No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
Großbanken haben jedenfalls keinen Anteil daran. Die vielgepriesenen Synergien, die sich aus der Verzahnung verschiedener Teile der Finanzindustrie ergeben sollten, sind ein bloßes Hirngespinst; viel offensichtlicher sind das Versagen der Führungskräfte und die Interessenkonflikte. Kurzum, es gäbe wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen, wenn man diese Megakonzerne zerschlagen würde. Ihre ›angestückelten‹ Sparten – Versicherungen, Investmentbanking, alle Aktivitäten, die nicht zur Kernfunktion des Kredit- und Einlagengeschäfts gehören – müssen ausgegliedert werden.«
Was also tun? Stiglitz schlägt eine »Drei-Säulen-Strategie« vor: »Man muss die quasi-insolvenzgeschützten Mega-Institute zerschlagen, man muss die zulässigen geschäftlichen Aktivitäten eventuell verbleibender großer Finanzinstitute stark einschränken, und man muss die Einlagenversicherung und die Eigenkapitalrichtlinien neu justieren, um die ›Ausgangsbedingungen für alle anzugleichen‹.« Die Beschränkung ihrer Aktivitäten mindere dann vielleicht die Ertragskraft der Großbanken, fährt der Autor fort, »aber so sollte es sein. Die hohen Gewinne, die sie in der Vergangenheit machten, waren das Ergebnis von Risiken, für die jetzt die amerikanischen Steuerzahler einstehen müssen.« (Stiglitz 2010: 221 f.)
Offenkundig wird man hier die Frage anschließen müssen, wie groß Banken denn dann sein dürfen, damit es auf dem Markt nicht zu Verzerrungen kommt. Und wenn man den Ansatz auf die Kulturindustrie übertragen möchte, wird man auch dort erst definieren müssen, wie groß die Unternehmen sein dürfen und wie man ihre Marktposition messen will. Unserer Analyse zufolge wäre es sinnvoll, möglichst viele Kulturunternehmen zu haben. Entsprechend müsste entweder deren Größe oder ihr Marktanteil sehr begrenzt sein.
Wenn wir siebtens einmal annehmen, wir hätten die einheitlichen Rahmenbedingungen und fairen Wettbewerbsverhältnisse, die uns vorschweben, bereits geschaffen, es gäbe also kein Urheberrecht mehr und keine marktbeherrschenden Unternehmen – was hätte das dann für eine Auswirkung auf den Arbeitsmarkt? Zunächst müssen wir ganz klar zur Kenntnis nehmen, dass es den derzeitigen Marktkräften zuallerletzt um die Schaffung von Arbeitsplätzen geht. Hingegen kann realistisch davon ausgegangen werden, dass ein Zuwachs an kleinen und mittelgroßen Unternehmen auch einen Zuwachs an Arbeitsplätzen mit sich bringen würde, vor allem auf lokaler Ebene.
Achtens würde das Marketing unter den neuen Marktbedingungen nicht mehr dieselbe Rolle spielen wie heute. Um es sich leisten zu können, viel Geld in Publicity zu stecken, müssten Unternehmen über genügend Finanzmittel und einen ausreichend großen Pool profitabel verwertbarer Urheberrechte verfügen. Und solche Unternehmen gäbe es nicht mehr. Vielmehr würde es vergleichsweise kleine, also auch spezialisiertere Märkte geben. Mit großen, kostspieligen PR-Kampagnen in der Öffentlichkeit präsent zu sein, würde sich gar nicht mehr lohnen. Aber es wäre sicher sinnvoll, wenn die potenziellen Auswirkungen des von uns anvisierten fundamentalen Paradigmenwechsels näher erforscht würden, auch im Hinblick auf das Schicksal der Werbung.
Wettbewerbsrecht: ein kaum zu unterschätzendes Instrument
Wie gesagt: Es gibt bereits ein Wettbewerbsrecht, das Instrument steht zur Verfügung, und wir werden jetzt aktiv darauf zurückgreifen, um die relevanten Märkte umzugestalten. Idealerweise gewährleistet das Wettbewerbsrecht gleiche Rahmenbedingungen für alle. Genau darauf wollen wir hinaus. Aber wie gut funktioniert dieses juristische Instrument tatsächlich? Wir können uns durchaus vorstellen, welcher Einwand hier erhoben wird: dass nämlich das Wettbewerbsrecht immer nur dann zum Zuge kommt, wenn eine Partei sich benachteiligt fühlt und vor Gericht zieht. Das kann zum Beispiel ein Unternehmen sein, das der Ansicht ist, ein anderes Unternehmen nutze seine marktbeherrschende Stellung aus. Oder es geht um eine anstehende Fusion, bei der Konkurrenten fürchten, das neue Unternehmen könne den Markt allzu sehr beherrschen. Ansonsten scheint das Wettbewerbsrecht nicht viel zu bieten.
Wir sind jedoch der Ansicht, dass es eine dritte Konstellation gibt, in der dieses Instrument zur Anwendung kommen müsste. Wir sind bereits darauf eingegangen, dass jedwede Marktdominanz, in welcher Weise sie sich auch immer manifestieren mag, schädlich ist. Und zwar auch
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