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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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silbriges Licht, das kalt, aber wunderschön ist.
    Während meiner kurzen Abwesenheit hat sich hier alles verändert. Saldowr liegt nicht mehr, sondern sitzt aufrecht, ein paar Kissen aus gewebtem Seegras in seinem Rücken. Ein Mädchen mit langen Haaren beugt sich über ihn und pflegt vorsichtig seine Schulter. Elvira. Conor sieht mich nicht, weil er nur noch Augen für sie hat. Faro hält eine Korallentasse an Saldowrs Lippen. Ein leises Lachen dringt zu mir herüber.
    Ich spüre einen Anflug von Empörung. Offenbar verbringen hier alle eine schöne Zeit miteinander, während ich mich darauf vorbereite, dem Monster die Stirn zu bieten. Wenn man Conor so ansieht, sollte man nicht glauben, dass es noch irgendetwas anderes auf der Welt gibt als Elvira. Wie ist sie hierher gekommen? Sie muss durch den Spalt zwischen dem Wal und der Höhle geschwommen sein. Es reicht ihr offenbar nicht, ihm den Talisman gegeben zu haben, jetzt will sie Conor auch noch überallhin begleiten.
    Ich will, dass Elvira meinen Bruder in Ruhe lässt. Ich bin zwar nicht eifersüchtig – natürlich nicht, aber sie ist Mellina zu ähnlich. Ich will nicht, dass mir auch noch mein Bruder gestohlen wird.
    »Oh, hallo, Elvira«, sage ich beiläufig, als ich zu Saldowrs Lager schwimme. »Ich hatte dich vorher noch gar nicht gesehen. Was machst du hier?«
    »Sie versorgt Saldowrs Wunde«, antwortet Conor, ohne den Blick von Elvira abzuwenden. »Sie macht einen Wickel, um die Entzündung herauszuziehen.«
    Interessiert es ihn nicht einmal, wo ich gewesen bin? Mir hätte ja auch etwas zustoßen können. Aber er scheint sich überhaupt keine Gedanken darüber zu machen, was vor Saldowrs Höhle passiert ist. Hauptsache, Elvira ist bei ihm.
    Früher mochte ich sie, aber das war, bevor ich begriffen habe, worum es ihr wirklich geht. In der Nacht der Flut hat sie sich als Freundin erwiesen und mir geholfen, als ich mein Bein beim Zusammenprall mit der Wand verletzt hatte. Doch inzwischen weiß ich, dass sie ausschließlich an Conor interessiert ist.
    Der Talisman hat mir die Augen geöffnet. Eigentlich komisch, dass Elvira nicht gleich einen Schriftzug eingraviert hat: ICH WILL, DASS CONOR NACH INDIGO KOMMT UND EIN MER WIRD, GENAU WIE SEIN VATER.
    Aber das wird nicht geschehen, Elvira. Hübsch zu sein und allen zu helfen und Conor das Gefühl zu geben, dass er die fantastischste Person des Universums ist, reicht nicht aus. Conor wird Mum niemals so verletzen wie Dad es getan hat. Außerdem liebt er die Menschenwelt einfach zu sehr, als dass er sie verlassen könnte. Da sind alle seine Freunde, das Surfen, seine Musik …
    Doch auch Dad hatte so vieles, das ihn mit der Menschenwelt verband. Mum und uns, die Peggy Gordon , seine Arbeit, all die Einwohner unseres Dorfes, die ihn ihr Leben lang kannten. Und allem hat er den Rücken gekehrt.
    Conor schaut Elvira bewundernd zu, während sie mit federleichten Fingern etwas auf Saldowrs Wunde streicht.
    »Ach, natürlich, Elivra ist ja eine Heilerin«, sage ich schnippisch. Die dunkelgrüne Paste, die sie aufgetragen hat, sieht eher nach Gift als nach einem Heilmittel aus. Darauf legt sie ein Päckchen aus Meeresmoos, bevor sie die Schulter fachmännisch verbindet. Widerwillig muss ich einräumen, dass sie offensichtlich weiß, was sie tut.
    Als Elvira fertig ist, stößt Saldowr ein Seufzen aus, lehnt sich zurück und dankt ihr.
    »Du hast gute Hände, Elvira«, lobt er sie. »Wenn du fleißig bist, kann eines Tages eine große Heilerin aus dir werden.«
    Ich unterdrücke ein Lächeln, weil es mich so an das erinnert, was Mum stets zu mir sagt: dass ich mal Karriere machen könnte, falls ich fleißig bin und später die Uni besuche. Erwachsene sind doch überall gleich.
    Aber es gibt nichts zu lächeln, sage ich mir streng. Elvira und ihre wunderbaren Hände können mir völlig egal sein. Elvira blickt auf und entgegnet mit nervtötender Bescheidenheit: »Ich weiß, dass ich noch viel lernen muss.«
    Allerdings , denke ich, zum Beispiel, dass du dich geschnitten hast, wenn die glaubst, mein Bruder gehöre zu dir.
    »Wollt ihr nicht wissen, wo ich gewesen bin?«, frage ich in die Runde und bereue es sofort. Ich höre mich an wie ein beleidigtes kleines Kind, das die ganze Zeit in seinem Versteck gewartet hat, obwohl die anderen längst etwas anderes spielen. Ich beiße mir auf die Lippen. Sollen sie doch fragen, wenn es sie interessiert.
    Conors Augen reißen sich von Elvira los und schauen mich so verklärt an, als

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