Noah: Thriller (German Edition)
sie mitten im Satz, bevor sie noch weiter in seine Privatsphäre vordringen konnte.
»Okay, ist gut. Also dann.«
Sie klang melancholisch. »Bis nächste Woche«, sagte sie, obwohl sie spürte, dass es kein nächstes Mal geben würde.
»Ja, bis dann«, antwortete Noah, obwohl er wusste, dass sie es wusste.
Er legte auf. Starrte auf den Zettel. Langsam, wie in Zeitlupe ballte er die Finger, zerknüllte das ohnehin schon rissige Papier zu einem immer kleiner werdenden Ballen, so lange, bis es in seiner großen Faust verschwunden war.
Dann warf er die Papierkugel in den Mülleimer, direkt neben dem Münzfernsprecher gegenüber dem Kiosk, neben dem sie vor einem Monat ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten.
»Komm«, sagte er und griff nach der Leine, auf die er während des Telefonats mit seinen Stiefeln gestanden hatte. »Wir gehen.«
Toto war deutlich größer geworden und lange nicht mehr so tapsig. Jenny, die er am Hauptbahnhof wiedergefunden hatte, hatte sich in ihrem HundeDoc-Mobil gut um das Tier gekümmert. Es war munter und quicklebendig. Im Gegensatz zu Patricia, die an einer Überdosis gestorben war. Oder an Unterkühlung. So sicher war man sich da nicht auf der Straße.
»Ich mach dich ja schon los«, sagte Noah und beugte sich zu Toto, nachdem dieser an der Leine gezogen und unwirsch gekläfft hatte. Normalerweise wich ihm das Tier nicht von der Seite. Nur wenn er zu lange stehen blieb, zum Beispiel um zu telefonieren, begab Toto sich alleine auf Entdeckungstour.
Wieder von der Leine befreit, folgte er Noah brav bis zu den Rolltreppen, wo dieser ihn für die Fahrt nach unten kurz auf den Arm nahm.
Noah roch das verbrannte Gummi, den Staub und den Diesel. Hörte, wie ein Zug sich näherte, und wartete ab, bis er wieder den Bahnhof verlassen hatte.
Dann lief Noah den Bahnsteig entlang und dachte dabei an Oscar, der, wenn es in seiner Macht stand, ihn von irgendwoher zu beobachten, hoffentlich nichts dagegen hatte, dass er jetzt in sein Versteck gezogen war.
Und mit der Hoffnung, dass neben der abstrakten Zeichnung seines Bruders und einigen Sätzen, die mit altväterlicher Stimme gesprochen in seinem Kopf umherspukten, vielleicht auch Oscar auf ewig in seinem Gedächtnis verankert sein würde, sprang Noah am Ende des Bahnsteigs auf die Schienen und lief mit Toto an seiner Seite der Dunkelheit entgegen.
Dies ist ein Roman. Sämtliche Personen und Handlungen sind frei erfunden. Die sogenannten Bilderberg-Konferenzen finden allerdings tatsächlich unter den in diesem Buch beschriebenen Sicherheits- und Geheimhaltungsvorschriften alljährlich statt. Die auf diesen Konferenzen besprochenen Themen und Beschlüsse sind der Allgemeinheit nicht zugänglich, die in diesem Buch aufgestellten Theorien über die Bilderberger und ihre Absichten daher reine Fiktion; dies gilt insbesondere für die frei erfundene Organisation Room 17.
Die geschilderten Zustände in den Slums Manilas hingegen entsprechen ebenso der Wahrheit wie sämtliche von der Kunstfigur Jonathan Zaphire geäußerten Fakten über den gegenwärtigen Zustand unserer Welt. (Stand 01. 05. 2013 bei Abgabe des Manuskripts)
Gleichwohl sind die in
Noah
vertretenen Ansichten und Meinungen ausschließlich die der handelnden Personen und nicht die des Autors oder des Verlags.
Nachwort
Um es klarzustellen: Room 17 irrt. Die Fakten und Zahlen, auf die ihre Anhänger sich berufen, entsprechen zwar der Wahrheit. Doch ganz gleich, wie viele Menschen hungern, verdursten, an Krankheiten sterben, vor Kriegen flüchten, durch Armut und Not in die Flucht, Sklaverei oder Zwangsprostitution getrieben werden, ganz gleich, wie stark die Heerschar an Klimaflüchtlingen noch anwachsen wird: Überbevölkerung ist nicht das primäre Problem.
Das Problem ist in erster Linie der Lebensstil vornehmlich jener Industrienationen, deren Bevölkerungswachstum stagniert oder sogar rückläufig ist. Es ist das Wirtschaftssystem jener Mächte, das auf maximales Wachstum und damit auf maximale Ressourcenvernichtung ausgelegt ist.
Nur ein Beispiel: Für die Herstellung des Öls, das unsere Zivilisation gegenwärtig in nur einem einzigen Jahr verbraucht, hat die Natur eine Million Jahre benötigt. Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass kommende Generationen uns für völlig bekloppt halten werden. Öl, das in 250 Millionen Jahren entstanden ist, haben wir in nur 250 Jahren verbrannt – oder für so sinnvolle Dinge verwendet wie zum Beispiel für 5,3 Milliarden
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