Noah: Thriller (German Edition)
Schrottpresse zu fahren. Bürger eines der reichsten Länder der Welt bekamen Geld ausgezahlt, eine sogenannte Abwrackprämie, und zwar dafür, dass sie Rohstoffe vernichteten, um mit dem Kauf eines neuen Autos weitere Rohstoffe zu verbrauchen, während in den ärmsten Ländern der Welt die Kinder verhungern, weil es an Sprit und Transportfahrzeugen für die Hilfsgüter fehlt.«
In weiter Entfernung konnte Noah einen Mast mit einer Wetterfahne und damit die ersten Zeichen des Flughafens erkennen. »Sie klingen so, als ob Sie Room 17 befürworten.«
Wieder lachte Brahms zynisch auf.
»Das Paradoxe ist, dass diese Verbrecher sich für Umweltschützer halten. Sie wollen die Zahl der Menschen auf ein verträgliches Maß reduzieren, damit wir weiterhin billig tanken, unsere Scheiße mit Trinkwasser runterspülen und selbst im Winter unter Heizpilzen vor dem Restaurant sitzen können. Sie halten sich nicht für Verbrecher, sondern für Realisten. Da der Mensch von Natur aus ein Egoist ist und seinen Lebensstil nicht ändern wird, muss die Anzahl der Menschen verringert werden, wenn wir uns nicht komplett ausrotten wollen.«
»Und der Plan, mit dem das umgesetzt wird, hat drei Stufen und nennt sich Projekt Noah?«
»Ganz genau.«
»Was geschah auf der ersten Stufe?« Es hatte zu nieseln begonnen, und Noah aktivierte den Scheibenwischer.
Brahms senkte den Kopf und gab den Blick auf eine gräulich glatte Betonwand hinter sich frei, dann wischte er sich mit der flachen Hand übers Gesicht. Er schwitzte.
»Unter den Gründungsmitgliedern von Room 17 sind mehrere Eigentümer von Erdölraffinerien und Fluggesellschaften. Erinnern Sie sich an unsere Unterhaltung über die Chemtrails?«
Wieder wanderte Noahs Blick in den Rückspiegel zu Oscar, der Altmann ein Taschentuch reichte.
»Nicht den Kopf in den Nacken legen«, hörte er ihn sagen. »Es ist besser, wenn Sie es einfach laufen lassen.«
Noah konzentrierte sich wieder auf Brahms.
»An einem einzigen Tag starten allein von Atlanta aus so viele Flugzeuge, dass das Netz ihrer Abgase sich quasi über den gesamten Globus spannt. Room 17 hat über Jahre hinweg das Kerosin mit einem manipulierten Herpes-Virus kontaminiert.«
»Herpes?«
Noah wünschte, er hätte die Möglichkeit, noch einmal einen Blick auf den Lebenslauf Dr. David Mortens zu werfen, den Oscar ausgedruckt hatte. An Nanoforschung und flüssige Mikrochips konnte er sich erinnern.
Aber Herpes?
»Ein Erreger, der über Jahrzehnte hinweg unbemerkt im Körper schlummern kann, bis er plötzlich zum Leben erwacht. Er war der Mantel für die nächste, tödliche Komponente.«
»Welche?«
»Pest.«
»Moment mal, soll das heißen, dass wir alle …«
Das Navi, das die letzten Minuten keine Route gefunden hatte, zeigte plötzlich eine Zielfahne. Das Flughafengelände versteckte sich rechts von ihrer Fahrbahn hinter einem deichartigen Wall.
»Mann, langsam komm ich mir blöd vor, Ihnen zu sagen, was ich von Ihnen selbst gehört habe, damals, als Sie mich in Rom besuchten«, stöhnte Brahms. »Ich wollte es selbst kaum glauben, als Sie mir sagten, wir seien alle mit einem Herpes-Pest-Erreger infiziert. Der genetisch veränderte Keim hat sich mittlerweile in unser Erbgut geschlichen. Wir alle tragen eine Zeitbombe in uns. Zum Beweis haben Sie mich auf die vielen Allergien hingewiesen, die vor allen Dingen in den westlichen Ländern seit den achtziger Jahren immer stärker auftreten. Angeblich wären das keine Nebenwirkungen der Umweltverschmutzung, sondern die sichtbaren Zeichen von Stufe eins.«
»Die ich gezündet habe?«
»Nein. Das war Ihr Vater.«
Noah dachte an den alten Mann und hörte in Gedanken den Schuss, der sie aus dem Bungalow getrieben hatte.
» Sie sind für die dritte Stufe verantwortlich. Sie haben den Wirkstoff entwickelt, mit dem der schlummernde Herpes-Virus aus seinem Dornröschenschlaf geweckt wird und den Pest-Erreger freisetzt.«
Noah blickte nach hinten, zu Altmann, dem das Blut weiterhin aus der Nase tropfte. Zu Celine, die sich abgewandt hatte und eine Hand auf den Bauch gepresst aus dem Beifahrerfenster sah.
Nein.
Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein.
»Aber ich wollte aussteigen?«, fragte er.
»Ja.«
Brahms’ Antwort half nicht, die Abscheu, die er vor sich selbst empfand, zu lindern.
»Kurz nach den Impfwellen.«
Impfung?
»Es gibt also ein Gegenmittel?« Noah spürte, wie Celine sich wieder zu ihm drehte.
»Ja, aber nur für auserwählte
Weitere Kostenlose Bücher