Noah: Thriller (German Edition)
oder die spanische Königin und Prinz Philippe von Belgien. Allein das unangekündigte Aufkreuzen einer einzigen dieser Personen in einer Hotellobby hätte normalerweise einen Tross von Paparazzi zur Folge. Bei einer Bilderberg-Konferenz sitzen im Schnitt hundertdreißig Berühmtheiten auf einem Haufen, und doch finden die Treffen sich nicht einmal als Randnotiz in den Abendnachrichten wieder.«
Wieder erschütterte eine U-Bahn die Wände, diesmal fühlte es sich an, als schösse sie durch einen Tunnel unter ihren Füßen.
»Teilnehmende Journalisten müssen sich verpflichten, kein Wort über den Inhalt der Konferenz nach draußen dringen zu lassen. Zum Glück haben sich einige wenige Mutige nicht daran gehalten, sonst wüssten wir überhaupt nicht, was die Reichen und Mächtigen hinter verschlossenen Türen besprechen.«
»Und worum geht es?«, fragte Noah in der Hoffnung, Oscar würde endlich zum Punkt kommen.
»Du glaubst mir nicht, das sehe ich dir an, Großer. Aber alles, was ich dir erzählt habe, kannst du nachprüfen. Das habe ich mir nicht ausgedacht. Nicht einmal das mit den vier Hochzeiten im Marriott. Das war tatsächlich die vorgeschobene Ausrede für die Sperrung des Hotels. In Wahrheit wurde dort die fünfzigste Bilderberg-Konferenz abgehalten, auf der es wie immer um ein beherrschendes Thema ging.«
»Das wäre?«
»Eine neue Weltordnung.«
»Oh Mann.«
Noah presste die Lippen aufeinander, um nicht zu fluchen. Quersummen, Chemtrails, Geheimlogen – was kam als Nächstes?
»Schlag nach, Seite siebzehn«, forderte Oscar ihn auf und reichte ihm das Buch, das er aus dem Regal gezogen hatte: Andreas von Rétyi. Bilderberger. Das geheime Zentrum der Macht.
»30. Mai bis 2. Juni 2002 im Westfields Marriott. Ein Thema war die Lage im Irak. Kurz nach der Konferenz war Bin Laden für eine Weile als Staatsfeind Nummer eins abgelöst, und Saddam Hussein wurde zum gefährlichsten Mann der westlichen Welt aufgebaut. Mit gefälschten Beweisen nicht existierender Giftgasanlagen, die nur ein Jahr später sogar einen Krieg rechtfertigen sollten.«
»Und das soll auf dieser Bilderberg-Konferenz beschlossen worden sein?«, fragte Noah, ohne das Buch mit dem schwarzen Schutzumschlag zu öffnen.
»Woher soll ich das wissen, wenn immer nur Fragmente durchsickern? Aber die enormen Sicherheitsvorkehrungen und die paranoiden Geheimhaltungsvorschriften sprechen dafür, dass dort sicher nicht über ein Kinderhilfsprojekt abgestimmt wurde. 2011 wollte ein italienischer EU-Abgeordneter durch den Haupteingang des Suvretta House, einem Luxushotel bei St. Moritz, ohne Einladung zur Konferenz. Ihm wurde von Sicherheitsbeamten die Nase blutig geschlagen. Ein Aufschrei der angeblich freien Presse? Fehlanzeige.«
Oscar hatte sich in Rage geredet, fuchtelte mit den Armen.
»Jahr für Jahr tagt ein nicht gewähltes Parlament und bestimmt in geheimer Sitzung die Geschicke unserer Welt. Allein das 48. Bilderberg-Treffen in Brüssel: Dominique Strauss-Kahn, Multimilliardär George Soros, Königin Beatrix, Jean-Claude Trichet und der griechische Außenminister Papandreou in einem Raum mit den Firmenchefs von Thyssen-Krupp, Fiat, Xerox, Goldman Sachs, Shell, Deutsche Bank, Nokia sowie dem Pharmariesen Novartis, außerdem anwesend der damals stellvertretende Chefredakteur der Zeit, Matthias Naß – und dem war das keine Titelstory wert? Kein Sterbenswort von dem Journalisten, der schon dreizehnmal eingeladen wurde! Er hält sich an den vereinbarten Maulkorb.«
Noah hob die Hand, um sich eine Pause in Oscars Redefluss zu erkämpfen, und zeigte auf die Zeitungsseite, die Oscar vor Aufregung zu Boden gefallen war.
»Was hat das alles mit dem Artikel und Room 17 zu tun?«
Und mit mir?
»Der Artikel, richtig.« Oscar bückte sich und hob das Papier auf, das die Kette der Mordanschläge erst ins Rollen gebracht hatte. Seitdem Noah die Reporterin der New York News angerufen hatte, waren sie auf der Flucht vor professionell ausgebildeten Killern.
Aber weshalb wollen sie den Urheber dieses anonym zugestellten Bildes ermorden?
Auch Oscars weitere Ausführungen machten Noah in dieser Frage nicht schlauer.
»Die Bilderberger nennen ihre Organisation nach dem Hotel, in dem 1954 die allererste Geheimsitzung tagte. Damals lud Prinz Bernhard der Niederlande die Mächtigsten der Mächtigen in sein eigenes Nobelquartier, das Hotel de Bilderberg, nach Oosterbeek. So viel zu den Fakten. Jetzt kommen die Gerüchte.«
»Oscar,
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