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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Gedanken beiseite, dass sich die Mer ständig Dinge zu erzählen scheinen, die sie bereits wissen. Faro macht ein ernstes Gesicht.
    Zustimmendes Gemurmel ist zu hören. Plötzlich verlässt ein breitschultriger Mann die erste Reihe und schwimmt zum Sprechstein. Ervys und er werfen sich herausfordernde Blicke zu. Dann wendet er sich an Faro.
    »Du bist Saldowrs scolhyk «, sagt er. »Sein Schüler. Und mehr als das. Du bist sein Nachfolger. Zwar nicht sein leiblicher Sohn, doch in jeder anderen Hinsicht sein Erbe.« Er lässt seinen Blick über die Versammlung schweifen. »Sage ich die Wahrheit?«
    Die Reihen der Mer wiegen sich hin und her, als würden sie von einer plötzlichen Strömung erfasst. Viele ballen die Fäuste und strecken sie dem Redner entgegen, als wollten sie ihm ihre Unterstützung anbieten. Andere hingegen haben mürrisch die Arme verschränkt und sich zurückgelehnt. Ervys’ Gefolgsleute , denke ich.
    »Du sagst die Wahrheit, Karrek«, antwortet Faro ruhig. »Ich bin Saldowrs holyer und sein scolhyk . Ihr wisst alle, wie es um Saldowr steht. Er kann seine Höhle nicht verlassen. Seine Wunde will sich einfach nicht schließen.«
    »Ich habe Saldowr zwar nicht besucht, aber mir ist davon berichtet worden«, sagt Ervys, als Karrek zu seinem Platz zurückschwimmt. »Doch sag uns, Faro«, fährt er mit sanfter, doch drängender Stimme fort, »ob es noch etwas anderes gibt, das wir wissen sollten. Hat sich Saldowrs Zustand verschlechtert? Gerüchten zufolge bereitet er sich bereits auf seine Reise nach Limina vor.«
    »Nein!«, schreit Faro. »Niemals, Ervys! Niemals!«
    Ervys wartet, bis Faros Schrei in dem riesigen Hohlraum verklungen ist. Limina … dort gehen die Mer hin, um zu sterben. Faro hat mich einst an diesen Ort geführt, und ich erinnere mich noch genau daran, wie die Alten und Schwachen wartend im weißen Sand lagen, während sie von einer Seehundpatrouille bewacht wurden. Damals hat er mir erzählt, dass sie auf den Tod warten. Limina ist ein äußerst friedlicher Ort. In gewisser Weise ist er sogar schön, wenngleich er sich auf der anderen Seite des Lebens befindet. Hat ein Mer einmal die Grenze dorthin überschritten, gibt es kein Zurück mehr.
    Saldowr darf nicht dorthin gehen! Er ist im Besitz der Geheimnisse von Vergangenheit und Zukunft. Was würde mit Indigo geschehen, wenn er nicht mehr da wäre? Was denkt sich Ervys, auch nur die Möglichkeit anzudeuten, Saldowr könne sich auf seine Reise nach Limina vorbereiten?
    »Jeder geht irgendwann nach Limina«, sagt Ervys, als hätte er meine Gedanken gelesen. Seine Stimme ist ruhig, doch seine Worte klirren wie Schwerter. Welche Botschaft will er mir vermitteln? Dass Saldowr doch nichts Besonderes ist, sondern ein Mer wie alle anderen? Aber das ist nicht wahr. Ich spüre mit jeder Faser meines Körpers, dass es nicht wahr ist. Saldowr hat eine enorme Kraft – eine Magie, auf die Indigo angewiesen ist.
    »Saldowr ist der Hüter des Gezeitenknotens«, entgegnet Faro kühn, als wäre damit alles gesagt. Doch selbst ich weiß, dass dies in Zeiten wie diesen, da der Gezeitenknoten sich gelöst hat, nicht ausreicht.
    Und natürlich erwidert Ervys auf der Stelle: »Aber der Gezeitenknoten hat nicht gehalten. Ist Saldowr noch in der Lage, uns zu helfen?«
    Faros Gesicht ist dunkel vor Wut. »Und wer sollte seinen Platz einnehmen, Ervys?« Faros Frage schneidet durch den Raum wie eine offene Klinge. Unter den Mer macht sich Unruhe breit. Ervys streckt seine Hand in die Luft.
    »Wir sind nicht hier, um über Saldowr zu diskutieren«, sagt er. An seinen Worten gibt es nichts zu beanstanden, aber dahinter versteckt sich eine weitere Kampfansage. Ervys deutet an, dass Saldowr entbehrlich ist. Dass er seine Kraft verloren hat und Entscheidungen von nun an ohne ihn getroffen werden können.
    »Warum sind wir also hier?«, frage ich. Ervys und Faro schauen mich überrascht an. Als hätten sie vergessen, dass ich auch noch da bin. »Warum sind wir hier?«
    Ervys verschränkt seine Arme.
    »Wir sind hier, weil der Krake erwacht ist«, antwortet er. Erneut heben die Mer in den verschiedenen Reihen ihre Hände. Doch diesmal überkreuzen sie die Finger, so wie es Faro angesichts der Klauenkreatur getan hatte. Sie legen die Finger an die Stirn und verbergen mit den Händen ihre Gesichter.
    »Heb deine Hände, Sapphire«, fordert Faro mich auf. »Auch du musst das Böse abwehren.«
    Ganz langsam hebe ich meine Arme, doch es fühlt sich nicht richtig an.

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