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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Gezeitenwechsel eigentlich anders als vorher ?« Ihn scheint das wirklich zu interessieren, doch ich antworte ihm nicht, sondern lausche aufmerksam. Das Brüllen des Meeres füllt meine Ohren. Conor versucht, Roger abzulenken.
    »Ich würde gern tauchen lernen«, sagt er, indem er ihm in die Augen blickt.

    »Ist doch gar nicht wahr!«, bricht es aus mir heraus.
    »Woher willst du das wissen, Saph?«
    »Dann brauchst du einen guten Tauchlehrer«, sagt Roger. »Wie alt bist du jetzt?«
    »Dreizehn.«
    »Wenn du es ernst meinst, dann will ich sehen, was ich für dich tun kann. Ich würde erst mal einen einwöchigen Anfängerkurs vorschlagen.«
    »Ich meine es ernst«, sagt Conor. »Ich würde es wirklich gern lernen.«
    »Aber das ist doch gefährlich«, sagt Mum. »Nicht wahr, Roger?«
    »Nicht gefährlicher als andere Dinge auch. Wenn man die Regeln befolgt, seinen gesunden Menschenverstand benutzt und keine unnötigen Risiken eingeht, kann eigentlich nichts passieren.«
    Die Regeln befolgt … seinen gesunden Menschenverstand benutzt … keine unnötigen Risiken eingeht. Ohne dass ich es gleich bemerkt habe, ist das Brüllen des Meeres verklungen.
    »Aber wie soll man Entdeckungen machen, wenn man nie etwas riskiert?«, frage ich.
    Roger denkt einen Moment nach. »Da ist etwas Wahres dran. Aber man fängt ja nicht damit an, dass man Risiken eingeht. Gerade am Anfang tut man alles, um sie zu minimieren. Du musst immer wissen, was du tust, Schritt für Schritt, und dir den Respekt vor der Gewalt des Meeres bewahren. Man darf nie vergessen, dass man sich dort unten in einer anderen Welt befindet. Einer fremdartigen Welt. Du wirst verstehen, was ich meine, Conor, wenn du deinen ersten Tauchgang machst.«

    »Das muss wunderschön sein«, sage ich.
    »Das ist es«, bestätigt Roger. »Es ist eine eigene Welt mit ganz besonderen Lichtverhältnissen. Wenn eine Wurzelmundqualle an dir vorbeischwimmt oder ein Hai … Ich kann euch sagen, das sind unglaubliche Momente. Wusstet ihr, dass es in diesen Gewässern Riesenhaie gibt?«
    »Ja.«
    »Und ganze Wälder aus Seetang. Es ist wirklich eine vollkommen andere Welt. Man muss das Meer respektieren. Wir gehören dort nicht hin. Sobald du das vergisst, hast du ein großes Problem.«
    Und dennoch spioniert ihr in Indigo , sagt eine Stimme in meinem Kopf. Die Mer wollen euch da nicht. Was ist so respektvoll daran, in eine Welt vorzudringen, in der man nicht willkommen ist?
    Doch nichts davon sage ich laut. Stattdessen nicke ich und sage: »Ja, vielleicht.«
    »Roger wird sich mit seinem Boot in der Bucht aufhalten und dort tauchen«, sagt Mum. Obwohl sie das Meer hasst, scheint sie sich keine Sorgen um ihn zu machen.
    Aber sie hat sich ständig Sorgen gemacht, wenn Dad auf See war, auch wenn sie uns das nicht zeigen wollte. Erst wenn er wieder zu Hause und die Tür geschlossen war, wenn das Feuer brannte oder wenn draußen solch ein heftiger Sturm tobte, dass niemand daran dachte, mit dem Boot hinauszufahren, dann war Mum glücklich und entspannt.
    »Wir wollen erst mal die Gegend erkunden«, fügt Roger rasch hinzu. Doch ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm glaube. Ich wittere Gefahr. Er vermutet sicher, dass es in dieser Gegend lohnende Objekte für einen Taucher gibt:
Wracks, Schätze – Dinge, die Indigo entrissen und an die Luft gezerrt werden sollen. Die den Mer weggenommen werden. Kostbarkeiten, die Roger entdecken will, ehe ihm jemand zuvorkommt.
    »Wonach halten Sie Ausschau?«, fragt Conor.
    »Das weiß ich erst, wenn ich mich ein wenig umgesehen habe«, antwortet er ausweichend. Er lässt seinen Blick um den Tisch wandern. »Ich wäre euch also sehr dankbar, wenn ihr erst mal nichts darüber erzählen würdet. Ich will nicht, dass mir andere Taucher in die Quere kommen.«
    »Wir sollen also unseren Schulkameraden und den Freunden hier in der Nachbarschaft nichts sagen?«, frage ich.
    »Genau. Zumindest vorerst nicht.«
    »Ich werde nichts verraten, versprochen!«, sage ich und lächele Roger zum ersten Mal an. Es ist ein breites, warmherziges Lächeln, das ihn in Sicherheit wiegen soll. Mum wirft mir einen dankbaren Blick zu. Ich weiß genau, was sie jetzt denkt. Gott sei Dank, vielleicht mag Sapphy ihn ja doch ein wenig.
    »Möchtest du noch einen Schenkel, Roger?«, fragt sie.
     
    »Du wirst ihnen nichts von Roger erzählen!«, zischt Conor, als wir zusammen abwaschen.
    Ich reiße meine Augen weit auf. »Natürlich nicht. Das hab ich doch versprochen.«
    »Du weißt,

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