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No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

Titel: No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke van Schindel , Joost Smiers
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hier ein, das Urheberrecht wird doch auch als ein wesentlicher Punkt in verschiedenen Menschenrechtserklärungen und -verträgen genannt. Es ist nicht irgendein Instrument, das man einfach so abtun kann. Es geht dabei um hohe ideelle Werte. Diese Einwände müssten in der Tat nachdenklich stimmen, so sie denn richtig wären. Die Frage ist, ob der Begriff Urheberrecht in den entsprechenden Dokumenten überhaupt genannt wird. Die Antwort lautet eindeutig: Nein. In Artikel 27.2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 heißt es lediglich: »Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.« Mit keinem Wort wird darin das Urheberrecht erwähnt, und es gibt auch keinerlei Anlass, den Text in diese Richtung zu interpretieren. Den geistigen Interessen eines Autors kann vielmehr ganz vortrefflich dadurch gedient werden, dass sein Werk respektvoll adaptiert oder sogar verändert wird. Man benötigt schon viel Fantasie, um die zitierte Formulierung als Verbot aufzufassen.
    Auch den materiellen Interessen der meisten Künstler ist durch das im Westen bereits seit gut anderthalb Jahrhunderten bestehende Urheberrechtssystem nicht oder kaum gedient, und ob es in den weniger reichen Ländern besser aussieht, ist fraglich. Aus Artikel 27.2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte eine zusätzliche Legitimation für das Urheberrecht herauszulesen, hieße jedenfalls, den Bogen zu überspannen. Es liegt auch gar nicht auf der Hand, dass mit diesem Artikel das Urheberrecht auch nur gemeint wäre. Menschenrechtserklärungen und -verträge sind schließlich dafür da, bestimmte Grundprinzipien festzuschreiben, nicht die Instrumente für ihre Durchsetzung.
    Schließlich gibt es noch jene Fachleute, die das Urheberrecht ausschließlich anwenden wollen, um die finanziellen Interessen der Kreativschaffenden abzusichern. Sie schlagen vor, dass eine Rechteübertragung an Dritte verboten werden sollte – dass also Urheber ihre Rechte und die damit verbundenen Einnahmen für sich behalten sollten, um weniger abhängig zu sein von großen Konzernen. Die Frage wäre dann, ob auf diese Weise das System des Urheberrechts wirksam eingeschränkt werden kann. Die einzig mögliche Antwort lautet auch hier: Nein. Das System ist darauf nicht ausgerichtet. Schließlich handelt es sich um ein Eigentumsrecht, wenn auch um ein geistiges. Eigentum ist per definitionem übertragbar. Jedes Plädoyer gegen die Übertragbarkeit von Rechten streitet deshalb zugleich für ein Ende eines Systems, das auf geistigem Eigentum beruht. Man landet dann womöglich in einem ganz anderen Rechtsbereich, aber jedenfalls nicht mehr beim Urheberrecht. Das passt aber nicht zur Grundintention dieser Kritiker, die ja das Urheberrecht gerade aufwerten wollen, indem sie dessen guten Elementen mehr Geltung zu verschaffen suchen.
    Kollektives Eigentum
     
    Die Wirklichkeit sieht so aus, dass viele Kunstwerke kollektiv erschaffen werden, womit das individuell ausgerichtete Urheberrecht nicht gut zurande kommt. Wird es nicht Zeit, darauf eine passende Antwort zu geben, damit das System in solchen Situationen an Beständigkeit gewinnt? Zum einen kann man dabei an all die zeitgenössischen Künstler denken, die ihre Kräfte bündeln und ihre Aktivitäten gemeinsam organisieren. Zum Zweiten wären die zahlreichen Künstler aus modernen, nichtwestlichen Gesellschaften zu nennen, für die die individuelle Aneignung von künstlerischen Schöpfungen und Erfindungen ein (kulturell) fremdes Konzept ist. Und zum Dritten gibt es noch jene Kulturen, in denen es nach wie vor die Traditionen sind, die der Entwicklung von Kreativität und Wissen die Richtung weisen. Was diese Künstler und Kulturen gemein haben, ist, dass Werke kaum je individuell zugeordnet werden. Das Urheberrecht, wie wir es kennen, passt also in diesen Zusammenhängen nicht. Müsste dafür nicht eine Alternative ins Leben gerufen werden?

    Was die wachsende Anzahl zeitgenössischer Künstler angeht, die kollektiv arbeiten, besonders mit digitalen Medien, können wir es kurz halten. Meistens ist es schlichtweg unmöglich, vor allem für Außenstehende, nachzuvollziehen, wer welchen Beitrag zu einem bestimmten Werk geleistet hat. Im Kreise der Vertrauten einer bestimmten Künstlergruppe ist es zwar oft kein Geheimnis, wer beim Zustandekommen eines Werks den entscheidenden Einfluss ausgeübt hat. Dies trägt dann

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