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tolles Mädchen wie Christine sich ihm an den Hals geworfen
hat! Die muß wirklich bescheuert sein... oder vor etwas besonders Schrecklichem
fliehen. Denn Bébert hat sie hier prima versteckt, auch wenn er das nicht
gemerkt hat... Sie fühlte sich hier sauwohl! Wer sollte sie auch suchen, in
diesem Waggon? Nicht mal die Flics kommen vorbei. Hier wohnen ja nur die
Schützlinge von Abbe Pierre.
„Also war nichts in der
Tasche?“ frage ich, mehr mich selbst. „Und trotzdem ist sie nicht ohne
abgehaun.“
„Wegen dem Geld. Sie hat mir
nicht alles gegeben. Da waren mindestens noch fünfzigtausend drin.“
„Die Kleine kriegt anscheinend
‘n ganz schönes Taschengeld, hm?“
Bébert zuckt die Achseln.
„Los, gehen wir zu den Flics“,
sagt er nur.
Ich sehe ihn an. Hab ihn
ausgequetscht wie ‘ne Zitrone. Glaub nicht, daß er Märchen erzählt hat. Mehr
wird nicht rauszuholen sein.
„Scher dich zum Teufel!“
fordere ich ihn auf.
„Sie sich auch!“ faucht er.
„Sie haben sie verscheucht. Sie hat sich wegen Ihnen verpißt! War auch zu
schön, um wahr zu sein. Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit ging, hab ich mir
gesagt: heute abend , wenn du wiederkommst, ist sie
weg. Das ¡st keine Frau für dich. Muß ‘n Irrtum sein. Und jeden Abend, wenn ich
wiederkam, war sie noch da. Aber jetzt ist sie tatsächlich weg. Kommt nicht
mehr wieder. Das ist Ihre Schuld!“
„Deine! Wenn du gestern auf der foire nicht den wilden Mann markiert hättest, wär ich hier nicht
aufgetaucht. Aber du konntest ja nicht ,nein’ sagen,
als deine Bande dich abgeholt hat! Bist ja kein
Schlappschwanz. Du bist ihr Boß, der Chef im Ring. Schön doof bist du!“
„Die sollen bloß nicht
wiederkommen, verdammt nochmal! „ Donnerwetter! Scheint so, als hätte diese
Christine ihn rundumerneuert. Fragt sich nur, für wie lange! Schade, daß ihr
Lancelins Foto nicht gefallen hat. Ach ja, ich könnte mal schnell den Waggon
durchsuchen. Dauert wirklich nicht lange; Viele Verstecke gibt’s hier nicht.
Ich finde nichts und hau ab, ohne ein Wort. Bébert sagt auch nichts. Denkt
bestimmt über seine Romanze nach. Aus und vorbei... auf Nimmerwiedersehen.
Verschwunden, mit meinem Wagen. Sogar die größten Idioten dürfen so was
erleben. Romanzen, meine ich. Das macht die Liebe zu was Höherem.
Aber vielleicht denkt er auch
gerade daran, daß er bis vor zehn Minuten noch sechzigtausend Francs hatte und
daß er sie jetzt nicht mehr hat!
10
Überraschungen
Ich geh die Avenue
Emmanuel-Laurent hinauf zum Boulevard Soult. Weit und breit kein Zwerg zu
sehen. Hat wohl Lunte gerochen und gemacht, daß er wegkam. Gute Reise! Auf der
Fahrbahn ist ein Ölfleck. Mehr ist nicht von meinem Wagen geblieben. Ein ölig
schillerndes Souvenir. Ich betrachte es mit bitterer Melancholie. Der
dynamische Detektiv läßt sich seinen Wagen klauen. So ‘ne verdammte Scheiße!
Bis auf weiteres muß ich mich im Taxi fortbewegen.
Beim Gedanken an ein Taxi muß
ich an Simone Blanchet denken. Mein Verdacht war falsch. Sie hat die Schlägerei
mit Béberts Bande nicht ausgeheckt. Aber so ganz sauber ist sie trotzdem nicht.
Überhaupt nicht.
Mal sehen:
Als ich gestern zum zweiten Mal
bei ihr aufgekreuzt bin, war sie gerade mit dem Taxi wiedergekommen. „Hatte was
zu besorgen.“ Eingekauft hatte sie nichts. Vielleicht fantasiere ich. Zwar ist
das keine Methode, aber manchmal kommt was dabei rum, wenn man alle möglichen
Leute kreuz und quer verdächtigt. Wie eben bei Bébert und Christine. Ich
fantasiere also weiter. Und meine Fantasie sagt mir, daß es unter Umständen von
Nutzen sein könnte rauszukriegen, was die schöne Simone zu besorgen hatte.
Zufällig hab ich mir die Taxinummer gemerkt, die auf der Visitenkarte der Compagnie
Taxito stand. In einer Viertelstunde treffe ich mich mit Charles Montolieu.
Soll er warten. Ich gehe in ein Bistro, um zu telefonieren.
„Hallo? Compagnie Taxito ?“
„Ja, M’sieur.“
„Ist der Fahrer Nr. 7501 da?“
„Ich seh mal nach. Wohin soll
er kommen?“
„Nur an den Apparat. Muß ihn
was fragen.“
„Ich seh mal nach.“
Er sieht mal nach und kommt
zurück.
„Sie haben Glück“, sagt er. „Er
ist da. Sekunde. Kommt sofort.“
Die Sekunde ist vorbei.
„Hallo?“ meldet sich eine junge
Stimme.
„Sind Sie der Fahrer der 7501?“
„Ja, M’sieur.“
„Erinnern Sie sich daran,
gestern am frühen Abend eine Frau in die Rue de la Breche-aux-Loups gefahren zu
haben? So gegen sieben.“
„Rue de
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