No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
zumindest die Idee, und manche erhoffen sich viel von ihr. Das Problem besteht hier darin, die Stelle zu finden, wo eine solche Abgabe möglichst einheitlich erhoben werden kann. Der Vorteil davon wäre, dass damit auf einen Schlag alle möglichen anderen Abgaben überflüssig würden, sodass auch der sinnlose Streit zwischen großen Plattenfirmen und Verwertungsgesellschaften auf der einen Seite und Filesharern auf der anderen Seite ein für alle Mal beigelegt werden könnte (vgl. Fisher 2004: 199–258).
Letztlich scheint aber auch dieser Ansatz nicht die gewünschte Abhilfe zu schaffen. Zwar gibt es ein solches System bereits, nämlich überall dort, wo zum Beispiel Abgaben auf Leerkassetten erhoben werden. Ansonsten werden aber vor allem neue Fragen aufgeworfen.
Auf welche Art von Geräten soll die Abgabe erhoben werden? Von wem? Warum sollen Leute, die überhaupt nicht vorhaben, irgendetwas herunterzuladen, trotzdem zahlen? Wie viel Geld müsste eingenommen werden, um wie viele Künstler und Rechteinhaber mit welchem Betrag für ihre künstlerische Leistung zu entlohnen? Wie wird die Nutzung gemessen, und wie wird bestimmt, wer aufgrund welcher Nutzungsintensität wie viel Geld erhalten soll? Soll allein der Künstler der Begünstigte sein oder auch der Produzent, vielleicht sogar ein Unternehmen, sofern es im Besitz der Rechte ist? Was für eine Organisation soll die Gelder verteilen, und wie vertrauenswürdig wäre eine solche Organisation?
Bei so vielen Fragen und den zu erwartenden Machtkämpfen um die Antworten scheint eine solche Abgabe schon tot zu sein, bevor sie überhaupt ins Leben gerufen wurde. Eine andere Art der Steuerfinanzierung von Kunst und Kultur könnte darin bestehen, Unternehmen, die künstlerische Inhalte nutzen, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen – das tun sie fast alle – einen geringen Prozentsatz ihres Umsatzes abführen zu lassen. Diese Gelder könnten dann in einen Fonds fließen, aus dem zukünftige künstlerische Projekte finanziert werden. (Siehe Smiers 2003: 214 f.) Der Ansatz hat einen gewissen Charme, weil er so unkompliziert ist, aber auch gewisse Nachteile. Warum sollten beispielsweise Privatpersonen für ihren Konsum von Entertainmentprodukten nichts bezahlen? Noch schwieriger wäre es zu akzeptieren, dass die Leistung des einzelnen Künstlers dann in keinem Verhältnis mehr zu seinem Einkommen stünde.
Insgesamt bringen die verschiedenen Ansätze der Steuerfinanzierung eine ganze Reihe von Problemen mit sich. Es ist schwierig, Einigkeit darüber zu erzielen, wo die Abgaben erhoben werden sollen, wie hoch das Aufkommen sein soll und an wen es ausgeschüttet werden müsste. Das Verhältnis zwischen der konkreten künstlerischen Leistung und der Bezahlung ist zumindest unklar. Es hilft alles nichts: Was Urheberrechtspauschalabgaben und ihre Verteilung angeht, hat man das Ei des Kolumbus bislang noch nicht gefunden, geschweige denn ausgebrütet.
Abschottung versus Creative Commons
Wie bereits erwähnt, wird das Copyright-System mittlerweile auch durch eine andere Tendenz infrage gestellt, nämlich indem das Verhältnis zwischen Rechteinhaber und Nutzer auf vertraglichem Wege geregelt wird. So funktioniert es bei den Creative Commons. Das Copyright am Werk wird anerkannt, aber dann wird es mit einer Lizenz versehen, die dem Nutzer mehr oder wenige große Freiheiten explizit einräumt.
Ein gegenteiliger Effekt, der aber auf demselben Mechanismus basiert, tritt ein, wenn die Nutzung des Werks in vielfacher Weise eingeschränkt wird. Hierzu tendieren die großen Medienkonzerne. Um die restriktiven Lizenzverträge, die Unternehmen mit Endnutzern abschließen, effektiv durchzusetzen, greifen sie häufig auf sogenanntes Digital Rights Management (DRM) zurück, das deshalb von dem amerikanischen Free-Software-Aktivisten Richard Stallman auch Digital Restriction Management genannt wird. ( International Herald Tribune , 15. Januar 2007) Tatsächlich verlässt die Industrie dabei das Terrain des Urheberrechtsgesetzes, das wesentlich dazu gedacht war, unterschiedliche Interessen in einen Ausgleich zu bringen, nämlich einerseits die legitimen Interessen der Künstler und ihrer Produzenten, andererseits die der Gemeinschaft, die zu Wissen und künstlerischer Kreativität einen Zugang beansprucht, weil beides in ihrer Mitte entwickelt wurde beziehungsweise noch immer entwickelt wird. Die Verträge, die die Medienkonzerne ihren Nutzern aufzwingen, nehmen darauf
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