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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Saldowr.
    Conors Gesichtsfarbe wird dunkler, dennoch sagt er mit fester Stimme: »Wenn du willst, kannst du es Handel nennen. Ich nenne es Fairness.«
    Saldowr sieht ein wenig amüsiert aus. »Manchmal habt ihr wirklich sehr menschliche Eigenschaften«, bemerkt er. »Aber denkt sorgfältig darüber nach, was ihr begehrt. Vielleicht müsst ihr eines Tages damit leben, euren Willen bekommen zu haben.«
    Warum spricht Saldowr in Rätseln? , denke ich mürrisch. Warum kann er nicht einfach mit Ja oder Nein antworten? Wir wissen, was wir wollen: Dad, der sich an einem warmen Abend um den Garten kümmert, zum Pub schlendert oder uns in der Peggy Gordon mitnimmt. Vielleicht nicht gerade in der Peggy Gordon , denn die existiert ja nicht mehr, aber es tut’s auch jedes andere Boot. Dann wäre alles, was nach seinem Verschwinden passierte, nur ein böser Traum gewesen. Unsere Familie wäre wieder vereint.
    Roger will euch ein Boot besorgen. Was ist damit und was geschieht mit Roger, wenn eure Familie »wieder vereint« wäre?, fragt eine unliebsame Stimme in meinem Kopf. Außerdem müssen alle Erinnerungen an Elvira aus Conors Kopf verschwinden. Und was ist mit Faro? Willst du Faro für immer verlieren? Das wäre vielleicht auch eine Folge des Handels.
    Aber ich höre der Stimme nicht weiter zu. Über all diese Dinge kann ich auch später noch nachdenken. Dass Faro sich so lautstark einmischt, gefällt mir nicht. Ich werde meine Meinung schon nicht ändern. Wenn Dad sein Vater wäre, würde er mich verstehen.
    Wie düster es in der Höhle geworden ist. Vielleicht hat die Dämmerung bereits eingesetzt. In Indigo vergeht die Zeit zehnmal schneller als in der Menschenwelt. »Conor«, flüstere ich. »Wir müssen uns beeilen. Es wird schon dunkel.«
    Plötzlich hebt Saldowr mühsam seinen Kopf und blickt an uns vorbei zum Eingang der Höhle. »Wir haben Besuch«, sagt er.
    Mit einem Mal wird es stockdunkel. Ich kann kaum noch Saldowrs Gesichtszüge erkennen. Als ich zum Eingang hinübersehe, wird mir klar, was die plötzliche Dunkelheit verursacht. Ein riesiger Körper hat sich vor die Öffnung geschoben.
    Für einen kurzen schrecklichen Moment denke ich, es ist der Krake. Aber das ist unmöglich. Der Krake verlässt die Tiefe nicht. Vielleicht haben Ervys und seine Leute große Steine vor die Öffnung gerollt, damit wir nicht mehr aus der Höhle herauskommen.
    Sei nicht blöd, Sapphire. Warum sollten sie das tun? Ervys will nicht, dass du in der Höhle gefangen bist, sondern dass du in die Tiefe schwimmst.
    »Was ist das, Sapphire?«, fragt Conor eindringlich.
    »Eine Freundin von Sapphire ist zu Besuch gekommen«, sagt Saldowr mit auffallend gut gelaunter Stimme. »Niemand ihrer Art ist je in den Wäldern von Aleph gewesen. Allerdings ist sie ein bisschen zu groß, um in die Höhle zu kommen. Sie möchte dich sehen, Sapphire. Nein, nicht euch andere. Ihr müsst hierbleiben. Schwimm hinaus, Sapphire. Sie wartet auf dich.«
    Mein Herz macht vor Freude einen Sprung. Bei dieser Größe kann es nur sie sein. Ist das wirklich möglich? Ich hechte an Faro und Conor vorbei und gleite hinaus.
    Ihre Flanken sind wie ein schroffer Fels. Es ist ein gewaltiger Körper, geschaffen für ein Leben in der Tiefe. Ihr rechtes Auge blickt von hoch oben auf mich herab. Es ist voller Stolz und Wiedersehensfreude.
    »Wal! Mein lieber Wal!«
    »Hallo, kleiner Nacktfuß.« Ihre Stimme dröhnt durch das Wasser, und obwohl sie sich kaum bewegt, wird der Sand des Meeresgrunds von ihrem Druck aufgewirbelt.
    »Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
    Als ich neben ihr nach oben steige, komme ich mir vor wie ein Bergsteiger. Ihre Haut ist rissig und zerfurcht wie die eines Elefanten. Würde ich sie nicht persönlich kennen, hätte ich sicherlich Angst vor ihr. Sie ist so ungeheuer massig. Mit einem einzigen Schlag ihrer Schwanzflosse könnte sie ein Fischerboot zu Kleinholz machen …
    Aber das würde sie nicht tun. Dafür ist sie diejenige, die gejagt und getötet würde, wenn es nach den Walfängern ginge. Sie müsste die Menschen hassen, doch sie hat mir geholfen.
    »Ah, da bist du ja«, dröhnt der Wal gutmütig. »Du bist zwar nicht größer als ein Sandkorn, aber jedenfalls hat deine Mutter dir Manieren beigebracht. Nähere dich einem Wal nie von hinten, das ist der falsche Weg. Das macht uns nervös. Äh, wo steckst du eigentlich, kleiner Nacktfuß?«
    »Ich bin unter deinem Kinn.«
    »Ja, das ist ein guter Weg. Sag mal, kannst du nicht ein bisschen

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