Noah: Thriller (German Edition)
ausführlich diskutiert, und es besteht unter führenden Wissenschaftlern kein Zweifel daran, dass wir schon jetzt mit aktuell über sieben Milliarden unsere Kapazitäten weit überschritten haben. Zumindest dann, wenn alle Menschen so verschwenderisch mit unseren Ressourcen umgehen würden wie etwa die Europäer und Amerikaner.
Jeder Deutsche »verbraucht« aktuell ungefähr 26 Kilogramm Textilien (im Jahr 1950 waren es nur fünf!). Für die Herstellung einer einzigen Jeans werden 8000 Liter Wasser benötigt. Wo sollen die Rohstoffe herkommen, wenn im Jahr 2050 die Weltbevölkerung an der 10-Milliarden-Marke kratzt? Schon heute hungern 900 Millionen Menschen, vorwiegend in den Entwicklungsländern, während allein in Deutschland jedes Jahr 58 Millionen Schweine am Fließband geschlachtet werden. Ein Teil der Menschheit lebt so, als ob wir sechs weitere Planeten im Keller hätten, der andere zahlt die Rechnung. Uns ist es gelungen, in nur wenigen Jahrzehnten das Öl, das in Jahrmillionen entstanden ist, unwiederbringlich zu verfeuern. (Fast) jedem ist klar, dass es nicht möglich ist, dass 10 Milliarden Menschen Hamburger essen, Vollbäder nehmen, im Jet um die Erde fliegen oder im SUV in die nächste Shopping-Mall fahren. Trotzdem werden überall Wirtschaftswachstum und Verbrauch propagiert.
Dass das auf lange Sicht nicht gut gehen kann, ist klar. Möglich, dass sich die Verhältnisse auf unserem Planeten durch ein friedliches Umdenken und Verzicht verändern werden. Wahrscheinlicher aber ist es, dass die Kluft zwischen Wohlstand und Elend immer größer wird und es zu gewaltsamen Konflikten kommen wird.
All Ihre Charaktere – nicht nur die Guten, auch die Bösen – sind in NOAH so authentisch-menschlich gezeichnet, dass sich der Leser mit ihnen identifizieren kann. Heißt das, dass Sie die menschliche Natur zwar erschreckend gut kennen, den Glauben an selbige aber trotzdem noch nicht verloren haben?
Ich glaube fest an das Gute im Menschen. Die Mehrheit will durch ihr Verhalten niemanden aktiv schädigen. Die Wenigsten haben ja überhaupt Kenntnis von den Zusammenhängen zwischen ihrem Verhalten und dem Schaden, der dadurch entsteht. Oder wussten Sie, dass für eine einzige Packung Kartoffelchips 185 Liter Wasser verbraucht werden? Das ist mehr, als in eine Badewanne passt! Oder dass in Ihrem Handy das Erz Coltan steckt, das Kinder in afrikanischen Bürgerkriegsregionen unter Lebensgefahr mit der Hand abbauen müssen? Und wenn Sie es wissen, was machen Sie jetzt mit dieser Information?
Das Umweltbundesamt hat mal an die Bevölkerung appelliert, alte Mobiltelefone nicht einfach wegzuschmeißen. Gleichzeitig hat die Bundesregierung mich gebeten, mein noch funktionstüchtiges Auto in die Schrottpresse zu fahren, um eine Abwrackprämie zu kassieren. Wir leben in einer schizophrenen Welt, in der es immer schwieriger wird, sich »richtig« zu verhalten.
»Alle sechs Sekunden stirbt in der Welt ein Kind an Hunger« . Wie stehen Sie dazu, dass wir trotzdem Getreide verbrennen, um Biosprit daraus zu gewinnen?
Diese Zusammenhänge sind, wie ich ja oben bereits beschrieben habe, den wenigsten Menschen bewusst. Selbst wenn ich nicht Biosprit tanke, befinden sich ja bis zu 5 % Ethanol in meinem Benzin, also Biotreibstoff, der zum Teil in Entwicklungsländern, zum Beispiel auf gerodeten Regenwaldflächen angebaut und dem E5-Treibstoff beigemischt wird. Will ich das? Nein. Kann ich dagegen etwas tun: Ja, aber das ist verdammt schwer. Eigentlich müsste man beim Benzinpreis den Wiederbeschaffungswert einberechnen. Was würde es uns kosten, wenn wir, sobald das Öl alle ist, die Menge, die wir verfeuert haben, künstlich wiederherstellen? Benzin wäre mit einem Schlag vollkommen unbezahlbar.
Eines will ich an dieser Stelle ausdrücklich klarstellen: Ich bin weit davon entfernt, anderen Menschen mit meinem Buch Vorhaltungen zu machen. Mein eigener ökologischer Fußabdruck, das habe ich im Nachwort festgehalten, ist auch alles andere als vorbildlich. Aber die Beschäftigung mit dem Thema hat mich sensibilisiert, und mehr kann Unterhaltungsliteratur beim Leser meiner Meinung nach auch nicht bewirken. Dennoch ist die mit der Information einhergehende Sensibilisierung wichtig. Derzeit leben wir in einem Land, in denen die Medien fast täglich über den hohen Benzinpreis meckern, anstatt die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass er eigentlich viel zu niedrig ist, und wir alle irgendwann die Zeche dafür zahlen
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