No Sex in the City
ein.
Katie versuchte es sich ein wenig bequem zu machen, aber ohne Erfolg. Dankbar für den warmen Körper neben sich starrte sie in die Luft und hörte bis in den Morgen hinein den Wecker ticken.
Am nächsten Morgen aufzustehen erwies sich als nahezu unmöglich - der Raum war eiskalt und so groß, dass der Weg zu den Klamotten eine Odyssee werden würde, ganz zu schweigen vom Gang ins Bad. Nur indem sie sich an der Hand hielten, die Augen schlossen und »Rührei mit Schinken!« brüllten, konnten sie sich auf den Weg an die kalte Luft einstimmen.
Leider wartete nicht Rührei mit Schinken auf sie.
»Das ist continental breakfast«, erklärte Mrs McClo-ckerty, als hätte es irgendetwas mit köstlichen frischgebackenen Feinbackwaren unter wärmender Mittelmeersonne zu tun, was sich jetzt in diesem sturmumtosten Haus auf ihrem Tablett präsentierte: ein paar ausgetrocknete Toastscheiben.
»Zwei Stück nur!«, entfuhr es Katie.
Drei andere Personen waren noch im Frühstücksraum, alles Männer, und jeder saß für sich.
»Vielleicht findet hier irgendwo ein Treffen für einsame Mörder statt«, mutmaßte Louise und versuchte vergeblich, an der Kaffeekanne ihre Hände zu wärmen.
»Das bestätigt Olivias Theorie vom Geschlechterproporz«, sagte Katie und trank gierig ihren Tee. Bevor sie gefahren waren, hatte Olivia erklärt, dass in Anbetracht der hauptsächlichen Betätigungsfelder hier oben, nämlich Landwirtschaft, Fischerei und Waldwirtschaft, dazu noch ein großes Forschungsinstitut, sie vielleicht ein bisschen Weiberglück finden würden. Besah man sich die anderen Gäste näher, war Katie allerdings nicht begeistert vom Angebot. Einer der Männer krümelte seine Aberdeen Evening Post voll, ein anderer erkundete selbstvergessen das Innere seiner Nase. Von Ferne überwachte Mrs McClockerty den Raum und passte auf, dass niemand mehr nahm, als ihm zustand.
»Fahren wir heute wieder nach Hause?«, fragte Louise hoffnungsvoll. »Klar tun wir das.«
Katie verzog das Gesicht. »Ich denke, dass ich mir den Job wenigstens mal anschauen sollte. Sonst wird Livvy mir die Gedärme auspusten.«
»Bestimmt nicht«, sagte Louise. »Sie wird keine Probleme machen. Der Ort hier ist grausam und abartig.«
Von draußen schmiss sich der Regen gegen die Fenster, als wollte er auf sich aufmerksam machen. Katie sah auf die Uhr. Halb neun.
»Ich muss dann mal«, sagte sie entschuldigend.
»Okay, ich mache den Wagen startklar«, sagte Louise.
»Du kommst nicht mit.«
Louise sah beleidigt aus. »Natürlich komme ich mit.«
»Natürlich kommst du nicht mit. Das ist mein Job. Ich trete da doch nicht wie Jennifer Lopez mit Entourage auf. Sie hassen mich ja so schon.«
»Wissen sie, dass du es bist?«
»Wie meinst du das?«
»Wissen sie, dass du es bist? Die Person, die sie schon mal abgelehnt haben?«
»Sie haben mich nicht abgelehnt! Ich ... ich habe dankend verzichtet.«
»Was? Sie haben dir den Job angeboten, und du hast verzichtet?«
»Sozusagen.«
»Einfach so?«
»Kann man so sagen.«
»Also, was mache ich dann den ganzen Tag über?«
»Das hättest du dir vorher überlegen sollen«, erklärte Katie streng. »Vor deinem ganzen Gejammer. Oh bitte, darf ich mitkommen, buhu, blabla.«
Louise sah sie vernichtend an.
»Okay, alle raus hier!«, sagte Mrs McClockerty. Die Männer wurden hektisch, einer faltete seine Zeitung zusammen, ein anderer rieb seinen Finger gründlich unter der Tischplatte ab.
Mrs McClockerty kam, und ihr Busen überragte ihre Köpfe in einer Weise, dass ihnen jedes Licht genommen wurde. »Sie dürfen das Gelände erst um sechs Uhr abends wieder betreten. Das hier ist nämlich kein Hotel.«
»Natürlich ist es ein Hotel«, sagte Katie.
»Es ist eine Pension«, sagte Mrs McClockerty, als hätte Katie sie beschimpft. Die beiden Frauen warteten auf eine Erklärung, was den Unterschied ausmachte, aber es kam nichts. Der Busen schwebte zur Tür hinaus und verschwand in den Eingeweiden des Hauses.
»Kann ich mich unter dem Autositz verstecken, während du arbeitest?«, fragte Louise verzweifelt.
»Nein! Du kannst die Gegend erkunden.«
Pause. »Kann ich einen Regenschirm haben?«, fragte Louise.
»Hab ich vergessen«, sagte Katie ziemlich leise.
»Du reist in die schottischen Highlands und vergisst den Regenschirm?«, sagte Louise noch leiser.
»Ja«, sagte Katie.
Louise saß einen Moment bewegungslos da. Dann stand sie auf, ganz langsam. »Wir sehen uns«, verkündete sie, »um sechs.«
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