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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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was die Leute in dieser Gegend tun, wenn sie schwer wiegende Probleme haben.
    Zu meinem Erstaunen ist Conor sofort einverstanden.
»Gute Idee, Saph. Das machen wir. Dass ich nicht selbst darauf gekommen bin.«
    »Du meinst, wir sollten gleich zu ihr gehen?«
    »Ja, warum nicht? Lass uns aufbrechen, sobald Mum zur Arbeit gefahren ist.«

    Mum ist in ihrem Schlafzimmer, bürstet sich die Haare und bindet sie für die Arbeit zu einem glatten Knoten zusammen. Sie lächelt mein Spiegelbild an.
    »Da bist du ja. Als ich vorhin nach dir geschaut habe, hast du noch tief und fest geschlafen. Du siehst übrigens schon viel besser aus. Roger hat mir erzählt, dass ihr euch gestern in der Küche gut unterhalten habt.«
    »Ja.«
    »Das ist schön. Er hält dich für ein sehr aufgewecktes Mädchen. Da sollte er mal deine Schulzeugnisse sehen! Jedes Mal derselbe Satz: ›Sapphire ist intelligent, aber sie könnte sich mehr Mühe geben.‹«
    »Du hast ihm doch wohl nicht von meinen Zeugnissen erzählt? «
    »Natürlich nicht. Ich bin zu nett, das ist mein Fehler. Aber Mr Carthew sagt immer, dass du viel mehr aus deinen Begabungen machen müsstest. Du könntest so gut sein, Sapphy, wenn du dir mehr Mühe geben würdest. Du könntest studieren, einen spannenden Beruf ergreifen, von hier fortgehen …«
    »Ich will aber nicht von hier fortgehen.«
    Mum legt seufzend die Bürste hin. »Ich weiß, dass du am liebsten für den Rest deines Lebens in der Bucht schwimmen und mit Conor durch die Gegend streifen würdest. Ich werfe dir das nicht vor, ich war früher genauso. Deswegen
bin ich auch durch alle Prüfungen gerasselt, ohne dass es mir etwas ausgemacht hätte. Aber ich will nicht, dass du später mal genauso endest wie ich, Sapphy, am Ende des Abends die Trinkgelder zusammenzählst und hoffst, dass du auch die nächste Stromrechnung bezahlen kannst.«
    »Ich dachte, du arbeitest gern im Restaurant?«
    »Es ist schon in Ordnung. Aber du sollst mehr erreichen als ich, ein anderes Leben führen. Alle wollen, dass es ihre Kinder mal besser haben als sie selbst, das ist doch selbstverständlich. «
    Ob das bei den Mer auch so ist?, frage ich mich und hoffe, dass mir dieser Gedanke nicht ins Gesicht geschrieben steht.
    »Um Conor mache ich mir keine Sorgen«, fährt sie fort. »Der arbeitet hart und weiß, was er will. Aber du bist so verträumt, Sapphy. Manchmal… manchmal möchte ich dich durchschütteln, um dich zur Vernunft zu bringen.«
    Mum lacht und ich lache auch.
    »Roger ist ein guter Kerl«, sagt sie plötzlich. »Und ich will doch nur das Beste für dich und Con.«
    »Das hört sich ja so an, als wolltest du ihn heiraten.«
    Mum steigt die Röte ins Gesicht.
    »Wer hat denn was von Heiraten gesagt?«, fragt sie. »Wir haben uns doch gerade erst kennen gelernt. Ich möchte nur, dass du Roger eine faire Chance gibst. Er hätte gern ein gutes Verhältnis zu dir, wenn du es zulässt.«
    Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, und ich habe auch keine Lust, über Roger zu reden. »Warum glänzen deine Haare viel mehr als meine, Mum?«
    »Weil ich sie regelmäßig durchbürste«, antwortet sie.

    »Ich hab dich so oft gefragt, ob wir mal wieder eine Hennakur machen können, aber du hast ja nie Zeit.«
    »Das werden wir bald, ich verspreche es dir. Aber jetzt hör auf, an meinen Haaren rumzufummeln, und lass mich weitermachen. Ich muss gleich los. Herrgott, diese Ferien nehmen einfach kein Ende. Was werde ich froh sein, wenn ihr wieder in der Schule seid und ich mir nicht mehr den ganzen Tag Sorgen um euch zu machen brauche. Tu mir den Gefallen, Sapphy, und geh nicht alleine weg. Unternimm etwas mit Conor.«
    »Ist gut, Mum. Aber… glaubst du eigentlich …«
    »Ja?«
    »Glaubst du, dass man Stimmen hören kann … die es gar nicht gibt?«
    »Was für Stimmen?«
    »Nun, zum Beispiel eine unbekannte Stimme, die deinen Namen ruft.«
    Sie nimmt meinen Kopf in beide Hände. Ihre Finger sind sanft und kühl. »Ich glaube, es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als wir uns vorstellen können. Ich hab dir doch mal erzählt, dass ich im Landesinneren in Plymouth gearbeitet habe, als meine Mutter starb.«
    »Ja.«
    »Niemand hatte mit ihrem Tod gerechnet. Sie hatte eine Infektion und nahm Antibiotika. Eigentlich war sie schon über den Berg, aber dann hat sie eine Lungenembolie bekommen und ist um drei Uhr morgens gestorben. Um vier hat Dad mich angerufen.«
    Ich weiß nicht, was eine Lungenembolie ist, aber ich will jetzt lieber

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