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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Mann, der in sich alle Klischees vereinte, die man von einem Schauspiel- und Ballettlehrer erwartete – Lackschuhe, Maßanzug, weißer Schal, homosexuell –, hatte ihm erzählt, welchen berühmten Hollywoodstars er allen ihr Lächeln beigebracht hatte, das wichtigste Accessoire im Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich.
    Altmann hatte damals aus einem Impuls heraus die Frage gestellt, ob er von ihm auch das Gegenteil erlernen könne: eine unbewegte Miene, selbst dann, wenn die Umstände ein Lachen geradezu provozierten.    
    Es war gelungen, wie er in diesem Moment unter Beweis stellte. Am liebsten hätte er gelacht oder zumindest geschmunzelt angesichts des Zwiespalts, in dem sein Gegenüber gerade steckte, aber er zuckte nicht einmal mit den Mundwinkeln. Altmann konnte die Alarmglocken förmlich hören, die in Noahs Kopf läuteten. Und er sah den Kampf, den sein Zielobjekt mit sich selbst austrug. Schon einmal meinte Noah sich geirrt zu haben. Ein zweites Mal wollte er keinen Fehler machen. Doch sein Misstrauen war unverkennbar und äußerte sich in den Fragen, die er ihm stellte.
    »Was machen Sie in Amsterdam?«
    »Ich bin beruflich unterwegs«, antwortete er auf Englisch mit gespielt deutschem Akzent. Eines seiner Steckenpferde waren Dialekte, es machte ihm keine große Mühe, wie ein fremdsprachlich gebildeter Deutscher zu klingen.
    »In welcher Branche?«
    »Vorhänge, Gardinen, Fliegengitter.«
    Nur in Filmen hörte man von Agenten doppeldeutige Sätze wie: »Ich arbeite in der Abfallbeseitigung. Hole den Müll von der Straße.«
    »Und Ihr Gepäck?«, hakte Noah nach.
    »Mein Musterkoffer ist bereits beim Kunden.«
    Wäre es nicht so traurig, hätte Altmann diese Unterhaltung noch gerne eine Weile fortgeführt, aber er war kein Sadist. Töten machte ihm keinen Spaß. Einer seiner Nachbarn in Washington war Gastroenterologe und hatte ihm bei einem Gartenfest einmal eine Darmspiegelung mit den Worten ans Herz gelegt: »Glauben Sie mir, das ist auch für den Arzt eine beschissene Angelegenheit. Aber sie ist verdammt noch mal leider notwendig.« Besser hätte Altmann seinen Job auch nicht beschreiben können.
    Sie bestellten zwei Tassen Kaffee bei einem müden Kellner, der endlich aus seiner Kombüse aufgetaucht war, und eine große Cola für Noahs Begleiter, der noch kein Wort gesagt hatte und nur aus dem Fenster starrte. Oscar, oder wie er sich nannte, war kein primäres Ziel, aber sein Verlust würde sich leider nicht vermeiden lassen.
    »Nur noch fünf Minuten«, erinnerte ihn die Frauenstimme in seinem Ohr an die verbleibende Restfahrzeit. Altmann tat so, als müsste er sich kratzen. In Wahrheit öffnete er das Holster an seinem Unterschenkel.
    Natürlich hätte er bereits beim Einstieg in Berlin die Gelegenheit gehabt, Noah auszuschalten. Doch das Gespräch mit seiner Einsatzleiterin im Hof der US-Botschaft hatte ihn nachdenklich gestimmt. Altmann spürte, dass sie ihm etwas verheimlichte. Und dass er auf ein riesiges Kuddelmuddel zusteuerte, wenn er Noah aus dem Weg räumte, ohne alle Fakten zu kennen. Hinzu kam, dass er es noch nie zuvor mit einem so versierten Gegner zu tun gehabt hatte. In seinen Augen kam es einer Verschwendung gleich, einen derartigen Künstler ohne Kenntnis der wahren Hintergründe zu eliminieren. Daher hatte er Noah verwanzt und gehofft, über das in der Replik eingebaute Mikrophon etwas mehr über ihn zu erfahren, doch der Kerl hatte die meiste Zeit nur geschlafen, und jetzt war seine Schonfrist abgelaufen.
    »Vier Minuten.«
    Hier im Speisewagen würde alles etwas schwieriger werden. Hoffentlich musste er nicht auch noch den Kellner ausschalten, der ihnen soeben die Getränke gebracht hatte.
    »Ah, Mist. Verzeihung.«
    Bei dem Versuch, die Kaffeesahne zu öffnen, war Altmann die Hälfte des Inhalts aus dem winzigen Plastikschälchen gespritzt. Kleine, helle Tropfen glitzerten auf der schwarzen Jacke seines Gegenübers. Auch Oscar schien etwas abbekommen zu haben.
    »So was passiert mir ständig.«
    »Damit wären wir dann wohl quitt«, sagte Noah. Trotz der lustig gemeinten Bemerkung lächelte er nicht und machte auch keine Anstalten, die Spritzer abzuwischen.
    Er ahnt es. Und er macht den Fehler, nicht auf seinen Bauch, sondern auf seinen Kopf zu hören.
    Darauf hatte Altmann spekuliert.
    Die Killer im Hotel und im Elektronikmarkt (zu wem auch immer sie gehören mochten) hatten fälschlicherweise die offene Konfrontation mit Noah gesucht. Doch dazu war das Objekt ein

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