Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
einen Drogentest von dir wollen? Wenn ich der Richter wäre, würde ich das verlangen.«
Er hatte mir die ganze Zeit Küsse ins Haar gehaucht, von denen ich eine Gänsehaut bekam, doch jetzt hörte er abrupt auf. »Da hast du wahrscheinlich recht.«
Ich löste mich von ihm und schaute ihm in die Augen. »Es macht mir nichts aus, dass du kiffst. Also, ich werde da nicht mitmachen, und es wäre mir lieber, du wärst clean, wenn wir zusammen sind. Aber ich werde nicht versuchen, dich zu ändern.«
Noah bewegte den Kopf, sodass ihm die Haare über die Augen fielen, und seine Miene war verschlossen. Er kratzte sich am Kinn. »Warum bist du nicht auf die Hoffman High gegangen?«
»Weil für meinen Vater Kunst so schlimm wie der Teufel persönlich ist.« Und weil er glaubte, ich würde genau wie meine Mutter werden, wenn ich mein Talent weiterverfolgte.
»Das ist Blödsinn.«
Klar, aber was konnte ich schon tun? »Meine Mutter war Künstlerin. Er verbindet ihre Begabung mit ihrem Verhalten.«
Noah zog an einer meiner Locken. »Du bist nicht verrückt.«
Ich versuchte ein zuversichtliches Lächeln, aber es geriet ziemlich schief. »Meine Mom setzte ihre Medikamente ab, weil die ihre Kreativität hemmten. Zu jedem Bild, das sie malte, kann ich dir sagen, wie lange ihre manische Phase dauerte. Zum Beispiel an meinem neunten Geburtstag, als sie in der Zeit, in der andere ›Happy Birthday‹ singen, den Parthenon an unsere Wohnzimmerwand malte. Man kann meinem Dad nicht vorwerfen, dass er mich davor bewahren will, jemand zu werden, der zu so was fähig ist.« Ich hielt dabei meine bedeckten Unterarme hoch.
Noah griff nach meinen Armen, doch ich riss sie weg. Er presste die Lippen zusammen und zog unvermittelt sein T-Shirt aus, sodass die ganze Pracht seines muskulösen Oberköpers zu sehen war. Er hielt mir seinen Bizeps direkt vor die Nase.
Ich rang nach Atem. »Oh Gott, Noah.« Ein kreisrunder roter Fleck war auf seiner Haut, genauso groß wie – mir wurde speiübel – eine Zigarre. Ich streckte die Hand aus, um den Fleck zu berühren, und schreckte im letzten Moment davor zurück.
»Nur zu, du kannst es ruhig berühren. Ein paar Tage nachdem es passiert war, hat es aufgehört, wehzutun. Und es beißt dich nicht in den Finger. Es ist nur eine Narbe. Nicht mehr. Nicht weniger.«
Ich legte mir die Hand vor den Mund und schluckte. »Was ist passiert?«
»Pflegevater Nummer eins. Ich war selber schuld. Wollte den Helden spielen und ihn davon abhalten, seinen eigenen Sohn zu schlagen.« Er sagte es so nüchtern, so emotionslos, als wäre es was ganz Alltägliches. »Und das hier« – Noah berührte den oberen Rand des Tattoos auf seinem anderen Arm – »ist von dem Brand, als ich versuchte, Tyler und Jacob vor herabstürzenden brennenden Trümmern zu schützen.«
Eine gut zwei Zentimeter breite Narbe lief senkrecht durch den Längsbalken des auftätowierten Kreuzes und endete an seinem unteren Rand. Oben ging die Narbe weiter und reichte bis auf seinen Rücken. Ich riss den Blick von der Narbe los, um das Tattoo genauer zu betrachten: eine einzelne Rose, die mit einem schwarzen keltischen Kreuz verschlungen war. An jeder Spitze des Kreuzes standen die Namen seiner Mutter, seines Vaters und seiner beiden Brüder. Ich verspürte einen solchen Druck in meiner Brust, dass es mir die Lunge einschnürte. Ich fuhr mit dem Finger die Linien des Kreuzes nach, nicht der Narbe.
»Es ist ein wunderschönes Andenken an sie.« Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es war, alles zu verlieren. Ich hatte immerhin noch meinen Vater. Vielleicht musste ich für den Rest meines Lebens einen Eiertanz aufführen, um ihn nicht zu verstimmen, aber zumindest hatte ich im Augenblick, noch jedenfalls … hoffentlich … seine Liebe.
Noah umgriff meine Finger, die über die Tätowierung strichen, und küsste sie. »Ja, ist es. Meine Eltern wären stolz auf jede Narbe.«
Ich starrte ihn an. »Ich meinte nicht … also … ich meinte das Tattoo.«
Er leckte sich die Lippen, bevor er mir sein verschmitztes Lächeln schenkte. »Ich weiß. Ich hab dir meine gezeigt, jetzt bist du an der Reihe.«
Ich schüttelte heftig den Kopf, noch bevor er den Satz zu Ende gesagt hatte. »Das ist nicht dasselbe. Du bist stark. Du hast Menschen gerettet. Ich … ich hab dem falschen Menschen vertraut und kann mich noch nicht mal daran erinnern, was passiert ist! Wie jämmerlich ist das denn? Und überhaupt, du bist ein Mann. Bei Männern sind Narben
Weitere Kostenlose Bücher