No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
keinerlei Rücksicht. Friss oder stirb, lautet die Devise.
Mittlerweile liegt allerdings auf der Hand, dass DRM kaum noch der durchschlagende Erfolg werden dürfte, den man sich erträumte. Die Systeme, die man bis dato ausprobiert hat, sind entweder schnell geknackt worden oder haben sogar die Endgeräte der Kunden beschädigt. Das hat nicht gerade zur Popularität der Contentindustrie beigetragen. Mit Tyler Cowen, amerikanischer Ökonom und Professor für Wirtschaftswissenschaften, kann man sich zudem fragen, ob »der Krieg gegen das Filesharing nicht ohnehin eine verlorene Schlacht ist. Inzwischen gibt es Software, die Satellitenradioprogramme scannt, die gewünschten Songs identifiziert und automatisch kopiert, völlig legal. Mithilfe einer solchen Software kann man sich innerhalb von ein paar Monaten jeden bekannten Song besorgen, den man gern haben möchte«. (Cowen 2010: 105)
Der Versuch, Musik, Filme, Bücher oder Bildmaterial so abzuschotten, dass sie nicht unkontrolliert weiterverbreitet werden können, begegnet noch einer anderen Schwierigkeit. Der Produzent oder Rechteinhaber und der Distributor des Werks bilden dabei sozusagen ein Kartell, das andere Marktteilnehmer ausschließt. Anders ausgedrückt: Die Systeme sind nicht interoperabel. Das Musterbeispiel für die wettbewerbsrechtliche Bedenklichkeit eines solchen Vorgehens ist der iPod von Apple, auf dem man nur die Musik hören kann, die man mit Apples eigener iTunes-Software auf das Gerät kopiert hat. In verschiedenen europäischen Ländern sind bereits Versuche unternommen worden, gegen diese Kartellbildung vorzugehen, bislang jedoch ohne spürbaren Erfolg.
Im Bereich des Digitalen hat die Industrie, mit Ausnahme von Apple, immer größere Schwierigkeiten, die Leute dazu zu bringen, für die Nutzung ihres geistigen Eigentums zu bezahlen. Daher ist bei MySpace, YouTube und auf vielen vergleichbaren Seiten nun die Reklame auf dem Vormarsch. Kein Wunder, dass zwischen den Plattenfirmen und den Seitenbetreibern mittlerweile auch ein Streit über die Verteilung der Werbeeinnahmen geführt wird.
Letztlich stellt sich natürlich die Frage, wie viel Werbung Nutzer dieser Seiten langfristig zu akzeptieren bereit sein werden. Wird irgendwann der Sättigungspunkt erreicht sein? Und wie groß ist das Werbevolumen? Gibt es überhaupt genug Werbetreibende, um Hunderte von Seiten so zu finanzieren, dass ihr Betrieb profitabel wird? Es ist nicht vorherzusehen, welche Auswirkung die Finanzkrise, die die Welt seit 2008 im Griff hält, noch auf die Nachfrage der werbetreibenden Wirtschaft haben wird.
Angenommen, es geht wirklich weiter bergab mit der Wirtschaft, wo sollen dann noch die Anzeigen herkommen? Vielleicht nehmen sie anfangs sogar noch zu, aber später? Ein Ausbleiben von Anzeigen kann für Seiten, die von bezahlten Reklamebotschaften leben wollen, gravierende Folgen haben. Werden dann viele digitale Türen zufallen? Andererseits ist es nicht undenkbar, dass die abnehmenden Werbebudgets noch mehr als bislang aus den alten Medien abgezogen werden, dass also Zeitungen, Radio und Fernsehen immer weniger vom Kuchen abbekommen, während verstärkt versucht wird, Webseitenbesucher zum Kauf von Produkten und Dienstleistungen zu animieren. Jedenfalls ist mittlerweile deutlich zu erkennen, dass die Unternehmen im Internet mehr als früher auf Reklame als Finanzierungsquelle setzen. Das Feld des Urheberrechts wird damit bereits verlassen.
Ideologisch sind die Creative-Commons so ungefähr das Gegenteil dessen, was die Kulturindustrien anstreben. Worauf zielen diese Lizenzen ab? Die Idee ist: A stellt ein Werk zur Verfügung und B soll es benutzen dürfen, ohne dabei den Einschränkungen zu unterliegen, die sich normalerweise aus dem Urheberrecht ergeben. Aneignen kann B sich das Werk von A allerdings nicht. Warum nicht? Weil Creative Commons beinhaltet, dass A sein Werk mit einer öffentlichen Nutzungslizenz versieht: Mach damit, was du willst, aber mach es nicht zu Privateigentum. Das Werk ist also das Objekt eines »leeren« Urheberrechts. Dieses »leere« Recht ist die extremste Lizenzvariante, die Creative Commons zu bieten hat. Meistens entscheiden sich die Autoren für ein »some rights reserve«, einige Rechte vorbehalten. Genau betrachtet wurzelt diese Art der Lizenzierung im Vertragsrecht.
Das Sympathische an Creative-Commons-artigen Konstruktionen ist, dass man sich damit bis zu einem gewissen Grad aus dem Copyright-Dschungel zurückziehen kann.
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