Noah: Thriller (German Edition)
denen ihn jemand ganz eindeutig ins Verderben lotsen wollte – da schnitt ihm ein lautes Klingeln die Worte ab, bevor sie ausgesprochen waren.
»Wer ist das?«, fragte Oscar und starrte ängstlich auf das Satellitentelefon in Noahs Hand, denn diesmal war es nicht die Erinnerungsfunktion des elektronischen Kalenders, der sie hatte zusammenzucken lassen, sondern ein eingehender Anruf mit unterdrückter Rufnummer.
33. Kapitel
Celine war so überrascht, ein Freizeichen zu hören, dass sie beinahe wieder aufgelegt hätte. Als Noah sich mit harter, fester Stimme schließlich meldete, wünschte sie, sie hätte es getan. Sie sah nervös zu der Erpresserin, die ihr gegenübersitzend per Freisprecheinrichtung mithörte, zupfte mit feucht werdenden Fingern den Saum ihrer Bluse gerade und wusste nicht, wie sie das Gespräch beginnen sollte. In ihrem Kopf herrschte eine ungemütliche Leere, alle Zuversicht war verschwunden.
Was soll ich ihm sagen? Wie soll ich mich verhalten, damit er nicht gleich wieder auflegt?
Schließlich war es Noah, der die Unterhaltung in Gang setzte.
»Wer sind Sie?«
Celines Blick flog zu Amber, die ihr aufmunternd zunickte.
»Wir, ich … wir haben heute schon einmal telefoniert.«
»Ich will wissen, wer Sie wirklich sind.«
»Ich sage die Wahrheit. Mein Name ist Celine Henderson, ich arbeite als Redakteurin bei der New York News .«
»Weshalb haben Sie mich ins Adlon gelockt?«
Noah feuerte die Fragen wie Pistolenschüsse ab.
»Ich wusste nicht, dass man Ihnen etwas antun will«, versuchte Celine den ersten Ansatz einer Erklärung. »Im Moment sitze ich selbst einer Frau gegenüber, die mich töten will, wenn ich Sie nicht überrede.«
War das zu früh? Celine biss sich auf die Zunge. Schon nach wenigen Sekunden hatte das Gespräch ein Stadium erreicht, in dem sie, wäre sie am anderen Ende, bereits aufgelegt hätte.
»Überrede wozu?«, fragte Noah.
»Dass Sie sich stellen.«
Die Worte kamen Celine unangemessen kindlich vor, so als würden sie Räuber und Gendarm auf dem Pausenhof spielen.
»Hallo?«, fragte sie ängstlich.
Pause. Kein Atmen, kein Rauschen. Nichts.
»Sind Sie noch dran?«
»Welchen Grund sollte es geben, mich auf Wunsch einer Fremden an jemanden auszuliefern, der mich töten will?«, meldete sich Noah zurück.
»Es gibt keinen Grund.«
Eine weitere stumme Pause, in der Celine die Augen schloss.
Sie fühlte förmlich, wie der Mann mit sich rang, ob er lieber auflegen oder weitere Informationen abrufen wollte.
Sie wusste nicht, ob Amber bluffte (aber wieso sollte jemand, der von der Existenz geheimer Kühlschrankzimmer wusste, in dieser Beziehung lügen?) , ihr war nicht klar, ob das Kratzen im Hals und die leichte Atemnot von der Aufregung oder tatsächlich von der fehlenden Lüftung herrührte (allerdings gab es tatsächlich keine sichtbaren Fugen, der Automat schien perfekt mit den Wandkanten abzuschließen) – doch in einem Punkt war sie sich sicher: Die kommenden Sekunden würden über ihre Zukunft entscheiden. So oder so. Daher spürte sie ein Gefühl tiefer Erleichterung, als Noah sich gegen das Auflegen entschied.
»Okay, Celine. Ich will, dass Sie mir jetzt blitzschnell antworten, ohne zu zögern, haben Sie verstanden?«
»Ich weiß nicht …«
Wieder biss sie sich auf die Lippen. Sie wusste, dass sie etwas Falsches gesagt hatte.
Nicht zögern. Er will, dass du NICHT zögerst.
»Soll ich auflegen?«
»Nein, bitte nicht.«
»Gut, also los. Welche Haarfarbe hat die Frau bei Ihnen?«
Ein rascher Blick zu Amber, die amüsiert wirkte.
»Schwarz.«
»Lang- oder Kurzhaarfrisur?«
»Eher lang.«
»Welche Waffe ist auf Sie gerichtet?«
»Gar keine.«
»Wie sollen Sie getötet werden?«
Celine stockte. Mittlerweile hatte sie begriffen, worauf das Fragenfeuerwerk hinauslief. Sie war die Kandidatin eines verbalen Lügendetektortests. Je länger sie sich Zeit ließ, desto eher entstand der Eindruck, sie würde sich eine Lüge zurechtlegen, daher beeilte sie sich zu sagen: »Ich sitze in einer luftdichten Geheimkammer.«
Jetzt legt er auf.
»Wie sind Sie da reingekommen?«, wollte Noah wissen.
»Durch einen Kühlschrank.«
Verdammt, JETZT legt er auf!
»Wie war das?«
Celine erklärte es ihm, zweifelte aber, dass es ihr in der Aufregung auch nur annähernd plausibel gelungen war. Amber grinste jetzt eindeutig belustigt und spielte an ihrer Kette. Wieder sah Celine die Nummer 17 auf dem Aufhänger blitzen. Wieder hatte sie keine
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