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No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

Titel: No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke van Schindel , Joost Smiers
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empfohlen, um Künstlern, deren Werke in Kontexte gestellt werden, die den eigenen Wertvorstellungen zutiefst widersprechen, ein Mittel an die Hand zu geben, sich zu wehren. Ähnliche Instrumente wären auch für Gemeinschaften denkbar, bei denen Traditionen und Folklore noch eine wichtige Rolle spielen. National wie international könnte sich dann eine einschlägige Rechtsprechung entwickeln, die auf spezifische Situationen zugeschnitten wäre, in denen einheimische Bevölkerungsgruppen die Fremdaneignung ihrer Werte für unrechtmäßig halten. Es müssten dann allerdings Finanzmittel und Expertisen aufgetan werden, um realistisch zu ermöglichen, dass Vertreter solcher Gesellschaften ihr Recht juristisch geltend machen können.
    Pauschalabgaben und Steuerfinanzierung
     
    Eine völlig andere kritische Überlegung widmet sich der Frage, wie das finanzielle Aufkommen aus Urheberrechten am besten eingezogen und verteilt werden sollte. Die derzeitige Praxis führt nämlich immer wieder zu Irritationen. Nutzer von künstlerischem Material werden von verschiedenen Organisationen belästigt, die alle für verschiedene Rechte irgendwelche Abgaben erheben, und im Bereich des Digitalen scheint die Durchsetzung solcher Ansprüche immer schwieriger zu werden. Auch mit der Verteilung der Gelder sind nicht alle zufrieden. Wenn Schätzungen darüber angestellt werden, wie oft ein bestimmtes Werk abgespielt oder angesehen wurde – und ein solches Sampling ist fast unvermeidlich –, dann kommen die oft gesehenen und gehörten Künstler dabei meist sehr viel besser weg als jene, denen weniger Aufmerksamkeit zuteil wird.
    Hinzu kommt, dass Verwertungsgesellschaften sich unbeliebt machen, indem sie ihren Geschäftsführern und Managern extrem hohe Gehälter und Vergütungen zuschanzen, wie 2005 bei einer in Frankreich durchgeführten Untersuchung herauskam (in Le Monde , 9. Juli 2005). Allerdings muss auch positiv hervorgehoben werden, dass verschiedene europäische Verwertungsgesellschaften einen Teil ihrer Einnahmen für kulturelle Zwecke verwenden und damit als Mitfinanciers des kulturellen Lebens in ihrem jeweiligen Land eine wichtige Rolle spielen. Diese Praxis geht darauf zurück, dass das Urheberrecht einen Ausgleich zwischen den Privatinteressen der Rechteinhaber und den Interessen der Gesellschaft an einer Weiterentwicklung des kulturellen Lebens leisten soll.
    Es ist unsicher, ob diese Kulturtöpfe den neoliberalen Sturm, der ihnen vonseiten der WTO entgegenweht, überleben werden. Eigentlich ist es inakzeptabel, dass nur Bürgerinnen und Bürger eines bestimmten Landes – und eventuell noch dort lebende Ausländer – zu solchen (halb)öffentlichen Fördergeldern Zugang haben. Dem steht das Prinzip der sogenannten Inländergleichbehandlung entgegen, demzufolge Bürgerinnen und Bürger aus anderen Ländern grundsätzlich dieselben Rechte und Privilegien genießen müssen wie Inländer. Die Inländergleichbehandlung stellt also eine Bedrohung für alle Subventionen dar, auch für die Kulturfördertöpfe der Verwertungsgesellschaften. Kulturförderung durch Unterstützung der Produktion, des Vertriebs oder der Bewerbung von Kultur mit (teilweise) öffentlichen Geldern auf nationaler Ebene zu betreiben, wird nicht länger möglich sein, wenn diese Systeme ihre Pforten für die Bürger aller Welt weit öffnen müssen.
    Mit der Digitalisierung und dem Aufkommen der Peer-to-peer-Netzwerke zum Tausch von künstlerischem Material standen die Verwertungsgesellschaften und sonstigen Urhebervereinigungen – ebenso wie die großen Kultur- und Medienkonzerne – einer Herausforderung gegenüber, die sie bis heute nicht gemeistert haben. Auch über ihre erste primitive Reaktion darauf sind sie noch nicht hinweggekommen, nämlich, dass die Millionen von »illegalen« Nutzern künstlerischer Inhalte zu Strafzahlungen verdonnert werden müssen. Mittlerweile hat sich allerdings gezeigt, dass dieses Unterfangen mühseliger ist als gedacht, und selbst strenge Strafen zeigten auf die allgemeine Praxis des illegalen Downloadens keine abschreckende Wirkung. Dabei hatten in einem Anfall von Realismus bereits kurz vor den Weihnachtsfeiertagen des Jahres 2005 französische Senatoren vorgeschlagen, für private Downloads ein Pauschalabgabesystem einzuführen. Zukünftig sollte es eine allgemeine Tauschlizenz geben: Für einen Betrag von ein paar Euro sollte jeder das Recht erwerben können, unendlich viele Musikstücke oder Filme herunterzuladen.

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