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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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behelligen.
    »Nicht nötig«, antwortete Jay und blieb vor einer leicht schräg in die Gasse ragenden Bretterhütte stehen. »Wir sind da.« Mit diesen Worten zog er einen Vorhang zur Seite. Dann verschwand er im Inneren des Verschlags.
    »Warte! Jay!« Alicia wischte sich den Schweiß aus der Stirn. Die Behausung, in die sie ihm mit eiligen Schritten folgte, war unerwartet geräumig.
    Sie roch streng nach Schweiß und Ausscheidungen, war aber auf den ersten Blick sauber, zumindest für die Verhältnisse, die sonst im Sumpf herrschten; ungewöhnlich hoch gebaut, mit einer kleinen Nische über der Kochstelle, die man über eine Holzleiter erreichen konnte. Auf einer Art Hochbett saß ein hagerer, dunkelhäutiger Mann und schnitt sich die Fußnägel. Er hatte raspelkurze Haare und weit auseinanderstehende Augen. Direkt unter ihm stand eine unglaublich dicke Frau vor einem Bunsenbrenner und rührte in einem Kochtopf.
    Ihr Bauch quoll über eine viel zu eng anliegende Jogginghose. Statt eines Oberteils trug sie nur einen schwarzen Büstenhalter, dessen Träger tiefe Gräben in das Fleisch zogen. Zu ihren Füßen balgten sich zwei Kleinkinder um eine Puppe ohne Arme.
    »Was wollt ihr?«, fragte die Dicke, ohne sich umzudrehen. Auch der Mann hatte kaum zu ihnen herabgesehen, als sie die Hütte betreten hatten. Anscheinend kam öfter unangemeldeter Besuch in ihre Hütte.
    »Sie haben ein Baby«, stellte Jay mit Blick auf einen Cola-Kasten fest, der fast mittig im Raum stand. Über die Verschalung für die Flaschen hatte jemand eine zerschlissene Decke gestopft, darauf lag ein schlafender Säugling.
    Viel wohlgenährter als Noel, dachte Alicia mit wehmütigem Blick auf den Babyspeck an Bauch und Schenkeln des nackten Jungen.
    »Eines?« , lachte der Mann dreckig von oben herab. Er trug nichts als eine verdreckte Unterhose an seinem dürren Leib. »Chona hat den halben Slum bevölkert.«
    »Und wer ist dran schuld?«, fauchte die Dicke zurück. »Wer kann denn seinen Schwanz nicht in der Hose lassen, Bituin?« Dann, zu Jay gewandt: »Wieso fragst du so blöd?«
    »Wir brauchen Milch.«
    »Jay«, entfuhr es Alicia, die begriffen hatte, was ihr Sohn im Schilde führte. Schamröte stieg ihr ins Gesicht. Was fiel ihm nur ein? Deshalb hatte er ihr nicht gesagt, wohin er sie führte. Nie im Leben hätte sie zugestimmt, eine Amme für Noel zu suchen.
    »Das kommt gar nicht in Frage«, sagte sie, sehr zur Belustigung von Chona und Bituin, die gehässige Blicke austauschten.
    Wie konnte er sie nur so demütigen? Sie als unnütze Mutter vorführen. Nicht imstande, für das eigene Kind zu sorgen.
    »Bitte, Mama. Noel braucht Milch. Und die da …«, Jay zeigte auf Chona, »… hat welche.«
    »Ja, meine Frau steht gut im Saft«, lachte Bituin und nahm sich mit der Nagelschere den großen Zeh seines rechten Fußes vor. »Was man von deiner Mutter nicht behaupten kann, Kleiner.«
    Eines der Kleinkinder begann zu schreien, weil das andere die armlose Puppe nicht wieder hergeben wollte.
    »Halt’s Maul«, sagte Chona zu ihrem Mann und gab dem plärrenden Kind einen sanften Tritt, wodurch das Geschrei nicht besser wurde.
    »Werden Sie uns helfen?«, fragte Jay.
    »Kommt drauf an«, sagte Chona und schluckte schwer, so wie jemand, dem die Magensäure hochsteigt.
    »Worauf?«, wollte Jay wissen.
    »Auf den Preis.« Sie rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
    Alicia tippte Jay auf die Schulter und sagte ärgerlich: »Lass uns gehen. Sofort!«
    Du hast es gut gemeint, aber das hier sind Verbrecher. Und niemals würde ich mein Baby Gesindel wie diesem anvertrauen.
    »Wie viel?«, fragte Jay ungerührt.
    »Fünf.«
    »Pesos?«
    »Dollar.«
    »Amerikanische«, ergänzte Bituin von oben herab und ließ geräuschvoll die Schere auf- und zuschnappen.
    »Komm endlich, Jay«, sagte Alicia, die sich sicher war, bald die Fassung zu verlieren, wenn sie diesem Pack noch länger zuhören musste. Nicht, dass sie Noel auch nur in die Nähe der Frau gelassen hätte, aber wenn dieser Abschaum ihnen schon nicht helfen wollte, dann konnte er das rundheraus sagen und musste keine Spielchen mit ihrem Sohn spielen.
    Fünf Dollar!
    »Die machen sich nur über uns lustig«, sagte sie zu Jay.
    »Nein, tun wir nicht.«
    Die Dicke wischte sich die Hände an ihrer Hose ab. »Sie wollen Milch. Wir wollen hier raus.«
    »Raus?«, fragte Jay.
    »Ja. Nichts von den Sperren gehört? Bituin hat einen Kumpel am Kontrollposten.«
    »Für fünf Dollar lässt er mich durch«,

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