Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

Titel: No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke van Schindel , Joost Smiers
Vom Netzwerk:
Produktion, aber auch für den Handel mit Informationen, Arzneimitteln, Saatgut und so weiter. Für die Musikindustrie fasst Oxana Chiscenco in ihrer Doktorarbeit im Centre for Law, Society and Popular Culture an der University of Westminster die derzeitige Tendenz wie folgt zusammen: »Eine höherer Grad an Marktkonsolidierung und die daraus resultierende Marktmacht versetzen die Major Labels in die Lage, immer mehr Musikrechte zu erwerben, was ihnen weitere Marktmacht und damit weitere Gelegenheit zum Erwerb von noch mehr Musikrechten verschafft. Und so setzt sich der Kreislauf fort.« (Chiscenco 2009: 127) Die spannende Frage ist, was passiert, wenn man beide Arten der Marktdominanz abschafft? Entsteht dann ein ausgeglichenerer Markt mit gleichen Chancen für alle? Die Wirtschaftswissenschaft spricht in diesem Zusammenhang von einem »level playing field«. Was verstehen wir darunter? Eine Situation, in der keine Partei den Markt und das Marktverhalten anderer in nennenswertem Maße kontrollieren und beeinflussen kann. Chancengleichheit. Für uns ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass möglichst viele kulturelle Unternehmer – Künstler, ihre Agenten, Produzenten, Verleger und so weiter – tatsächlich unternehmerisch tätig werden können.
    Können sie das denn jetzt nicht? Die Antwort lautet: Ja und Nein. Ja, denn es gibt Tausende und Abertausende von Künstlern, die Werke schaffen, also unternehmerisch agieren. Nein, denn durch die Omnipräsenz der großen Kultur- und Medienkonzerne finden sie kaum öffentliche Aufmerksamkeit. Es besteht keine Chancengleichheit. Das unternehmerische Risiko zu tragen, wird dann jedenfalls sehr schwer. Tatsächlich muss die kulturelle Marktsituation wie folgt beurteilt werden. Das Tor zum Markt, also zum Publikum und damit zu der Möglichkeit, Geld zu verdienen, steht für die überwältigende Mehrheit kultureller Unternehmer gerade einen Spaltbreit offen. Für einige wenige, durch Fusionen immer größer werdende Kulturkonzerngiganten steht es sperrangelweit offen. Da diese zusätzlich über die Urheberrechte an vielen Produkten verfügen, haben sie einen noch größeren Einfluss auf diesen Markt. Denn sie allein können bei sehr vielen Werken bestimmen, wie und in welchen Kontexten sie benutzt werden dürfen. Sie bestimmen, welche kulturellen Produkte es auf dem Markt gibt und in welchem Gesamtumfeld diese wahrgenommen, konsumiert oder genutzt werden dürfen. Nicht zu vergessen, dass das Urheberrecht auch noch ihre Investitionen schützt.
    Die vielen anderen Kulturunternehmer, darunter auch die mittelständischen, für die das Tor nur einen Spaltbreit offen steht, finden nun – wenn überhaupt – einen Markt vor, auf dem einige wenige Giganten das Umfeld und die Anziehungskraft der angebotenen Produkte nach eigenem Gusto bestimmen. Es ist für viele kleine und mittelgroße Unternehmer wenn nicht unmöglich, so doch sehr schwer, auf einem Markt, der von wenigen Großunternehmen beherrscht wird, eine Position zu besetzen, die ihnen halbwegs das Überleben sichert und es ihnen ermöglicht, Gewinne zu machen. Zumal dann, wenn die wenigen Großen auch das gesamte kulturelle Klima auf diesem Markt beherrschen.
    Um einen Markt mit gleichen Chancen für alle zu etablieren, muss zweierlei geschehen. Das Urheberrecht muss abgeschafft werden, und es muss dafür gesorgt werden, dass es keine marktbeherrschenden Kräfte mehr gibt, weder in der Produktion noch in der Distribution noch beim Marketing.
    Es gäbe kein Schutzinstrument mehr, das die Exklusivität der Werke absichern würde. Jeder könnte am nächsten Tag Veränderungen daran vornehmen oder sie auf eigene Rechnung wirtschaftlich verwerten. (Ob es tatsächlich so kommen würde, werden wir später noch diskutieren – vermutlich eher nicht.) Warum also noch exorbitante Investitionen tätigen? Verboten wäre es freilich nicht. Wer investieren wollte, könnte dies tun, aber das Privileg eines Investitionsschutzes, wie es bislang das Urheberrecht war, gäbe es nicht mehr.
    Würden dann zum Beispiel große Filmspektakel nicht mehr gedreht? Vielleicht nicht, oder vielleicht nur noch in animierter Form. Wäre das ein Verlust? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass durch veränderte Produktionsbedingungen bestimmte Genres untergehen und andere auftauchen, die vielleicht unglaublich populär werden. Vielleicht würde man sich daran schnell gewöhnen. Außerdem gibt es keinerlei Grund,

Weitere Kostenlose Bücher