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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Gabathuler
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etwas nach oben.«
    Ihre Stimme rettete mich. Sie war so ruhig. So sicher. Ich löste mich aus meiner Starre, tastete nach dem Griff und hielt mich daran fest. Mein Fuß folgte und fand Halt. Um ihn so wenig wie möglich zu belasten, hängte ich fast mein ganzes Gewicht in meine Arme.
    »Gut so«, hörte ich Edy sagen, und schon folgte die nächste Anweisung.
    Ich schaffte es. Mein T-Shirt klebte nass an meinem Rücken, meine Hände zitterten wie irr und mir war kotzübel. Völlig erledigt lehnte ich mich gegen den Fels und wartete darauf, dass mein System herunterfuhr, nicht auf den Normalzustand, das war unmöglich, aber auf einen, der es mir erlaubte, den nächsten Abschnitt in Angriff zu nehmen.
    Weitere Rufe von unten trieben uns vorwärts. Der Pfad wurde breiter und wand sich im Zickzack nach oben. Nach dem höchsten Punkt flachte er ab und verlief sich in dürrem, von Büschen durchzogenem Grasland.
    Smiley hatte ein paar markante Punkte erwähnt, an denen wir uns orientieren konnten. Eine Tanne, höher als alle anderen, war der erste. Nach der Tanne ging es weiter zu einem Hochsitz, dann zu einer nadelförmigen Felsspitze und schließlich gelangten wir an einem Bach entlang zu einer Jagdhütte auf einer kleinen Lichtung.
    Es war kein wirklich gutes Versteck. Von Smiley wussten wir, dass die Hütte nur ein paar Dutzend Meter entfernt von der Straße lag. Jeden Moment konnten Jäger auftauchen. Oder Leute auf der Suche nach einem Picknickplatz. Aber die Hütte war in einem weit besseren Zustand als das Haus unten in der Schlucht und wir planten ja nicht, ewig dort zu bleiben, sondern nur, bis Smiley einen Wagen aufgetrieben hatte.
    Tür und Fensterläden waren verschlossen. Wenn Smiley recht hatte, lag der Schlüssel in einem Hohlraum im oberen Türrahmen. Ich tastete danach, stieß mit den Fingern gegen Metall und zog den Schlüssel aus seinem Versteck. Er passte.
    Knarrend ging die Tür auf. Licht fiel ins Innere der Hütte, in der es genauso aussah, wie ich mir eine Jagdhütte vorgestellt hatte: ein unebener alter Holzdielenboden, Holzwände, Holzdecken, eine Eckbank mit einem hölzernen Tisch, über dem eine angerußte Petroleumlampe hing. Einer dieser Kochherde, die man mit Holz einheizen muss. Eine Spüle ohne Wasserhahn. Zwischen Herd und Spüle ein Brett als Arbeitsfläche. Auf dem Brett ein Messerblock, aus dem riesige Griffe ragten, unter dem Brett Gasflaschen. In der Ecke ein orangefarbener Schrank, der überhaupt nicht zum Rest der Einrichtung passte. Ein winzig kleines Nebenzimmer, in dem ein Bett stand, das fast den ganzen Raum ausfüllte.
    Plötzlich fühlte ich mich furchtbar müde und erschöpft. So müde, dass ich nicht einmal reagierte, als ich Schritte hinter mir hörte.
    »Ich bin’s«, sagte Edy. »Falls du mal musst: Das Plumpsklo ist draußen.«
    »Hier hat’s ein Bett.«
    »Hast du nur das Bett gesucht oder auch die Streichhölzer für die Lampe? Oder wolltest du etwa die Läden öffnen?«
    Mein Gesicht brannte. Zum Glück entdeckte ich genau in dem Moment die Streichholzschachtel. »Auf dem Regal«, antwortete ich, als hätte ich die Dinger längst gesehen. »Wollte gerade die Lampe anzünden.«
    Wenigstens das konnte ich, denn mit solchen Lampen kannte ich mich aus. Kaum flackerte die Flamme auf, drückte Edy die Tür hinter sich zu und verriegelte sie.
    »Wie geht’s deinem Bein?«, fragte sie.
    »Ist in Ordnung.«
    »Lass sehen.«
    »Es ist in Ordnung«, wiederholte ich. »Hab’s am Fluss unten neu verbunden.« Bevor Edy dagegengetreten hatte und etwas gerissen war.
    »Lass sehen!«
    Smiley wollte nicht, dass wir uns zofften. Also streifte ich meine Hose hoch. Der Verband sah übel aus. Schnell zog ich die Hose wieder nach unten.
    »Davon wird es nicht besser«, meinte sie.
    Das war mein Problem. Nicht ihres. Sie wollte mein Bein sehen, sie hatte es gesehen. Ich ging zur Eckbank und versuchte, nicht zu hinken, was unmöglich war, denn nach der Kletterpartie und dem langen Fußmarsch fühlte sich die Wunde an, als stünde sie in Flammen. »Ich nehme die Bank«, sagte ich. »Du kannst das Bett haben.«
    »Smiley behauptet, du bist gar nicht so ein Scheißkerl.«
    Was erwartete sie von mir? Dass ich Ja sagte? Oder Nein? Dass ich mich entschuldigte? Mich bedankte? War das eins ihrer Spiele? Noch ein Test?
    Ich antwortete nicht. Weil ich zu müde war. Aber das war nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass sie mich verwirrte. Meinen Kopf durcheinanderbrachte. Unter meiner

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