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den
Damasttischtüchern Silber und Kristall. Zahlreiche Tische waren besetzt.
Kellner im Frack eilten von einem zum andern.
Wir gingen in die Bar, in der
reges Treiben und munteres Geplapper herrschte. Marc Covet entschuldigte sich
beinahe sofort, um mit jemandem zu reden. Ich schwang mich auf einen Hocker,
stopfte mir eine Pfeife und bestellte was zu trinken. Mein Kragen scheuerte mir
den Hals wund. Ich knöpfte ihn auf und rieb mir mit zwei Fingern die Haut. In
dieser eleganten Haltung dachte ich an eine flüchtig erspähte Brust. Um mich
herum wurde lebhaft über Versteckte Drohungen diskutiert. Jemand
erklärte den Film für sen-sa-tio-nell, wobei er die einzelnen Silben wie
Wurstscheiben ausspuckte, so als hätte er den Mund voll davon.
„...ganz Ihrer Meinung.“
Unvollständige Sätze standen
hoch im Kurs.
„Ja, große Kunst. Beim Festival
hätte der Film alle Preise eingeheimst.“
„Sie müssen erst mal Brot
für die Vögel sehen!“ dämpfte ein weiterer Augure die Begeisterung. „Beim
Wettbewerb hätte...“
Marc Covet kam wieder zurück,
in Begleitung eines pfiffigen jungen Mannes mit geliehenem Smoking und eigenen
roten Haaren.
„Ich möchte Ihnen Rabastens
vorstellen“, sagte Covet. „Ein Kollege von mir. Er wollte Sie unbedingt
kennenlernen. „
„Jules Rabastens“,
vervollständigte der Rothaarige lächelnd und reichte mir die Hand. Ich nahm
sie. Das verpflichtet zu nichts! „Julot für Damen und Freunde. Ich arbeite bei Ciné-Gazette .
Er hörte gar nicht auf, mir die Hand zu schütteln. Seine Augen blitzten vor
Freude. „Monsieur Burma, ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen.
Angenehm. Wirklich sehr angenehm. Sie können sich nicht vorstellen...“
Und er wiederholte immer
wieder, daß ich mir das gar nicht vorstellen könne. In puncto Vorstellungskraft
traute er mir offensichtlich nicht viel zu, trotz des Interesses, das er mir entgegenbrachte.
Aber er wußte, was sich gehörte:
„Das muß begossen werden, hm?“
Ich sagte nicht nein.
„Und?“ begann er wieder. „Bei
wem sind Sie jetzt Leibwächter, nachdem Grace Standford in die Staaten
zurückgekehrt ist?“
„Bei niemandem. Ich treib mich
nur noch etwas im Filmmilieu rum, wo ich schon mal in Übung bin.“
„Sie werden’s schnell satt
haben“, prophezeite er mir seufzend. „Mag ja ganz reizvoll sein, am Anfang;
aber es passiert nicht viel Aufregendes. Mußten Sie viele Leichen einsammeln,
in Miss Standford’s Umgebung?“
„Konnte den Leichenwagen in der
Garage lassen.“
„Dachte ich’s mir. Aber
vielleicht ändert sich das jetzt. Sie müssen wissen, ich schreibe nicht nur
über Film und alles, was dazugehört. Für ein paar Provinzblätter schreib ich
über Kriminalfälle. Ich weiß wohl, daß Covet eine Art Exklusivrecht auf Sie
hat. Aber, verdammt nochmal! Alles, was in letzter Zeit über Grace Standford
geschrieben wurde, stammt aus seiner Feder. Er könnte doch jetzt mal bequem ein
paar Krümel den Kollegen lassen...“
Marc Covet stieß einen Fluch
aus. Rabastens fuhr fort:
„Mit anderen Worten, sollten
Sie zufällig über eine Leiche stolpern, sagen Sie mir Bescheid. Hier, meine
Karte, für alle Fälle.“
Ich steckte die Visitenkarte
ein.
„So ist die junge Generation“,
brummte Covet. „Ehrgeizig. Maßlos ehrgeizig. Klauen den Älteren die Butter vom
Brot, um voranzukommen. Diese Saukerle!“
Wüstes Geschimpfe von beiden
Seiten. Ein andrer junger Mann, mit Brille und Schnäuzer, Photoapparat vor dem
Bauch und Blitzgerät in der Hand, klopfte dem Rothaarigen auf die Schulter. Das
lenkte die beiden Streithähne ab.
„Salut, Rabas. Ich hau ab.
Willst du das Auto haben?“
„Nein“, sagte der andere. „He,
Fred! Kennst du die Herren hier?“
„Marc Covet vom Crépuscule, nicht wahr? Fred Freddy, vom Radar“, stellte der Neue sich vor. Die
beiden Journalisten gaben sich die Hand.
„Und dies hier ist Nestor
Burma“, machte Rabastens mich bekannt.
Fred sah mich interessiert an.
„Ach ja? Natürlich. Covet...
Burma... Das berühmte Paar, hm?“
„Ein hübsches Paar“, betonte
Covet.
„Monsieur Burma war Leibwächter
der quirligen Grace Standford“, erläuterte Rabastens.
„In Originalfassung“, fügte ich
bescheiden hinzu.
Ein Blitzlicht blendete mich.
Fred Freddy war immer auf Zack.
„Ein hübsches Dokument für dein
Privatarchiv, Julot“, lachte er. „Morgen hast du’s... wenn ich dran denke. Wie
wär’s mit ‘nem Whisky?“
„Wozu ist die
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