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unter schweren Lasten schwitzen muß, dann am besten doch da, wo
man zwischendurch hübsche Wäsche zu Gesicht bekommt!
Ich ging wieder zurück zu Marc
Covet und goß mir ebenfalls was zu trinken ein.
Tja! Sie war abgereist. Ich
würde sie ganz sicher nie mehr wiedersehen. Never more, wie es in ihrer
Sprache heißt. Ihr Parfüm hing noch immer im Raum, aber bald würde auch das
verflogen sein. Ich hob resigniert die Schultern. Der Redakteur des Crépuscule sah mich mit seinen wässrigen Augen an. „Haben Sie ihr Angst eingejagt?“ fragte
er.
„Wem?“
„Was meinen Sie wohl, von wem
ich spreche? Von Miss Graisse Standford natürlich!“
„Grace“, verbesserte ich.
„Imitieren Sie bitte nicht auch noch diese verdammten Radioansager. Ich spreche
den Namen so aus, wie er geschrieben wird. Das hört sich... graziöser an.“
„Hm, stimmt.“
„Ich hab ihr keine Angst
eingejagt. Sie mußte ganz plötzlich zurück nach Hollywood.“
„Und jetzt sind Sie völlig
aufgeschmissen?“
„Allerdings.“
Ich leerte mein Glas und
befreite einen Sessel von Magazinen in allen Sprachen, von deren Titelseiten
mir Miss Grace Standford, der Weltstar, freundlich zulächelte. Dann setzte ich
mich, lockerte meine Krawatte und wischte mir den Schweiß ab.
„Sie sind nicht zufällig
verliebt in sie?“ begann Marc Covet wieder.
„Verdammt!“ lachte ich. „Sieht
ganz so aus. Was soll’s, man kann nicht bis ans Ende seiner Tage originell
bleiben! Außerdem sind zusammen mit mir nie mehr als zehn Millionen andere in
sie verknallt, stimmt’s? Daß mir das aber nicht in Ihrer Klatschspalte steht,
Covet, ja?“
„Hören Sie, Burma. Über diese
Amerikanerin und die ganze Bande hab ich schon genug zusammengeschmiert. Mein
Chefredakteur will keine Zeile mehr davon sehen. Also, keine Sorge... „
Der Journalist goß sich was
nach und nahm einen Schluck.
„...Wie lange waren Sie
eigentlich Ihr Leibwächter? Als ich Sie in Cannes getroffen hab, beim
Filmfestival, haben Sie angefangen, oder?“
„Seit dem 8. März hielt sie
sich inkognito in Paris auf.“
„Gut drei Monate also“,
rechnete Covet. Als Pariser Chronist ist er der geborene Buchhalter. „Drei
Monate also...“
„Jetzt reicht’s aber“, fuhr ich
dazwischen. „Reden wir von was anderem. So schlimm ist es auch nicht. Hat mich
‘n bißchen erwischt, mehr nicht. Kein Grund für so’n Theater. War nicht drauf gefaßt, daß sie sich so schnell aus dem Staub machen
würde. Ich dachte, noch so ein oder zwei Monate... aber sie wurde dringend nach
Hollywood gerufen, wie schon gesagt. Und deshalb ist sie gestern abgereist.“
„Und jetzt sind Sie wieder auf
Arbeitssuche...“
„Oh! So eilig hab ich’s nicht.
Werd erst mal Ferien machen. Dazu bin ich schon lange nicht mehr gekommen. Die
Agentur Fiat Lux hat Ruh. Hélène ist bei ihrer Familie in der Provinz. Ich bin
mutterseelenallein.“
„Fahren Sie zu Hélène!“
„In das verlassene Nest? Was
hat Ihnen meine Sekretärin getan, daß Sie ihren Ruf so gründlich ruinieren
wollen?“
„Wo werden Sie denn dann Ferien
machen?“
„Hier. Ich liebe Paris, kann
mich kaum von seinem Pflaster losreißen. Werde meine Ferien auf den
Champs-Elysées verbringen. Hier ist es so schön wie irgendwo anders.“
„Oh, bestimmt! Aber... Hier im
Cosmopolitan?“
„Diese Wohnung ist für mich bis
zum Monatsende bezahlt. Und da ich so bestimmte Gewohnheiten angenommen
habe...“
„Wirklich, sehr großzügig, die
Kleine“, stellte Covet fest. „Kann man wohl sagen... Geben Sie mir mal die
Flasche. Hab Lust, mich ordentlich zu besaufen. Sie werden mir doch bestimmt
dabei helfen, wie ich Sie so kenne, oder?“
„Eben nicht!“ sagte der
Journalist bedauernd und hob die Hand. „Hab ‘n Termin heut’ abend. Da möchte
ich geradeaus gucken können. Aber nach der Vorstellung steh ich zur Verfügung.“
„Nach welcher Vorstellung?“
„Na ja, Sie wissen doch — Sie
gehören schließlich jetzt zu der großen Filmfamilie -, zwei angeblich wichtige
Filme sind in Cannes nicht gezeigt worden. Versteckte Drohungen und Brot
für die Vögel. Waren noch nicht fertig. Jetzt sind sie’s. Die beiden
Produzenten wollen die Saison in Paris für eine Weltpremiere nutzen, die eine
im François I., die andere im Ruban-Bleu. Heute abend bin ich zu Versteckte Drohungen eingeladen. Aber der Knüller kommt
morgen: Brot für die Vögel von Jacques Dorly, mit Lucie Ponceau.“
„Lucie Ponceau?“
„Ja, ja, ein Liebeskummer
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