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Titel: nmp12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Die Wiedersehensfreude der Heiligen
Familie. Aber das idyllische Bild ist nicht von Dauer. Christine richtet sich
auf. Tränenüberströmtes Gesicht, zitternder Körper. Sie stampft mit dem Fuß
auf.
    „Komm, Mama, komm“, sagt sie.
„Ich möchte ins Bett... Ich bin müde. Komm, Mama...“
    Sie gehen langsam hinaus, stützen
sich gegenseitig. Charles Montolieu räuspert sich wieder kurz, reibt sich die
Nase, sieht mich an, zuckt die Achseln.
    „Ein Stiefvater ist kein
Vater“, sagt er, als wär das ‘ne ganz neue Erkenntnis.
    Ich nicke höflich.
    „Hier.“
    Er nimmt das Geld vom Tisch,
das ich ihm eben gegeben habe.
    „Nehmen Sie das...“
    „Das kann ich nicht annehmen“,
sage ich. „Ich habe Christine rein zufällig gefunden.“
    „Mag sein. Aber sie hat Ihr
Auto beschädigt. Nehmen Sie.“
    Ich nehme das Geld. Da wir uns wirklich
nichts mehr zu sagen haben und mich genausowenig an diesem zurechtgeflickten
heimischen Herd hält, verabschiede ich mich.

11
     
     

Königin Christine
     
     
    Mich hält wirklich nichts mehr
in diesem Haus. Aber mein Instinkt rät mir, noch nicht wegzufahren, sondern es
zu überwachen. Ich setze mich in meinen Wagen. Den hab ich ja schneller und in
besserem Zustand wiedergekriegt, als ich gehofft hatte. Der zerbeulte Kotflügel
zählt nicht. Ich fahre los. Aber nicht weg. Biege in die Rue de la Voûte ein,
beschreibe einen Bogen und kehre beinahe zu meinem Ausgangspunkt zurück.
    Die Nacht ist endgültig
hereingebrochen. Ellbogen auf das Lenkrad gestützt, Pfeife im Mund, beobachte
ich das Haus des Weinhändlers. Ab und zu tauchen in den erleuchteten Fenstern
die Umrisse von Personen auf.
    Vielleicht warte ich hier für
die Katz. Aber im Moment hab ich sowieso nichts Besseres zu tun. Warten und
Denken. An Christine, zum Beispiel. Sie ist wie Quecksilber. Weder Mutter noch
Stiefvater können sie halten. Hab das Gefühl, daß ihr das Haus unerträglich
ist. Würd mich nicht wundern, wenn sie noch heute nacht wieder abhaut. Und genau darauf warte ich. Mit beschränkter Hoffnung
allerdings. Denn nach der soeben beendeten Flucht könnten die Eltern ihr
Schätzchen vielleicht im Zimmer einschließen. Aber sie können die Kleine nicht
ständig an die Kette legen. Würde an Freiheitsberaubung grenzen. Irgendwann
wird Christine ihr hübsches Näschen wieder in den Wind halten...
    Die Zeit vergeht. Eine
provinzielle Stille liegt über dem Viertel. Nur der Autolärm von der breiten
Avenue de Saint-Mandé stört den Frieden. Gerade um diese Zeit rasen die Autos,
als wär’s ‘ne Autobahn.
    Ich schrecke hoch. Das eiserne
Garagentor der Montolieus ist geöffnet worden. Die Limousine fährt heraus,
Montolieu selbst steigt aus und schließt das Garagentor. Laut. Ohne sich um den
Lärm zu kümmern, den er verursacht. Einer, der wütend ist und es auch zeigt.
Kein Ehemann, der heimlich zur Geliebten fährt. Er steigt wieder in den Wagen
und fährt weg. Ich lasse den Zündschlüssel wieder los, den ich automatisch
angefaßt habe. Charles Montolieu wird irgendwo was trinken gehen oder einfach
nur so rumfahren, um sich zu beruhigen. Hat sich bestimmt mit seiner Frau wegen
der Stieftochter in die Wolle gekriegt.
    Die Zeit verstreicht langsam.
Bei Familie Montolieu brennt kein Licht mehr. Die ganze Straße liegt in tiefem
Schlaf und... Nein! Nicht die ganze Straße. Durch das Törchen neben der
Garagentür schlüpft ein Schatten. Anmutiger Gang, sinnlich, aufregend. Man kann
sich gar nicht satt sehen. Kein Zweifel. Ich starte. Schnell bin ich neben ihr.
Bei dem Motorengeräusch ist sie ängstlich stehengeblieben. Ich beuge mich
hinaus und zische: „He! Chris!“
    Sie weicht zurück, die Hand auf
dem Mund.
    „Psst!“ sage ich leise.
„Schreien Sie um Gottes willen nicht. Sonst wird Ihr Verschwinden sofort
bemerkt.“
    Sie reißt die Augen auf.
    „Ich hab auf Sie gewartet“,
erkläre ich. „Hab geahnt, daß Sie gleich wieder weg wollten. Steigen Sie ein,
und sagen Sie mir, wohin ich Sie bringen soll.“
    Christine rührt sich nicht.
Ihre Augen bekommen wieder Normalgröße.
    „Das ist nicht wahr“, sagt sie
leise. „Sie spionieren mir nach. Erst sollten Sie mich wiederfinden und...“
    Jetzt setze ich mein
verführerischstes Lächeln auf.
    „Genau deswegen will ich Ihnen
Ihre Flucht erleichtern. Dann kann ich Sie wieder suchen. Und jedesmal werd ich
neu bezahlt. Sie sehen, ein Karussell, das Gewinn abwirft für mich.“ Ihr
Gesichtsausdruck wird etwas heiterer. Sie rührt sich aber

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