Nixenjagd
auszubügeln«, knurrte Petra. »Wieso Versäumnisse?«, fragte Daniel und zog in einer instinktiven Bewegung den Kopf ein. »Das erkläre ich dir unterwegs. Wir fahren nach Braunschweig.« »Was soll ich da? Was ist mit der Teamsitzung?« »Wir sind entschuldigt. Lamprecht weiß Bescheid.« Petra raffte die Papiere zusammen und stopfte sie in eine große schwarze Aktentasche. »Kann ich nicht noch schnell einen Kaffee...« »Nein.« Sie drückte Daniel die Aktentasche in die Arme und rauschte aus der Tür. Daniel hastete ihr nach. »Der Tag fängt ja prächtig an«, murmelte er vor sich hin.
2 7
Eine Nacht voller verstörender Träume lag hinter ihr . Um halb acht war Franziska hellwach. Dennoch fühlte sie sic h nicht ausgeruht. Sie ging in die Küche, wo ihre Mutter gerad e frühstückte und dabei, wie immer, die Zeitung las. Bruno sa ß vor dem Tisch und ließ Fraukes Müsli-Schale nicht aus den Augen . »Du? So früh? Hast du was vor? « »Nein«, sagte Franziska und strich Bruno über den Kopf. »Morgen, Bruno!« Bruno hatte nur ein kurzes Schwanzwedeln fü r Franziska übrig. Zwei dünne Fäden zogen sich von seinen Lefzen bis auf den Küchenboden . »Gierschlund! Bettelnase! « Das Telefon läutete . »Geh du ran, ich bin nicht da.« Ihre Mutter ließ sich beim Zeitunglesen nur ungern stören . »Hallo, ich bin’s, Paul. « Seine Stimme! Sie hatte ganz vergessen, was für eine Wahnsinns-Stimme er hatte . »Hallo. « »Was gibt es so Dringendes? « Dummerweise hatte Franziska den Anruf auf dem Apparat, de r fest im Flur verankert war, angenommen. In der Küche würd e man jedes Wort verstehen . »Kannst du mich gleich noch mal auf meinem Handy anrufen?«, bat Franziska leise . »Wenn du mir die Nummer gibst. « »Die hab ich dir doch gemailt. « »Tatsächlich?«, kam es verwundert . »Ja, vor einer knappen Woche. « Verdammt, das hätte nicht so vorwurfsvoll klingen sollen .
»Komisch«, murmelte Paul. »Die Mail muss ich verschlampt haben.« Verschlampt? Er verschlampte ihre Mails!? Sie nannte Paul die Nummer und der versprach, gleich wieder anzurufen. Franziska hetzte die Treppe hinauf, in ihr Zimmer, wo sie sich mit dem Handy aufs Bett setzte. Tatsächlich klingelte es kurz darauf. »Ich war unten, meine Mutter konnte jedes Wort mithören«, erklärte sie. »Haben wir Geheimnisse?«, fragte er und das »wir« zerging wie Karamell in ihren Ohren. Doch dann besann sie sich auf den Anlass des Gesprächs. »Gestern war diese Kommissarin im Schwimmbad. Ich war mit einigen von der Klasse zusammen da...«Sie zählte umständlich die Namen auf, als ginge es darum, Zeit zu schinden. »Sie hat von uns wissen wollen, ob wir tauchen können.« »Das hat sie mich auch schon gefragt«, antwortete Paul gelassen. »Ich habe Nein gesagt.« »Das war noch nicht alles«, fuhr Franziska fort. Allerdings schwindelte sie nun ein bisschen: »Sie hat was von einem Mädchen gesagt, das an deiner früheren Schule war. Sie soll mit dem Rad tödlich verunglückt sein.« Franziska wusste selbst nicht, warum sie ihm nichts von Olivers Verrat sagte. Empfand sie eine gewisse Loyalität ihm gegenüber, aufgrund ihrer jahrelangen Freundschaft? Sie wartetet, ob Paul etwas dazu sagen würde. Aber der schwieg. Nervös und verunsichert fügte Franziska hinzu: »Ich dachte, es ist besser, du weißt Bescheid, falls die Polizei dich anruft.« Wieder blieb es ein paar Sekunden still, dann fragte Paul: »Und was denkst du darüber?« »Nichts. Ich weiß doch gar nichts über die Sache in Braunschweig.« Sie hoffte auf eine Erklärung, aber Paul sagte nur schlicht : »Danke. « »Was war mit dem Mädchen? « »Ich muss jetzt aufhören. Mein Onkel guckt schon ganz sauer . Mach’s gut. « »Können wir...? « Franziska brach ab und starrte den Hörer an, aus dem ein monontones Geräusch drang .
2 8
Eine Stunde später wurden sie von Hauptkommissa r Volker Baumann mit Kaffee und Keksen in dessen Büro empfangen . »Ich habe die gesamten Akten hier.« Baumann öffnete den Deckel eines Ordners. Gleich auf der ersten Seite war das Bild eines jungen Mädchens. Schmales Gesicht, große, ausdrucksvoll e Augen. Hübsch, dachte Petra. Mehr Klasse als Katrin. Aber di e war ja auch nur ein Abenteuer, wenn man den Angaben vo n Paul Römer glauben durfte . »Vielleicht erkläre ich Ihnen kurz die wichtigsten Fakten«, begann Baumann . Petra nickte, sie hatte den Mund voll Butterkeks. Ihr Mage n hatte die ganze Fahrt über geknurrt . »Solveig Koller war
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