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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
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soll die ganze Nacht brennen. Bevor Granny Carne zu Bett geht, stochert sie mit einem eisernen Schürhaken im Feuer. Als sie damit fertig ist, glüht seine Spitze. Ich bin ihr gern behilflich, die heiße Asche in den Eimer zu schaufeln. Sie sagt, Asche sei gut für die Erde. Wenn sie erkaltet ist, wird sie morgen über die Gemüsebeete gestreut. Granny Carne schichtet die Holzscheite und bedeckt sie mit einer dicken Schicht Kohle. Dann entzündet sie das Feuer und schließt die Lüftungsklappe an der Vorderseite.
    Plötzlich erinnere ich mich an etwas. »Wir hatten früher auch so einen Ofen, bevor Mum sich die Nachtspeicheröfen zulegte.«
    »Die hat früher jeder gehabt, bevor die Elektrizität kam.« Granny Carne spricht das Wort »Elektrizität« so aus, als sei sie gerade erst erfunden worden. »Bis heute gibt es hier oben keinen Strom, aber das macht mir nichts aus«, fährt sie fort. Sie hat die Öllampen angezündet. Ich mag das Licht, das sie spenden. Es ist ein warmes, gelbes Licht, das die weißen Wände mit Wärme erfüllt. Im Wohnraum benutzt sie Öllampen, im Obergeschoss Kerzen. »Zum Schlafen braucht man nicht viel Licht«, sagt sie.
    Das Haus riecht nach Kerzen und dem Rauch des Holzes, nach Paraffin und Stein. Die Ecken des Raumes liegen im Schatten. Dieser Ort macht mir nicht direkt Angst, doch er hat zu viel Macht, um gemütlich zu sein. Ich bin froh, dass Sadie auch hier ist. Sollte ich nachts aufwachen, werde ich ihren Atem hören, und wenn ich ihren Namen sage, wird sie sofort aufwachen.

    Granny Carne, die vor dem Ofen gekniet hat, richtet sich langsam auf. Sie murmelt etwas vor sich hin, das ich nicht verstehen kann.
    »So, jetzt wird es die ganze Nacht brennen«, sagt sie. »Verehre das Feuer und es wird dir stets zu Diensten sein.«
    »Geht Ihr Feuer niemals aus?«
    »Das gibt es schon genauso lange wie mich, mein Mädchen. Manchmal ist es ziemlich heruntergebrannt, aber es ist noch nie erloschen.«
    »Granny Carne?«, beginne ich zögernd. »Wie lange sind Sie schon … ich meine, wie viele Jahre …?«
    Sie sieht mich mit verschränkten Armen an. Ihre funkelnden Eulenaugen sehen amüsiert aus. Sie weiß genau, was ich wissen will, weil sich das jeder in Senara fragt. Wie alt ist Granny Carne? Wie lange lebt sie schon hier in ihrem Haus und empfängt die Einwohner des Dorfes, wenn diese nicht mehr weiterwissen? Jahre? Jahrzehnte? Gar Jahrhunderte?
    »Ich bin so alt wie meine Zunge und wenig älter als meine Zähne, Sapphire«, sagt sie. »Beantwortet das deine Frage?«
    »Nein«, antworte ich verwegen.
    »Du willst noch mehr wissen?«
    »Ja.«
    »Du bist ziemlich wissbegierig.« Der Ton klingt ein wenig schärfer. Und auch ihre Stimme hat sich verändert. Sie ist keine alte Frau und ich bin kein Kind mehr. Ich blicke ihr in die Augen. Die Augen der Menschen verändern sich nicht.
    Doch alles andere verändert sich. Während ich sie ansehe, glättet sich die faltige, braune Haut um ihre Augen und wird weich und sanft. Die Farbe kehrt in ihre grauen Haare zurück,
deren Knoten sich löst, sodass sie über ihre Schultern wallen. Langes, leuchtend braunes Haar – die Farbe der dunkelsten Erde –, in dem feuerrote Reflexe spielen. Ihre Lippen sind rot und voll. Ihr Körper ist so rank und schlank wie eine junge Birke.
    »Granny Carne«, flüstere ich, doch sie ist nicht mehr da. Die Lippen der jungen Frau teilen sich zu einem Lächeln, dann legt sie ihren Finger an den Mund, um mich zum Schweigen zu bringen. Diese Erdmagie ist zu stark für mich. Ich schließe meine Augen. Als ich sie wieder öffne, ist die junge Frau verschwunden, und Granny Carne steht vor mir.
    »Wo ist sie geblieben?«
    »Außer uns beiden ist niemand in diesem Raum, Sapphire. Ich habe dir nur gezeigt, dass Zeit nicht das ist, was du denkst.«
    »Aber wie können Sie zur selben Zeit alt und jung sein?«
    Granny Carne lächelt. »Das könntest du jeden mit grauen Haaren fragen. Frag doch mal Mrs Eagle, ob sie sich anders fühlt als mit achtzehn Jahren. Der Unterschied ist wirklich gering.«
    »Kennen Sie Mrs Eagle?«
    »Ich kannte Temperance Eagle schon als junges Mädchen. Temperance Pascoe hieß sie damals. Sie war kaum zu bändigen«, fährt Granny Carne nachdenklich fort. »Am Samstagabend hat ihr Vater immer ganz St. Pirans nach ihr abgesucht. Er rief, er würde sie züchtigen, wenn er sie zu fassen bekäme. Er war ein strenggläubiger Christ.«
    Doch ich lasse mich durch Geschichten aus Mrs Eagles Jugend nicht

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