Nixenjagd
und säubern, das Frühstücks-Buffet auftragen und nachfüllen, die Pflanzen gießen, nachmittags in der Küche bei den Vorbereitungen helfen, abends kellnern. Genieße die Sonne und das warme Meer schrieb er und erneut bekam Franziska ein schlechtes Gewissen. Zu Hause dehnten sich die Tage erst recht in die Länge. Der einzige Lichtblick war Bruno, der für die Zeit von Tante Lydias Sommerurlaub ihr Feriengast war. So verbrachten sie und der Hund die Tage unter dem Apfelbaum im Garten, Bruno dösend, Franziska lesend. In der vierten Ferienwoche kam Oliver zurück – die Haut gebräunt, das Haar noch blonder von der Sonne Südenglands. Seine Eltern hatten ihm einen Feriensprachkurs verordnet. Nachdem er zuerst gemeckert hatte, schien es ihm nachträglich gut gefallen zu haben. »Tolle Frauen kennengelernt«, behauptete er. Sie standen vor den Kassenautomaten des Schwimmbads, kramten nach Kleingeld. Vom Parkplatz her näherten sich Alexandra und ihre Mutter. »Tag, Alexandra«, grüßte Franziska. »Hi«, sagte Alexandra und ihr Gesicht war ausdruckslos wie ein Teller. Sie warf das vorbereitete Eintrittsgeld ein. »Guten Tag«, sagte Franziska zu Pauls Mutter. Zum ersten Mal sah sie die Frau aus der Nähe. Die Proportionen ihres Gesichts ähnelten Pauls, auch hatte sie die gleichen blauen Augen, aber nicht Pauls kräftige Locken. Ihr Haar war dunkelblond und dünn, wie das von Alexandra. »Ich bin Franziska Saalberg. Das ist Oliver Thate.« Oliver grüßte knapp. Er hatte die passenden Münzen gefunden und widmete sich dem Automaten. »Guten Tag«, sagte Frau Römer. Dass Franziska sie begrüßte, schien sie zu erstaunen. Sie warf Alexandra einen fragenden Blick zu, woraufhin diese mit einer Stimme, als koste sie jedes Wort Überwindung, erklärte: »Die zwei gehen in Pauls Klasse.« Frau Römer nahm die Auskunft unbewegt zur Kenntnis und zog nun ebenfalls ihre Eintrittskarte. Franziska hörte, wie sie zu ihrer Tochter sagte: »Du kannst dich gerne deinen Freunden anschließen. Ich komme auch alleine zurecht.« »Das sind nicht meine Freunde«, kam es scharf zurück. Achselzuckend folgte Frau Römer ihrer Tochter, die rasch durch das Drehkreuz schlüpfte. »Franziska, worauf wartest du?«, fragte Oliver, denn Franziska stand noch immer regungslos vor dem Automaten. Eine seltsame Begegnung, fand sie und murmelte: »Ich komme schon.« Im Schwimmbad hatte sich eine Clique aus den höheren Klassen versammelt, darunter Robert, der sich in aufreizender Weise mit Silke auf der Decke herumwälzte. Franziska ging sofort ins Wasser. Oliver folgte ihr unaufgefordert. Franziska schwamm tausend Meter Brust in vierundzwanzig Minuten. Oliver hielt sich die ganze Zeit neben ihr, aber auf den letzten Bahnen musste er beweisen, dass er noch Reserven hatte, und hängte sie um eine halbe Bahn ab. Grinsend saß er auf der Bank neben dem Becken und ließ sich an der Sonne trocknen, als Franziska aus dem Wasser stieg. Sie duschte, wickelte sich in ihr Handtuch und setzte sich nebe n ihn. Sie war noch immer ein wenig außer Atem . »Das war gut«, lobte sie. »Ich muss wieder mehr trainieren. « »Du bist jetzt die Klassenbeste bei den Mädchen«, sagte Oliver , und das unausgesprochene wo Katrin nicht mehr da ist hing i n der Luft . »Ich wollte dich was fragen«, begann Franziska vorsichtig . »Aber sei nicht gleich sauer, wenn’s nicht stimmt. « »Wenn was nicht stimmt? « »Diese Zeichnungen am letzten Schultag an der Klotür – has t du die gesehen? « Oliver betrachtete intensiv seinen großen Zeh und nickte dabei . »Mhmm. « »Warst du das? « Jetzt hob er den Kopf und sah Franziska offen ins Gesicht . »Sag, spinnst du? « »Ich frag ja nur. « »Ich höre es. Und ich frag dich, ob du noch bei Trost bist, mir s o was Saublödes zuzutrauen! « Er sprang wütend auf . »Oliver, setz dich hin, bitte. Es tut mir leid«, sagte Franziska, di e ihm in diesem Moment wirklich glaubte. »Aber wer war es dann? « Oliver setzte sich wieder hin. Er schnaubte noch ein paar Ma l vor Empörung wie ein Pferd, dann wiederholte Franziska ihr e Frage: »Wer war es dann, was meinst du? « »Weiß ich doch nicht. Bin ich ein Detektiv? « »Hätte ja sein können, dass du was beobachtet hast. Oder das s sich wer damit gebrüstet hat – so unter Männern. « »Es könnte doch genauso gut eine von den Tussen gewese n sein, die in letzter Zeit alle für deinen neuen Freund schwärmen«, meinte Oliver .
»Paul ist nicht mein Freund«, protestierte
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