
    »Nein, Conor, das wollte ich nicht, es tut mir Leid …«
    Conor dreht mir den Rücken zu und geht leise aus dem Zimmer. Er knallt die Tür nicht zu, doch die Art, wie er sie schließt, ist viel schlimmer. Ich höre seine Schritte auf den Stufen, dann in meinem Zimmer und auf der Leiter, die zu seinem Dachboden führt. Er zieht die Leiter nach oben, schließt die Falltür und sperrt mich aus.
    Conor hat mir den Rücken zugewandt. Er will nicht mit mir zusammen sein. Er ist wütend, und ich weiß, dass sein größter Zorn sich sehr leise äußert und sehr lange anhält.
    Es ist alles meine Schuld. Wie konnte ich nur so blöd sein? Ich gehe ihm nach und versichere ihm, dass mir meine Worte schrecklich Leid tun.
    »Conor!«, rufe ich leise unter der Falltür, damit Mum nichts mitbekommt. »Es tut mir Leid, Con. Ich habe es nicht so gemeint.«
    Doch es kommt keine Antwort. Angst und Einsamkeit überwältigen mich. Erneut höre ich Mums Lachen und ihre Stimme, aber ich kann nicht verstehen, was sie sagt. Conor hat Recht. Sie klingt glücklich. Roger fällt in ihr Lachen ein.
    Ich habe das furchtbare Gefühl, dass Roger schon mehr hierher gehört als ich. Nachher, wenn Conor weiß, dass ich
nicht mehr unter der Falltür stehe und warte, wird er die Leiter herunterkommen, um mit ihnen Karten zu spielen und über das Tauchen zu reden. Ich sehe die drei einträchtig nebeneinander sitzen und spüre, wie der Schmerz zunimmt.
    Warum war ich so dumm? Wie konnte ich nur zu Conor sagen, dass Dad ihm egal ist? Ich wünschte, ich könnte die Worte zurücknehmen. Wenn ich nur wüsste, wie man die Zeit zurückdreht. Dann könnte ich alle Fehler in meinem Leben ungeschehen machen.
    Mum und Roger lachen erneut. Mum ist glücklich. Ist sie glücklicher, wenn ich nicht da bin? Vielleicht will sie mich gar nicht hier haben, weil ich sie an Dad erinnere, sobald ich den Mund öffne. Ich sehe auch so aus wie Dad. Alle haben das immer gesagt.
    Wenn Dad doch nur hier wäre.
    Während ich das denke, meldet sich zum ersten Mal eine leise, monotone Stimme zu Wort: Vielleicht haben sie Recht und du irrst dich. Vielleicht kommt er nie mehr zurück.
    In meinem Kopf sammeln sich die trostlosesten Gedanken. Ich fühle mich müde und einsam und weiß nicht, was ich dagegen tun soll. Wenn mir doch nur jemand helfen könnte. Doch

Weitere Kostenlose Bücher