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holen? Wir sind noch keine vierundzwanzig Stunden dabei.
Bis jetzt besteht kein Zweifel, daß es Selbstmord war. Und wenn Sie mich
fragen: es werden auch keine aufkommen. Aber durch den Kerl da erscheint alles
im andern Licht... als Randerscheinung sozusagen.“
„Wieso Randerscheinung?“
„Man hat schon Pferde kotzen
sehen.“
Mit der Bemerkung konnte ich
nun gar nichts anfangen. „Kapier ich nicht.“
„Ich frag mich, ob Lucie
Ponceau vielleicht mit Rauschgift gehandelt hat. Wie gesagt, man hat schon
Pferde kotzen sehen. In letzter Zeit haben sich die Dealer mit viel Phantasie
getarnt. Zweifellos ist die Kriminalität auf diesem Gebiet zurückgegangen. Vor
rund einem Jahr ist der Chef des Drogenhandels geschnappt worden. Danach ging’s
Schlag auf Schlag. Der Handel ist deutlich gebremst worden. Warum soll sich das
Geschäft nicht wieder erholt haben, mit neuen Leuten? Vielleicht hat der
Selbstmord von Lucie Ponceau bestimmte Pläne durchkreuzt oder könnte sie
durchkreuzen. Und wenn unser Rabastens Wind von der Sache gekriegt hat... Was
halten Sie davon, Burma?“
„Ich glaube, Sie reden über das
Falsche, um das Richtige rauszukriegen. Bedaure, Faroux. Ich weiß nichts, was
Ihnen weiterhelfen könnte. Aber bohren Sie nur weiter in dieser Richtung.
Vielleicht ist es ja die richtige.“
Er brummte irgendwas. Wir
wechselten noch ein paar Worte, dann schickte er mich zum Teufel. Ich mußte
unbedingt was trinken. Also klapperte ich alle Bistros des Faubourg
Saint-Honoré ab, bis zur Avenue Hoche. Als ich an der Buchhandlung Denise Verte
vorbeikam, mußte ich sofort an die andere Denise denken, an den blonden
Filmstar. Ich trank noch einen letzten Aperitif und fuhr dann ins Cosmopolitan
zurück.
Die Sonne ging unter. Ich hatte
getrunken, um das Bild von Rabastens’ Leiche zu verdrängen, seinen zermatschten
Schädel, seinen schmächtigen Körper auf dem Läufer. Bei dem Anblick der
blutroten Sonne im Westen mußte ich an seinen Rotschopf denken.
Ich fühlte mich nicht besonders
schmutzig, hatte aber das Gefühl, daß mir ein Bad guttun würde. Mir war so, als
hätte mein Körper Leichengeruch an sich. Ich nahm also ein Bad.
Kaum war ich fertig, als Marc
Covet in meine Wohnung gestürmt kam. Schien sehr aufgeregt.
„Heute abend kein Kino für
mich“, sagte ich sofort. „Falls wieder irgendwo eine Weltpremiere oder so was
stattfinden sollte.“
„Kein Kino heute abend?“ lachte
Covet. „Sie sind gut! Wissen Sie, weshalb ich gekommen bin? Hab was für Sie,
das Allerneueste aus dem Crépu, noch nicht gedruckt!“
„Wenn Sie vom Mord an Rabastens
reden: ich weiß schon Bescheid.“
„Kaum zu glauben! Immer dabei,
hm?“
„Ja. Komm grad aus dem
Totenhaus.“
„Also wirklich...“
Er ließ sich in einen Sessel
fallen und wischte sich den Schweiß ab.
„Erzählen Sie doch mal! Großer
Gott! Rabastens! Wollte mich immer in die Tasche stecken. Jetzt wird er
überhaupt keinen mehr in die Tasche stecken. Aber er war kein schlechter Kerl.
Immerhin auch schon was.“
Während ich mich anzog,
erzählte ich ihm das wenige, das ich wußte.
„Und wer war’s?“ wollte Covet
wissen. Ohne die Antwort abzuwarten, schnippte er mit den Fingern. „Doch nicht
zufällig Laumier? Erinnern Sie sich an den Streit im Camera-Club...“
Ich mußte ihn enttäuschen:
„Den hab ich heute nachmittag noch gesehen. Hat mir selbst erklärt, sein Leben
reiche nicht aus — oder so ähnlich — , alle
unverschämten Journalisten zu verhauen. Ich füge hinzu: Und umzubringen.
Außerdem war der Kinnhaken nicht für Rabastens bestimmt, sondern für mich.“ Ich
erklärte ihm schnell den Grund. „Faroux glaubt an einen Zusammenhang zwischen
dem Tod von Lucie Ponceau und dem Mord an Rabastens. Und ich möchte fast seine
Meinung teilen.“
„Klar!“ rief Covet. „Hätte
früher dran denken müssen! Hab ich Ihnen nicht erzählt, daß ich ihn gestern
getroffen habe? Ich war doch auf der Jagd nach Informationen über Lucie Ponceau.
Und da hab ich ihn getroffen. So von oben herab meinte er: ,Ich steck dich in die Tasche, Alter!’ Hab gehört, daß er einen Tip gekriegt hatte.
Er wollte die Sache bestimmt überprüfen oder weiter verfolgen oder wurde selbst
mit hineingezogen, und da hat man ihm den Schädel eingeschlagen. Wann ist er
umgebracht worden?“
„Das ist noch nicht raus.“
„Und Lucie Ponceau? War das
dann auch Mord?“
„Selbstmord. Aber ich bin
überzeugt, da ist etwas nachgeholfen worden. Jemand hat
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