Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
nicht ab. »Sie kennt die Ursache für meine Albträume, aber um deine Frage zu beantworten, ja. Die Frau ist zwar irgendwie verrückt, aber ich habe das Gefühl, sie weiß, was sie tut. Also … jedenfalls … mehr als die anderen Idioten, mit denen ich bisher zu tun hatte. Ich weiß nicht. Ich schätze, ich mag sie.« Ihre Stimme wurde immer schläfriger.
»Jetzt schlaf mal, Baby. Wir sehen uns morgen in der Schule.«
Echo gähnte erneut. »Ja, machen wir Schluss für heute, aber ich werde noch eine Weile lesen. Ich liebe dich.« Sie legte auf, weil sie wusste, dass ich es nicht erwidern würde. Ich wünschte, ich hätte ihren Mut.
»Bitte erzähl mir, dass du mit ihr Schluss gemacht hast«, rief Beth aus dem Keller.
Ich sprang vom Trockner und ging in den Keller. Beth und Isaiah lagen auf dem Bett und schauten fern. »Warum sollte ich?«
»Weil sie verrückt ist. Und bevor du sie jetzt wieder verteidigst, vergiss nicht, dass ich ihren kleinen hysterischen Anfall mitbekommen habe.«
Ich zog mein T-Shirt aus, warf es in den Wäschekorb und ließ mich auf die Couch fallen, um zu schlafen. Das Erste, was ich mir kaufen würde, wenn ich eine eigene Wohnung hätte, wäre ein Bett. Ein richtig großes Doppelbett mit flauschigen Kopfkissen und kuscheligen Bezügen.
»Trau dich ja nicht, mich einfach zu ignorieren. Isaiah, sag ihm, dass er irgendeinen Jungs-Kodex bricht. Zum Beispiel, dass man nicht mit Verrückten ausgeht.«
Kein Problem. Ich machte schon den Mund auf, um Beth eine reinzuwürgen, aber Isaiah hielt mich auf. »Tu’s nicht, Mann, bitte nicht.«
Ich schnappte mir ein altes, fleckiges Kissen und stopfte es mir unter den Kopf. »Hör auf, so eine Zicke zu sein.«
»Danke«, murmelte Isaiah. Beth hasste es, Zicke genannt zu werden. Aber es passte nun mal.
»Was soll’s. Dann mach dir eben weiter was vor. Hat sie eigentlich verschiedene Namen für ihre ganzen Persönlichkeiten?«
»Jetzt mach mal ’ne Pause, Beth«, sagte Isaiah.
Das musste aufhören. Je mehr mich Beth zu reizen versuchte und je heftiger ich Echo verteidigte, umso größer war die Gefahr, dass Beth es an Echo ausließ. Und die hatte auch ohne meine großmäulige, nicht blutsverwandte Schwester schon genug am Hals. Echo würde zwar megasauer auf mich sein, wenn sie es je herausfand, aber ich musste das jetzt tun – damit wir uns nicht alle noch um den Verstand brachten. Ich legte mir den Arm übers Gesicht, in der Hoffnung, endlich schlafen zu können, wenn ich es gesagt hatte. »Gegen Ende der Neunten wurde sie von jemandem angegriffen und verletzt. Echos Bewusstsein hat die Erinnerungen daran unterdrückt, und Mrs Collins will ihr dabei helfen, sich wieder zu erinnern. Was ihr in der Garage mitbekommen habt, war, dass ihr plötzlich ein Bild aus dieser Nacht hochkam. Lasst sie einfach in Frieden.«
Aus dem Fernseher erklang ein Tonbandlachen, gefolgt von irgendeinem Klugscheißerkommentar eines Schauspielers. Ich wartete auf Beths nächste fiese Bemerkung. Als keine kam, hob ich den Arm von den Augen und sah ihren entsetzten Gesichtsausdruck. Isaiah strich ihr das Haar aus dem Gesicht und murmelte ihr etwas ins Ohr. Sie blinzelte heftig und fasste sich wieder. »Es tut mir so leid, Noah«, flüsterte sie. »Es tut mir so leid.«
»… und ich habe dir noch ein paar Informationen von den Unis Louisville und Kentucky mit reingelegt, aber der Staat wird die Kosten für jede staatliche Hochschule tragen. Die haben beide hervorragende Architekturstudiengänge.« Mrs Collins holte zum ersten Mal seit fünf Minuten Luft. Die Nachmittagssonne verwandelte ihr Büro in eine Sauna.
»Architektur?« Ich schaute ihr prüfend in die Augen, ob sie irgendwas genommen hatte.
»Architektur.« Sie lächelte breit.
Ich warf einen halbherzigen Blick auf den Stapel Broschüren auf meinem Schoß. Mein Vater war Architekt gewesen. Er hatte die Häuser für Habitat entworfen, die wir gebaut hatten, und hatte mich dabei sogar helfen lassen. Ich fing an, die Zulassungsvoraussetzungen zu lesen. Was tat ich hier eigentlich? Ich schlug den Ordner zu.
»Echo vertraut Ihnen«, sagte ich. Keine Ahnung, woher das jetzt kam, jedenfalls musste ich mir Sachen aus dem Kopf schlagen, die sowieso nicht infrage kamen.
Ihre Augen wurden sanft, doch im Nu hatte sie wieder ihr Hündchengesicht aufgesetzt. »Na, na, ich habe dir doch schon gesagt, dass wir hier nicht über Echo sprechen.« Sie wippte mit ihrem Stuhl vor und zurück. »Halt, ich nehme das
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